r! ROJSIIFIIEI" NEUE FUNDE ZUM PROBLEM DER ÖLSKIZZE
JOHANN MICHAEL ROTTMAYRS
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Die Strömungen der modernen Kunst, die
seit dem Ende des 19. Jahrhunderts das
Nun ßnilo als selbständige Endphase und
Ziel vertreten, haben die barocke Ölskizze
erneut in unser Blickfeld gerückt. Besonders
im Stadium des breit angelegten Bozzettus
erweist sie sich nicht nur als wichtiges histo-
risches Dokument zur Werkgeschichte, in
ihren besten Leistungen kann sie darüber
hinaus ein Kunstwerk von höchstem ästheti-
schem Rang bedeuten.
Johann Michael Rottmayrs künstlerische Lauf-
bahn begann im Atelier Carlo Loths, wo er
dreizehn Jahre lang von 1675 bis 1688 die
stürmische Entwicklung der italienischen
Barockrnalerei miterlebte. Die Avantgarde, zu
der sich der junge Deutsche gesellte, huldigte
damals besonders der Mode der Älarrbial,
jener kleinformatigen Ölskizze, die in breiter
Buzzettomanier in möglichst unkonturierten
Farbflecken die Vorstellung des ausgeführten
XVerkes geben sollte. Schon im frühen
17. Jahrhundert hatten Domenico Feti und
Francesco Matfeil diese Kunst des Unvoll-
endeten zu bedeutender Höhe entwickelt.
Auf den jungen Rottmayr übten die Werke
des Genuesen Bernardo Strozzi sowohl in der
Komposition wie auch in der Technik seiner
Skizzen3 nachhaltigen Eintluß aus.
Als wichtigstes Vorbild in dieser Mode galt
aber vor allem der Neapolitaner Luca Gior-
dano, dessen Ideen die Kunst Venedigs während
Rottmayrs Aufenthalt im Loth-Atelier stark
beeinflußten. Die Macchia eines Luca Gior-
dano ist jedoch nicht ohne weitgehende
Vorbereitungen denkbar4. Vollkommenheit im
Bozzetto kann nur auf dem Wege nachträg-
licher Vereinfachung erreicht werden. Mit
der ersten Gedankenskizze - dem Penxiera -
beginnend, waren mehrere vorbereitende Stu-
fen in Form von Zeichnungen oder Ölskizzen
erforderlich. Dabei konnte schon eine weiter-
entwickelte Ausführungsstufe erreicht werden,
die sich der Phase des Modello nähert. Der
danach geschaffene Bozzetto, die fertige Mac-
ehia, ist eine bewußte Rückbildung in eine