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System der Draperie des Gewandes, die
rationalistische Einstellung zur obiektiven
Realität, dies alles zeigt, daß dieser Holz-
schnitzer der Meister IP ist, der Autor des
Evangelisten Lukas jedoch ein Gehilfe war.
Zu derselben Schlußfolgerung bringt uns auch
ein detaillierter Vergleich dieser Reliefs
mit dem erhaltengebliebenen Werk des
Meisters IP auf dem Höhepunkt und aus der
Spätperiode seines Schaffens, bis zum Urteil
des Paris in London (Victoria and Albert
Museum). Diese Bindung wird auch durch
gemeinsame Beziehungen zur Graphik Andrea
Mantegnas (B. 19, B. 17, B. 6) und durch
einige italianisierende Elemente bestätigt.
Die wechselseitigen Beziehungen der zehn
Reliefs aus und in Zlichov erlauben die
hypothetische Erwägung, claß sie einstmals
den Votivaltar des Ritters Andreas bildeten,
der noch nicht historisch identifiziert werden
konnte. ln der Mitte befand sich ein Relief
mit dem Ritter, dariiber wölbte sich das halb-
kreisförmige Relief des Jüngsten Gerichtes,
an den Seiten des Mittelreliefs könnten wir
schmale Tafeln mit den Evangelisten, immer
zwei übereinander, annehmen, an der Außen-
seite schloß sich noch an jede Tafel eines der
vier Reliefs in der Nationalgalerie an. Nach
den architektonischen, dekorativen Details
war dies zweifelsohne ein im Renaissancestil
gehaltener Votivaltar. Es erscheint nicht als
ausgeschlossen, daß seine Gestalt im Prinzip
durch A. Altdorfer (B. 50, Schm. 51) angeregt
wurde; bei den Beziehungen des Meisters IP
zur nortlitalienischen Kunst läßt sich eine
italienische Inspiration nicht von der Hand
weisen. Schriftliche Berichte aus dem 15. und
16. Jahrhundert zur Geschichte des Mobiliars
der Pfarrkirche in Zlichov kennen wir vorder-
hand nicht. Gegenwärtig wurden aber neue
Quellen aus dem 17. und 18. Jahrhundert
entdeckt, die im Verein mit den früher be-
kannten Urkunden unsere Hypothese unter-
stützen: 1669 kauften Zlichov die Prager
Jesuiten, 1677 hatte die dortige Kirche nur
einen einzigen Altar, 1713 wurde die Kirche
umgebaut, 1766 ist sie bereits mit einem
neuen Barockmobiliar ausgestattet, mit dem
an einigen Stellen die alten merkwürdigen
Skulpturen einschließlich des Jüngsten Ge-
richtes einen starken Gegensatz bilden. Es
10 Monogrammisl IP 7 Wcrksun, Schädlcr aus der Kreuzi-
gunpdarstellung, Flügclallar in der Tcinkirchc. Prag (nach
der Rcsuurierung)
11 Munugrzmmist w und Werkstatt. Anbetung a" Könige,
Flügclzllar. Schloß Cesky Krumlov
ANMERKUNGEN 6i12
ß Kmpäcek. 61.2. 0., bringt eine Übersicht des urkundlichen
Materials zum Bamckmobiliar in der Pfarrkirche in Zlichov.
1 Kropäcck, a2. 0., zitiert ältere mpoglaphisrhe Litcralur.
3 Museum. Landshut - Scibcrl. z. a 0., Abb. 189.
9 Pdina, a. n. O. - Kulal. a. a. O. - Kmpicek, 1.:. O.
W Ösrerr. Galerie, Wien. - Lügner. a. a. 0.. Abb. I4.
n Landesmuseum, Gotha. - Bange. a. z. 0.. Abb. 43.
11 Kunszhisrorisrhes Museum. Wien. - Bange. z. a. 0.. Abb. 42.
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