Ich erlaube mir sohin
Euerer Majestät
in tiefster Ehrfurcht das neue Regulativ betreffend
die Verleihung des Hoftitels und des Kammcrtitcls,
die hiefür zu erlegenden Taxen, das Erlöschen
und die Entziehung dieser Titel, ferner die Ver-
wendung der Taxen in Österreich und in Ungarn
mit der allerunterthänigsten Bitte zu unterbreiten,
Euere Majestät
geruhen dasselbe allergnüdigst zu genehmigen.
Monteuuovo
m. p.
Mit allrrhörhrlrr Entuhliefiung vom 1-1. November 1911
genehmigt der Kaiser den Antrag des Obersthof-
meisters, wodurch wieder ein neues und letztes
Kapitel des Hoftiteltaxfonds beginnt. lm Akte des
Obcrsthofmcisteramtes (Haus-, Hof- und Staats-
archiv, Archiv des Obersthofmeisteramtcs, Son-
derreihe, Signatur: OMeA, SR 169, l2l7-l9ll.
Zl 13159) erliegt das genannte Regulatir, al:
Bronhiire gedruekt, das 21 Xeiten umfaßt und in
3 Abuhnitte gegliedert i.rt. Der I. Abuhnitt behandelt
in den f} 1-14 die Verleihung de: Hofliteh, der
II. Abnhnitt regelt in den f} 15 -20 die Verwendung
der Hoftiteltaxen in der ölrterreirhkehen Reiehrhälfte,
während der f 21 die Verwendung in Ungarn be-
handelt. Der III. llbuhnitt regelt über die Verleihung
de: Kammertitel: in den f} 22-30.
Die Höhe der 'I'a.x'e betrug für eine Einzelperson
wie bisher 2000 Kronen, wurde für eine Gerellrrhaß
mit 8000 Kronen futguetgt, konnte jedoch bis
höchstens 25000 Kronen steigen.
Die Ikaxe, die reit 18 77 :tel: direkt an da: Kund-
gewerbenlunnnl eingubegahlen war, mußte nunmehr
nach 5? 12 heim Hafgahlamt erlegt werden, das die
Hälfte an die Kaue de: k. k. ärterr. Mureum: für
Kunrl und Indu:trie in lVien überwin, ferner von
jeder 'l'axe, welche von Bewerbern, deren Haupt-
niederlassung sich im Auslande befand, die Hälfte
an die königlich ungarische Staatskasse und ein
Viertel an die Ka::e de: Muuum: abfübrle.
Im II. Ab:rhnitt über die Vernlenduug der Hoftitel-
faxen in Örterreirh wurde in f 15 bestimmt, daß
die dem Kunstgewerbemuseum zufließenden Be-
träge „(ur Färderulzg aller Zweige de: Kurutgewerbe:
gewidmet sind".
„In errter Linie :ollen Kunnllandwerker, welche be-
mndere Geuhirklirhktit und Talent an den Tag legen,
Untentütgung ßnden dureh Verleihung von Rein-
nipendien, dureh Erteilung von Auftragen und Ge-
währung von Vorrrhüuen zur Hentellnng kunJt-
gewerblirher Objekte und durrh Zuwendung von Geld-
beträgen {um Zwerke der Etablierung :elb:ta'ndiger
Kunugewerbebetrirbe.
In {weiter Linie mllen die von den au: affentlirhen
Mitteln erhaltenen Muuen der im Reiclurat vertretenen
Kiinigreirhe und Länder angertrebten, auf die Ent-
wicklung de: Kunngewerbe: abgielenden Zweeke eine
Förderung erfahren.
In dritter Linie rind auf die Altenverwrgung kun:t-
gewerblirhrr Handwerker gerirhtete Butrebungen durch
Beiträge zu unternütgen."
Aus obigen Bestimmungen ist ersichtlich, daß die
ursprünglich hauptsächlich für Schülerarbeiten der
Kunstgewerbeschule gedachte Verwendung der
Taxen nunmehr wesentlich erweitert und mehr
aufclie Unterstützung von Kunsthandwerkern und
Museen erweitert wurde. In f 17 heißt e: weiter,
daß „die für Kerhnung de: Hoftiteltaaqfond: beitellten
kunngeußerblirben Objekte, nzwie mlrhe, {u deren
Hentellung liorrrhüue geleinet wurden, in da: Eigentum
de: Fond: übergehen und zu GunJten de: Fand: {n
veräußern und".
In f 18 „Förderung der Kun: " wird nun bestimmt,
daß die beim k. k. Hafgahlamt verbleibenden Teil-
beträge der dort einfließenden Hoftileltaxen - narh
f 12 wurde ja nur die Hälfte an da: Kunrtgewerbe-
muuum abgeführt f einen Fond: bilden sollen, der
bestimmt ist
1.) „zur Förderung der Kun:t durrh Geaiäbrung van
Gelduntervtiitguugen und Reinxtipendien {um
Zwecke der Airrbildung nvebramer Kunrtler, durch
die Bertellitng und den Ankauf von Werken der
bildenden Künrle, dann durrh die Gewährung van
Prei:en bei Konkurrengen für da: Zlulandekommen
rolrher ll"erke für ofentlirhe Zwecke.
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2.) Zur Imtandutgung hervorragender kuruthiuarinher
Denkmäler de: Ha u.
3.) Zur Llnterrtütguag der auf die Alterrverrorgung der
Arbeiter von kunJt- und kunrtgewerblirherx Betrieben
gerirhteten Bertrebungen".
In f 20 wird benimmt, daß die au: den Mitteln de:
Hoftiteltaxfond: erworbenen Kumtabjekte Eigentum de:
Fand: bilden und, fall: tie nirht zu Minen Gun:ten
veräußert werden, ofentlirben Kunnamtalten, Mumien
oder Srhulen {u iiberlauen :ind, worüber da: Oben!-
hqfmeinerarnt {u entrrheiden hat.
Der lll. Abschnitt des neuen Regulativs regelt die
Verleihung des Kammertitels und bestimmt, daß
die Kammertiteltaxen in gleicher Höhe wie die
Hoftiteltaxen beim Hofzahlamt zu erlegen seien
und dem Hofpensionsfonds zufließen sollen.
Hier sei erwähnt, daß die Lieferung von Waren
an den Hof nicht unbedingt Voraussetzung für
Verleihung des Hoftitels war, während der Kam-
merliefetantentitel wohl nur an tatsächliche Liefe-
ranten an den Hofstab des Kaisers oder der En-
herzögc, „Kammer" genannt, verliehen wurde.
Vor der Verleihung wurde die Art des Betriebes,
der Umfang der Geschäfte, die Solidität und die
„Etablierung" der Firma durch Einholung von
Auskünften bei der zuständigen Handelskammer,
der Leumund durch Anfrage bei der Polizei
sorgfältig überprüft, wodurch der Hoftitel mit
Recht sehr begehrt war, da das Firmenuhild mit
dem kainrlirhen Wappen und der Aufuhrift k. u. k.
Hoflieferant der augenfällige Bewei: war, daß e: :irh
um eine angerehene und mlide Firma handelte, denn
bei der geringsten geschäftlichen Schwierigkeit,
von einem „Canrour:" gar nicht zu reden, wurde
der Hoftitel sofort entzogen. S0 wurde, wie aus
den Akten des Ohersthofmeisteramtes hervorgeht,
einer großen Firma in Salzburg der lloftitel nicht
bewilligt, da diese, wie aus der eingeholten Aus-
kunft der Handelskammer hervorging, sich hie
und da in kleinen Geldschwierigkciten befand!
So streng waren die Gebräuche! Es kamen aber
auch tragikaminhe Fälle vor. Im jabre 1850, nach
Niederschlagung der Revolution von 18-18, wurden
von „palrioli:rhen" Gewerbetreibenden Anzeigen cr-
stattet, daß die Besitzer von drei Firmen, welchen
crst kurz vor der Revolution der Hoftitel verliehen
worden war, sich in den Märztagen 1848 als
radikale Revuluzzer gebärdet hatten, insbesondere
der Hof-Galanteriewarenhändler Girardet, dem
vorgeworfen wurde, er habe ölfentlich die schwarz-
gelbe Kokarde der Bürgergarde von seinem
Tschako abgerissen und diese mit Füßen getreten,
sei dann nur mit einem verwegenen „Kalabreser"
aufgetreten, habe wüste Schmähreden gegen die
Regierung geführt usw. Im Akt (Haus-, Hof- und
Staatsarchiv, OMeA 1212-1850) erliegen die Proto-
kolle über ein Dutzend Zeugenvcrhöre, wobei es
jedoch immer wieder heißt, die Zeugen hätten
wohl von dem ominösen Abreißen der Kokardc
gehört, dies aber nicht selbst gesehen, so daß von
einer Bestrafung Abstand genommen wurde, aber
allen drei Firmen die Hoftitcldekrete abgenommen
wurden, die nun traurig im Akte schlummern.
Nun aber zurück zum Hoftiteltaxftmdsl Durch das
neue Regulativ von 1911 wurde, wie ersichtlich, der
Umfang der Kunrtfdrderung durrh Srhaßung eine:
eigenen Kunrtfond: werenllirh erweitert. Inzwischen war
ja auch in der Kunst selbst die Zeit nicht still-
gcstanden. lVien Jtand ja um die jahrhundertwevzde
an der Xpitge der modernen Kumtentwirklung, es ent-
stand der jugendrtil und die „IegeuioW, wodurch
naturgemäß das Kunntgewerbemzueunz wuentlirh be-
einflußt wurde.
Am 1. Auguu 1896 wurde der Hofrat Arthur von
Seala zum Direktor, Dr. Eduard Leinhing {um
Vivdirektar de: Munum: ernannt. Direktor Scala
brachte einen neuen Zug in die Führung des
Museums. Er war Herausgeber der Zeitschrift
„Da: Handelrmmeum", des Organs der gleich-
namigen Institution, das die Aufgabe hatte, die
wirtschaftlichen Beziehungen der Monarchie zum
Ausland: zu fördern und durch Ankauf von
mustergültigen Waren und Kunstgegenständcn im
Auslande, die der heimischen Kunstindustrie als
Mustermodelle zur Verfügung gestellt wurden,
neue Impulse zu geben, entsprechend unserem
heutigen Wirtschaftsförderungsinstitut.
Scala verwertete nun seine langjährig:
hungen, die er sich im Dienste des Ha
seums im ln- und Auslande erworbr
rehr gerrhirkt in: Inlerene de: Kuiutgewer.
{um Ankaufe zahlreicher Möbel au: Englau
reirh und anderen Xtaaten und kannte a
2039 Objekte, darunter Möbel, Gla:, Brangen
u:w., vom Handelunweum erwerben, nachdem
Munermadelle fiir Klamthandwerker ihre A
füllt hallen und über deren Srhirkrale norh
rprarhen werden :all.
Direktor Scala verwendete den lloftit
auch zur Dotierung von Wettbewerben;
sich in der vorn Kunstgevverbemuseurt
gegebenen Monatsschrift „Kunst und Kt
Werk", die als Ersatz für die früher ersc
„Mitteilungen des üsterr. Museums für K
Industrie" ab 1898 in der Kunstwelt ein
tigcn Platz einnahm, im 2. Jahrgang 1899,.'
die Verlautbarung für das „2. Preisaus!
für Entwürfe von kunstgewerblichen
mit Preisen aus dem lloftiteltaxfonds".
1. Einrichtung für das Wohnzimmer e
heirateten Arbeiters. Herstellungspi
300 Kr. inkl. Waschsetvice nicht übers
1. Preis 2000 Kr., 2. Preis 800 Kr.
2. Porzellan- oder Fayenceservice für ei
fachen Haushalt (für 2 Personen).
1. Preis 400 Kr., 2. Preis 150 Kr.
3. Glasservicc dazu.
1. Preis 400 Kr., 2. Preis 150 Kr.
4. Leincn-Damastlfischzeug für 12 Pers
1. Preis 400 Kr., 2. Preis 150 Kr.
Bemerkenswert in der Ausschreibung ist
tonung der sozialen Probleme der Arbeii
da naturgemäß die Möbelkonfektirwn den t
Bedürfnissen eines Arbeiterhaushaltes r
nügend entgegcnkatn, sondern mit falsche
aufwartete.
Das in der Ausstellung „Wien um 1'
Kunstgewerbe-Sektur im Künstlerhaus au:
Speisezimmer von Arch. Otto Wytrlik
ebenfalls von einem Wettbewerb.
Am 3. Mai 1901 richtete Direktor Scala Cil
ben an das Obersthofmeisteramt, worin
Vorschlag machte, die Einkünfte des
gewerbemuseums aus der Hoftiteltaxe z
und zwar einen Teil wie bisher dern rr
Schaden heimischer Künstler und Ku
werker zu widmen, einen anderen Tei
„für die I-Ierrtellulzg tadellwer Copien nac'
ragenden Objekten, vor allem lllbhel, in au:.
Mmeen durrh heimirrhe Kumthandaierker zu
wobei die Miueen in London, Parir, Berlin,
und Afünrlzerl in: Auge zu jbmw ntären. I1
vor allem auf Objekte ärterreirhinber Provenie.
Jirht genommen werden und in Alünrhen, Nür.
Berlin die bulen Atürke der Tyroler Gothik un.
ranre, die unreren Äummlurgen fehlten, mpiert
„Vor vier Jahren habe bereits die Leit
Kensington Museums in London (heute „
and Albert Museum") der Direktion des
gewerbcmuseutns die Bewilligung CffCl
Anzahl von Älöbelstückcn aus der Summ
Museum selbst copiren zu lassen und zu
Behufe die Etablirung einer provisorische
statte im Kensingttm-Muscum gestatte
Londoner Firma besten Rufes habe sie
erklärt, Teile ihres Ateliers österreichischer
handwerkern zur Verfügung zu stellen, x
das österreichische Kunsthandwerk durcl
im Auslande gefördert würde. Aurh lVei
der Farhnhulen der Kunrtgewerlzenhule mllter
die:er Arbeit betheiligen, worauf da: lfrlterrirh:
riurn beranderen Wert lege und die ennprerhenden
erteilen würde."
„Der Anfang mllle in Aliinrhen und London
werden und an jeden Platz je 4 Tiuhler mit je
rrhul-llilerkrrleinern enlundrt werden, die b
Oktober verußeilen mußten; die Geramtartir.
ungefähr 4n_ so 000 Kronen erfordern, wofür
heurige ja!" etwa 20,25 000 Kronen entfallen
Zu den I ailmerx kämen norh die Karten für dir
da: rMaterial und awländixhe Hilßkrijfte hin
trotzdem dürften die Copien relativ billig g
kommen."