Stücke bereits im 18. jahrhundert, und zwar
noch vor der Revolution, in Paris gekauft
wurden. F.in Aspekt, den uns dieses Ensemble
bietet, ist von nicht geringem kulturhistori-
sehem lnteresse. Wir entnehmen nämlich den
auf den Möbeln befindlichen Meistermarken,
daß sie zum Teil bei Händlern gekauft wur-
den. Während in Österreich und Deutschland
im 18. Jahrhundert die Anschaffung des
Mobiliars durchwegs direkt bei Tischlern cr-
folgte 7 manche große Bauherren hatten
qualilizierte Meister in ihrem eigenen Dienst 7,
gab es auf dem vorbildlich organisierten Pariv
ser Älöbelmarkt einen im Vergleich zu den
mitteleuropäischen Verhältnissen nahezu mo-
dern anmutenden Handel. Die sehr zahlreichen
Älfibelhäntller hatten großen EinHuß, der meist
viel zuwenig beachtet vcird. Als Kaufleute
waren sie darauf bedacht, immer wieder neue
hliäbeltvpen und Vformen oder Arten von
Dekorationen auf den Markt und in Mode
zu bringen. So lenkten sie den Geschmack
und griffen damit entscheidend in die stilisti"
sche Entwicklung der Möbelkunst ein.
Kommode, Abbildung 1, 2
Auf dem rückwärtigen Pfosten gestempelt:
F. RElZliLl. jME. 7 Datierung: 176471770.
Furnier aus Padukholz; die Blumenmaiß
keterie aus Nhorn und gefärbten Hölzern, di;
gerahmten Grundflächen der Marketerie aus
grauem Ahornfurnier; der Bau des Älobels
sowie die Laden aus Eichenholz; Marmor
platte. 7 Il. 87,5, B. 97, T. 52,5 cm.
Die Kommode ist ein gutes Beispiel für die
Endphase des Louis-Quinze-Stils. Die ge-
schweiften Beine, geschwungenen XYände und
die vergoldeten Bronzebeschläge entsprechen
noch dem Rokoko, hingegen ist bei der An-
ordnung der Älarketerie eine entscheidende
Äitiderung festzustellen. An der Front z. B.
sind die Blumen nicht mehr als lockere Rane
ken über die Fläche verteilt, so nämlich, daß
man auch die Bronzegritfe in die Komposition
mit einbezogen hätte, sondern sie bilden nun
ein Bouquet, das von der Mitte ausgehend
ziemlich dicht und mit einer zur Symmetrie
neigenden Gleichmäßigkeit ausgebreitet ist.
Dadurch ergab sich aber, daß bei der Mom
tierung der Ladengritife auch Tcilc der Man
keterie überdeckt wurden, was man früher
zu vermeiden trachtete. Die offenkundige
Lhgereinitlieit ist keineswegs dem libenisten
anzulasten, in ihr äußert sich vielmehr jene
konlpositionelle Lhsicherheit, die immer dann
zu bemerken ist, wenn ein Stilwandel ein-
tritt.
Francois Reizell (Meister 1764, gest. 1788)!
stammte aus Deutschland. Das Datum seiner
Zuwanderung nach Paris ist nicht bekannt.
Von seinen Arbeiten haben sich vorwiegend
Möbel des Rokoko oder Style transition er-
halten. Die wenigen von ihm stammenden
Louis-Seizehlöbel machen den Eindruck, als
wäre ihm dieser Stil mehr oder weniger fremd
geblieben. ]edenfalls zog er es vor, auch zu
einer Zeit, da die Rokokoftirmen in der
Nliöbelltunst bereits aus der blode kamen, in
diesem Stil weiterzuarbeiten, den er sich ein7
mal zu eigen gemacht hatte. Seine zahlreichen
mit der Mcistermarkc versehenen, also nach
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w
Stücke bereits im 18. Jahrhundert, und zwar
noch vor der Revolution, in Paris gekauft
wurden. Ein Aspekt, den uns dieses Ensemble
bietet, ist von nicht geringem kulturhistori-
schem Interesse. Wir entnehmen nämlich den
auf den Möbeln befindlichen Meistermarken,
daß sie zum Teil bei Händlern gekauft wur-
den. XVährend in Österreich und Deutschland
im 18. Jahrhundert die Anschaffung des
Mobiliars durchwegs direkt bei Tischlern er-
folgte - manche große Bauherren hatten
qualifizierte Meister in ihrem eigenen Dienst -,
gab es auf dem vorbildlich organisierten Pari-
ser Möbelmarkt einen im Vergleich zu den
mitteleuropäischen Verhältnissen nahezu mo-
dern anmutenden Handel. Die sehr zahlreichen
Möbelhändler hatten großen Einfluß, der meist
viel zuwenig beachtet Wird. Als Kaufleute
waren sie darauf bedacht, immer wieder neue
Möbeltypen und -f0rmen oder Arten von
Dekorationen auf den Markt und in Mode
zu bringen. So lenkten sie den Geschmack
und griffen damit entscheidend in die stilisti-
sche Entwicklung der Möbelkunst ein.