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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 80)

ERÖFFNUNG DER MINIATURENAUSSTELLUNG IN DER ALBERTINA 
oßes Ereignis für die Kunstwelt 
und Auslandes fand am Z4. März 
Jahres in der Albertina statt. An 
Tage eröffnete die weltbe- 
2 Graphische Sammlung ihre 
ur Ausstellung „Meisterwerke der 
iischen Miniaturmalerei von 1750 
30". Es waren fürwahr Meister- 
. die hier in acht Räumen geboten 
n. 
rforschung der Miniaturmalerei 
e verhältnismäßig junge Ange- 
eit, an welcher die Kunststadt 
immer wesentlich beteiligt war. 
üheste in Wien erschienene Mi- 
mlexikon von T. Biehler datiert 
em Jahre 1861. Eine kritische 
ng und wissenschaftliche Be- 
ing durch Ausstellungen und 
ägige Literatur setzt aber erst 
ginn unseres Jahrhunderts ein. 
1nd im Palais des k. k. Minister- 
isidiums in Wien eine umfang- 
Miniaturenausstellung statt (1784 
l aus vorwiegend österreichisch- 
ratischem Besitz. 197.4 war die 
na erstmalig Schauplatz einer 
I Miniaturenausstellung (1029 
und Z2 Tableaux). Zu dieser 
iestanden große Wiener Minia- 
immlungen, die das Material 
i Ausstellung lieferten. Die Aus- 
; wurde von der „Gesellschaft 
der- und Miniaturenfreunde" in 
veranstaltet. Gleichfalls durch 
Gesellschaft wurden 1931 in 
liener Nationalbibliothek zwei 
ammlungen - Strasser und E. 
in - ausgestellt. 
itezeit der großen Wiener Privat- 
mgen war jedoch vorbei. Schon 
24 lösten sich einige Sammlun- 
fund besonders in den späten 
ger Jahren fanden größere Be- 
erungen im Wege von Ver- 
ingen statt (R. v. Metaxa. Müh- 
G. Eissler, Dr. Max Strauß, 
ck. Moriz Mayr, Josef Flesch 
idere). Große Umschichtungen 
z Europa folgten in den nächsten 
unten. vieles wurde wertvoller 
besitz, Miniaturensammlungen in 
1A entstanden. 
In diesem Sinne ist es besonders zu 
begrüßen, daß es dem Direktor der 
Albertina, Dr. Walter Koschatzky. ge- 
lungen ist, den Wiener Kunstfreunden 
diese köstliche Ausstellung seltener 
Objekte zu bieten. Die Bedeutung 
Wiens auf dem Sektor dieser liebens- 
würdigsten aller Kunstsparten ist all- 
gemein bekannt. Wien, neben den 
großen Metropolen der Miniaturma- 
lerei - Paris, London und Genf -. 
war für diesen Kunstzweig besonders 
prädestiniert. Weniger bekannt dürfte 
die Tatsache sein, daß Wien über 
einen bedeutenden Miniaturbesitz in 
verschiedenen öffentlichen Institutionen 
verfügt, der dem Publikum nicht immer 
zugänglich ist. 
Die Gestaltung der Ausstellung in der 
Albertina ist der Initiative des in Eng- 
land lebenden großen Miniaturenken- 
nersLeoSchidlofzudankemdurchdessen 
internationale Verbindungen zu großen 
europäischen Sammlern die Ausstellung 
zustande kam. Die Ausstellung bein- 
haltet 378 Katalognummern, darunter 
die Liotard-Serie von 12 Kinderpor- 
träts österreichischer Erzherzöge aus 
dem Genfer Musee d'art et d'histoire. 
dem einzigen öffentlichen ausländischen 
Leihgeber und die von Isabey 1812 in 
Österreich gemalten 16 Aquarellbild- 
nisse von Mitgliedern des österreichi- 
schen Kaiserhauses. von denen 6 aus 
dem Besitz der Albertina sind, die 
anderen aus verschiedenem europäi- 
schem Privatbesitz hier vereinigt wur- 
den. Die Wiederkehr dieser beiden 
Serien an die Stätte ihrer Entstehung 
kann als historisches Ereignis dieser 
Ausstellung bezeichnet werden. 
Unter den namentlich genannten pri- 
vaten Leihgebern sind vor allem 
engIische,schweizerischeundinländische 
Sammler vertreten. Etwa ein Fünftel 
der Ausstellung stammt aus dem Besitz 
der Albertina selbst, zu den öffentlichen 
inländischen Institutionen, welche sich 
als Leihgeber beteiligten, zählt das 
Historische Museum der Stadt Wien. 
das Kunsthistorische Museum und die 
Nationalbibliothek. 
Die Ausstellung ist auf die relativ 
kurze Epoche van 1750-1850 be- 
schränkt. also auf das letzte Jahrhundert 
der Miniaturmalerei. Man hatte sich 
die Aufgabe gestellt, eine geschlossene 
Epoche auszustellen und die Charakte- 
ristika der einzelnen Schulen aufzu- 
zeigen. ln diesem Zusammenhange 
wurde man einer unbedingten For- 
derung gerecht: Nur an Hand erster 
Qualität lößt sich die Handschrift 
eines Künstlers ablesen. Direktor Ko- 
schatzkv und Herr Schidlof waren 
besonders bestrebt. eine qualitative 
Auslese zu bieten, die den höchsten 
Ansprüchen gerecht wird und der 
Würde des Hauses Rechnung trägt. 
Außerdem wurde der ästhetische Wert 
der Bildniskunst betont; das schöne 
Domenbildnis ist vorherrschend. 
Die Hauptstärke der Ausstellung liegt 
auf dem Gebiete der französischen 
Miniaturmalerei und hier vor allem 
dem 18. Jahrhundert. Mit prachtvollen 
Leistungen ist der der französischen 
Schule zugeordnete Schwede Hall und 
der Russe Ritt vertreten. Dem tempera- 
mentvoll-rassigen Dumont isteine eigene 
Vitrine gewidmet. Mit erstklassigen 
Stücken sind Isabey und Augustin sowie 
die anderen französischen Meister des 
19. Jahrhunderts vertreten. Leihgaben 
des Genfer Museums beinhalten schöne 
Beispiele der Schweizer Miniaturisten. 
Der Ehrgeiz der Ausstellung: Füger 
als einem der ersten Miniaturisten den 
gebührenden Platz zu verschaffen, ist 
mit 50 ausgestellten Objekten - viele 
im Besitze der Albertina - vorbildlich 
gelungen. Allein ein einzelnes Werk. 
wie zum Beispiel das Selbstbildnis mit 
aufgestützter Hand (Kat. Nr. 135. 
siehe Abb. 2), erschließt all das 
Können des großen Meisters: die 
Größe der Auffassung. den Schmelz 
des lnkarnats, die Feinheit der Aus- 
führung. Skizzenhafte Aquarellminia- 
turen zeigen ihn als den unübertreff- 
lichen Künstler seiner doch so viel 
aussagenden Abbreviatur. 
Das große Dreigestirn der englischen 
Schule des 18. Jahrhunderts - George 
Engleheart, Cosway und Smart - ist 
mit Spitzenobjekten vertreten. Die 
Epoche läßt aber an Vollzähligkeit zu 
wünschen übrig (Edward Miles und 
viele andere). Nicht zufriedenstellend 
muß die Auswahl der englischen 
Schule des 19. Jahrhunderts bezeichnet 
werden. Newton und der größte 
EftgllSChe Vertreter der Epoche, Sir 
Ch. W. Ross, hätten besser vertreten 
sein müssen, einige fehlen überhaupt. 
In den Vitrinen mit den diversen Län- 
dern hätte die in der Miniaturmalerei 
ohnehin nicht sehr dominierende italie- 
nische Schule durch den ausgezeich- 
neten Angelo Vacca zu Recht bereichert 
werden können. Viel zu kurz kommt 
die deutsche Schule. sie gipfelt zwar 
in einem charakteristischen Jünglings- 
bildnis des August Grahl, jedoch werden 
zum Beispiel D. N. Chodowiecki, 
Mengs, Stieler, Heigel, Schmeidler. 
Schnorr v. Carolsfeld vermißt. 
Das Wiener Biedermeier ist durch die 
zahlreichen, reizvollen Miniaturen des 
Koloristen Dafhnger und seiner Schule 
vertreten. Bezaubernde Aquarellbild- 
nisse Kriehubers, Eybls und anderer 
ergänzen diese Auslese. Leider ist 
Waldmüller durch keine Elfenbein- 
miniatur vertreten und auch im Katalog 
als Miniaturist nicht hervorgehoben. 
Die Bearbeitung der Ausstellung lag 
in den Händen von Frau Dr. Nora Keil, 
die sich mit großem Einfühlungsver- 
mögen und Hingabe dieser detail- 
reichen Aufgabe widmete. Durch Ent- 
fall des ersten in Restaurierung be- 
findlichen Raumes hatte die Ausstellung 
mit gewissen Aufstellungsschwierigkei- 
ten zu kämpfen. Ein Wegweiser für 
den nicht fachkundigen Besucher wäre 
von Vorteil gewesen. um einen soforti- 
gen Überblick über die einzelnen 
Schulen zu vermitteln. Die geprägten 
weißen Nummern auf hellem Grund 
sind etwas schwer lesbar. 
Eine herrliche Schau dieser faszinieren- 
den Kleinkunst wurde vor uns aus- 
gebreitet. Da das Sammeln von Mi- 
niaturen in Wien etwas in Vergessenheit 
geraten war, ist zu hoffen. daß die 
Ausstellung dazu beigetragen hat, neue 
Impulse zu verleihen und dieser ent- 
schwundenen Kunstgattung viele Freun- 
de zu gewinnen. 
Hilde Gröger 
IEDERERSTANDENE GALERIE AUF DER PRAGER BURG 
in Heft 6911963 und Heft 70] 
onnte Dozent Dr. Jaromir Neu- 
der Durchforscher der traurigen 
1icksalsschweren Geschichte der 
chen Galerie auf der Prager 
an der Wiederentdeckung ver- 
1 geglaubier alter Bestände her- 
ender Meisterwerke und von 
Einen zur Neuetablierung einer 
zntativen Gemäldegalerie im 
n des Veitsdomes berichten. Am 
nner dieses Jahres wurde die 
: nunmehr der Öffentlichkeit 
ben. Da wir uns auf Grund 
umann'schen Berichtes rnit Vor- 
hte. Inhalt und Aufbau dieser 
on nicht mehr zu befassen 
en, wird es an dieser Stelle 
n, mit einigen Worten Aus- 
und Einrichtung der Prager 
mmlung zu beschreiben. 
nmehr zur Schaustellung gelang- 
1nd umfaßt 74 Werke. die sämt- 
i einem vorbildlichen. von Neu- 
verfaßten Catalogue raisonne 
det und genau beschrieben sind. 
erk ist vorerst nur in tschechi- 
scher Sprache erschienen. doch liegt 
eine als Manuskript hektographierte 
französische Übersetzung vor. die aller- 
dings (nebst den unvermeidlichen 
Schreibirrtümern) den großen Fehler 
hat, daß infolge der abweichenden 
alphabetischen Ordnung beider Spra- 
chen eine Reihe von Katalognummern 
nicht identisch sind. 
Die Unterbringung erfolgte in sechs 
Stilen, die in unmittelbarer Nähe. ja 
zum Teil unter den Räumen liegen. in 
denen an der Wende vom 16. zum 
17. Jahrhundert die rudolfinische Kunst- 
und Wunderkammer untergebracht 
war. Saal l birgt Kunstwerke. die aus 
dem Kreis um Rudolf ll. stammen. Die 
Namen der hier vertretenen wichtig- 
sten Künstler sind: Hans von Aachen, 
Cavalier d'Arpino, Cornelis van Haar- 
lem. Frans Floris, Joris Hoefnagel. der 
Meister der weiblichen Halbfiguren. 
Bartholomöus Spranger und der Plasti- 
ker Adriaen de Vries. Die Schau setzt 
sich in Saal ll mit Werken von Fran- 
cesco Bassano, Lucio Massari. Palma 
Giovane. Jakob Seisenegger. Frederick 
van Valckenborch und des Bildhauers 
Benedikt Wurzelbauer fort. Saal lll 
beinhaltet Werke italienischer Künstler 
des 16. und 17. Jahrhunderts, von denen 
wir Frcincesco, Jacopo und Leandro 
Bassano. Viviano Codazzi, Paolo Fiam- 
mingo. Orazio Gentileschi und G. A. 
Pordenone nennen. Werke aus dem 
Kreise Renis und von Stanzione und 
Stomer beschließen den Reigen. In 
Saal IV sind die Hauptwerke unter- 
gebracht: wir nennen Bassano, Do- 
menico Fetti. Rocco Marconi. Rubens. 
Jacopo und Domenico Tintoretto. Tizian 
und Veronese. In Saal V wird gezeigt. 
wie sehr die böhmischen und in Böhmen 
tätigen Maler des 17. und 18. Jahr- 
hunderts unter dem Einfluß der alten 
Burggalerie standen; wir beschränken 
uns auf die Nennung der Namen: 
Peter Brandt. Norbert Grund, Johann 
Kaspar Hirschely. Jan Kupecky und 
Johann Heinrich Schönfeld. Saal Vl ist 
zur Gänze der Dokumentation ge- 
widmet. Die meisterliche Gestaltung 
und Ausstattung der Räume besorgten 
Frantisek Zubr. Josef Hruby, Antonin 
Kybal und Milan Misek. 
Ernst Köller 
 
KUNSTNACHRICHTEN AUS DRESDEN 
Die stdgttienen Kunstsammlungen Dresden 
zeigten entdtttien des too. Geburtstages von 
Henry Taulouse-Lautrec eine 170 Blätter 
umfassende Ausstellung. 
Rund 200 dus Privatbesitz stammende Ex- 
ponate urntgrtte eine informative Ausstellung 
des Dresdner Kupferstichkabinetls (Mm 
tses), die dem Thema ..1so tdttre russische 
Gfclphlk" gewidmet war. Gegenwärtig be- 
nndet sich die Ausstellung auf Wanderschaft 
durch verschiedene andere Städte Ost- 
deutschlands. 
Kunst ins Volk: "Koffermuseen" mit Re- 
produkttonen der wertvollsten Bilder der 
Dresdner Gemäldegalerie werden neuerdings 
dis vvenderdusstettungen in Dertern und 
kleineren orten Ostdeutschlands gezeigt. 
Eine Methode, die echtes interesse wecken 
kann. 
Peter Baum 
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