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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 78)

teristik zu treffen, offenbaren sich erst bei 
analytischer Betrachtung; wer sich dem Werke 
selbst kontemplierend hingibt, wird nichts 
bemerken, das seine Logik und innere Ge- 
lassenheit stören könnte. 
Zieht man die künstlerische Entwicklung von 
Caxes in Betracht, wird man feststellen können, 
daß sein Stil im Manierismus der zweiten 
Hälfte des 16. Jahrhunderts wurzelt und zu 
einem stärkeren Naturalismus fortschreitet. 
Daher glauben wir, daß das Katharina-Bild 
der Reifezeit angehört und entstand, als der 
Künstler seine naturalistische, großzügige und 
innerlich ruhige Schaffenszeit erreicht hatte. 
S0 kann das Gemälde in der Zeit zwischen 
1615 und 1620 entstanden sein, also vor der 
Schlußperiode, in der der Künstler stärker 
mit Werkstattangehörigen zusammenarbeitete 
und zu zunehmend trockeneren Lösungen 
gelangte. Unser Katharina-Bild ist ohne 
Zweifel ein Hauptwerk von Caxes, sowohl 
hinsichtlich der eben beschriebenen formalen 
Qualitäten als auch wegen seiner großen 
Schlichtheit, die ebensoweit entfernt ist von 
Konventionalität wie von Geschwätzigkeit 
und jener Detailsüchtigkeit, die in ikono- 
graphischer Hinsicht als Erbe des Mittelalters 
betrachtet werden kann. Da wir glauben, daß 
die Beweisführung für die Datierung des 
Werkes von großer Wichtigkeit ist, wollen 
wir einen kurzen Überblick über den stili- 
stischen Entwicklungsgang des Künstlers 
geben. Gleichzeitig sollen die wichtigsten 
Momente seines Lebenslaufes hervorgehoben 
werden, der sehr wenig bekannt ist, da 
keinerlei Monographie über Caxes vorliegt 
und sein verhältnismäßig großes Oeuvre 
kaum durchgearbeitet wurde. 
Eugenio Caxes wurde in Madrid knapp vor 
1577 geboren. Sein Vater war Patricio Caxes, 
ein italienischer Maler aus Arezzo, der von 
Philipp II. kontraktlich nach Spanien geholt 
worden war. Eugenio arbeitete mit seinem 
Vater bei der Ausschmückung des Prado- 
Palastes zusammen (1608-1610). Wenig später 
starb der Vater, und 1611 wurde Eugenio 
zum Hofmaler ernannt, was beweist, in wie 
hohem Ansehen er bereits stand. Unzweifelhaft 
galt Caxes zu diesem Zeitpunkt bereits als 
bedeutendster Maler bei Hofe. Als er 1634 
starb, hinterließ er zwei unvollendete, große 
Schlachtengemälde für die Sala de Reinos im 
Buen-Retiro-Palast. Sein Ruhm wurde durcli 
die rapide Karriere von Velazquez und durch 
den großen Einfluß von Rubens auf die 
Schule von Madrid überschattet. ' 
Wir können an Hand bekannter Werke von 
Caxes eine erste Periode feststellen, die das 
Jahrzehnt von 1605 bis 1615 umfaßt. ln 
diesen geht er von seiner manieristischen 
Ausgangsbasis zu seiner naturalistischen Phase 
über. Der Sturg Salanr (Abb. 2, obere Hälfte) 
im Museum von Kopenhagen, datiert 1605, 
wurde von ihm im 23. Lebensjahr ausgeführt 
und beweist bereits die qualitative Über- 
legenheit des Sohnes über den Vater, durch 
den er mit den Meistern des italienischen 
Manierismus verbunden erscheint, deren 
Freude an Bewegtheit, dramatischen Effekten 
und schrillen Kontrasten, gewundenen und 
spiraligen Linien er zu schätzen weiß. Zeitlich 
in der Nähe liegt ein kleines Gemälde im 
Prado-Museum, das die Verleihung der Karel an 
den bl. Ildefonr darstellt. Es handelt sich wahr- 
scheinlich um eine Entwurfskizze für ein XVerk 
großen Formates. Die Typologie der Dar- 
gestellten, insbesondere der Engel links und 
rechts, ist betont manieristisch. Der kreis- 
förmige Engelchor im Hintergrund stellt sich 
als Wundererscheinung bereits in jener Natür- 
lichkeit dar, die die Maler des 17. Jahrhunderts 
bei der Wiedergabe solcher Szenen anzu- 
wenden pHegten. In der Beziehung des 
Chiaroscuro mit dem Raum zeigt sich noch 
immer ein gewisses schwer definierbares, für 
die Frühzeit charakteristisches Empfinden, das 
Caxes in der Folgezeit überwindet. Wir 
müssen aber die Originalität der Farbgebung 
mit ihrer eigenartigen Gegenüberstellung von 
hellen Blautönen mit dunklem Bister und 
leuchtendem Ocker hervorheben. Das wich- 
tigste Werk dieser ersten Periode ist das groß- 
formatige Gemälde mit einer Darstellung des 
Lelglen Abendrnalilr, das sich im Museum von 
Posen befindet und signiert sowie 1609 
datiert ist. 
Der Stil vereinfacht sich, ohne jedoch noch 
das Gleichgewicht zu erreichen. So offenbart 
sich in der Himmelfahrt llfariae im Museum 
Cerralbo, einer Komposition mit betontem 
Vertikalrhythmus, ein ausgesprochener Über- 
gangscharakter. Bei Verleihung der Karel an den 
lzl. Ildtfun: im Museum von Bordeaux können 
wir bereits einen definitiven Stilwechsel fest- 
stellen. Die große Einfachheit der Kompo- 
sition und die Wichtigkeit, die der Figur des 
knienden Heiligen verliehen wurde, bedeuten 
ein Fortschreiten in Richtung auf den Natu- 
ralismus. Das Werk ist koloristisch besonders 
delikat mit seinem hellen Ocker und seinen 
blauen Tönungen, einer Farbgebung, die sich 
bei Caxes häufig Findet. 
Als Frucht einer kurzen Zeit erneuter Ausein- 
andersetzung mit italienischen Meistern, wie 
etwa Andrea del Sarto, kann die Begegnung an 
der Goldenen Pfarle (Abb. 1) in der Academia 
de San Fernando, Madrid, hingestellt werden. 
Die Gewänder werden von nun an mit 
Virtuosität und Monumentalität behandelt, und 
die Figuren nehmen ein heroisches Aussehen 
an. Von gleicher Konzeption ist die Dar- 
stellung des Pßngrtwunderr aus der Sammlung 
Adanero in Madrid, signiert und datiert 1613. 
Es hebt sich die Figur des sitzenden Apostels 
rechts mit dem großen, geöffneten Buch in 
den Händen ab. Dieser neue Stil erstrebt eine 
Formel geschlossener Modellierung, die bereits 
das malerische Konzept vorwegnimmt, das 
Caxes in seiner naturalistischen Entwicklungs- 
phase entfalten wird und das eine klare Vor- 
wegnahme des Stiles von Zurbaran darstellt. 
Zu dieser fortschreitenden Entwicklung mag 
die Einwirkung Caravaggios beigetragen 
haben, dessen Einfluß sich damals bis Spanien 
erstreckte. Die repräsentativsten Werke dieser 
Periode sind: Der Tod der nl. Frarlgirkwr in der 
Bischöflichen Kapelle in Madrid (Abb. 4), 
datiert 1615, dann Anbelnng der jemrkinder durch 
zlie Hl. jnngfran im Museum von Gerona, ein 
Werk von großer Ausgewogenheit und vor- 
züglichem Bildbau; ferner ein Hl. Hierarynlnr 
im Ursulinenkloster in Madrid, in dem sich 
eine Auseinandersetzung mit anatomischen 
Problemen offenbart, und schließlich Die 
Hl. jnngfran und der hl. jolmnnzr mit Clirirlur vor 
der Kreuzigung, ein Gemälde von ergreifender 
Dramatik, in dem sich neben malerischen 
Qualitäten große Erfindungsgabe in kompo- 
sitorischer Hinsicht offenbart. Von diesem 
Gemälde gibt es eine Vorzeichnung in der 
Academia de San Fernando in Madrid. Dort 
wird auch eine Vorstudie für das große 
Gemälde mit der Hl. Familie aufbewahrt, 
welches Bild zusammen mit der Verkündigung 
von 1662 die Zentral- und Reifeperiode des 
Künstlers umschreibt, die nur sieben bis acht 
Jahre umfaßte. 
Der Stil unseres Malers betont in der Folgezeit 
den Realismus, opfert jedoch dabei einiges 
von der Originalität seiner Werke der ersten 
und zweiten Epoche. Diese Schlußperiode 
nimmt ihren Ausgang von einem Taufenden 
Petrur (Abb. 5) im Museo Balaguer y de Villa- 
nueva y Geltru und kulminiert mit dem 
Johannes dem Täufer einer Privatsammlung in 
Barcelona, für welches Gemälde es ebenfalls 
eine Vorzeichnung gibt, und einem Sitgenden 
Chrirlu: (Universität Barcelona). In beiden 
Gemälden ist der EinHuß des jungen Velazquez 
bereits zu verspüren. Nach 1630 werden 
Technik und Stil von Caxes verhärtet, wie an 
der Anhelung des genannten Jahres ersichtlich 
ist. Dieses Bild wurde für die Kathedrale von 
Toledo gemalt. Das gleiche gilt für die großen 
Gemälde in San Antonio de los Alemanes in 
Madrid und die posthumen Werke, die bereits 
erwähnten Schlachtenbilder für die Sala de 
Reinos (Abb. 3), die von anderen Künstlern, 
vor allem von Leonardo, dem Hauptschüler 
unseres Meisters, vollendet wurden. 
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß 
die Persönlichkeit von Caxes im Rahmen der 
Geschichte der spanischen Malerei hinsichtlich 
Zurbarans einen ähnlichen Fall darstellt, wie 
wir ihn in der Gegenüberstellung von Ribalta 
mit Ribera beobachten können. Es ist klar, 
daß weitere Forschungsarbeiten über diesen 
wichtigen, aber noch kaum bearbeiteten 
Künstler eine wachsende Wertschätzung zur 
Folge haben werden. 
Anr den: Xpanirrben überragt von Emil Källzr
	        
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