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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 81)

Sebastian Rosenstingel den Entwurf für einen 
kreuzförmigen Zentralbau mit kompaktem 
Säulenportikus lieferte, und in fllggerrdarf, 
1783, wo auf die dache Fassadenwand noch 
ein Abglanz palladianischer Kirchenfronten 
zu fallen scheint. Zweifellos den bedeutendsten 
kirchlichen Innenraum gestaltete Gottlieb Nigelli 
bei der EIIangeIiJeb-refarrnierten Kirebe in der 
Doratlveergarre 1783]84 mit einer Abfolge flach 
gewölbter Kuppeljoche, eine Raumform, wie 
sie l-lohenberg zuvor bei der Gloriette ange- 
wendet hatte. Eigenartigerweise wurde Hohen- 
berg von Josefll. (abgesehen von der Adaption 
aufgelassener Klöster für Ämter) nur mit der 
romantischen Regotisierung der Augustiner- 
und Michaelerkitche beauftragt, während er 
sein gleichzeitiges klassizistisches Hauptwerk, 
das Palais Frie: auf dem jorefrplalg, für einen 
reichgewordenen Bankmann erbaute. 
Nach dem Hinscheiden Josefs Il. machten 
sich seine Erben und Nachfolger nicht nur 
daran, zahlreiche seiner radikalen Verordnun- 
gen rückgängig zu machen oder zu mildern, 
sondern man gab auch dem Repräsentations- 
bedürfnis in der Baukunst wieder sein Recht. 
So entstanden unter Leopold ll. neue Projekte 
für den Ausbau der Michaelerseite der Hof- 
burg. Sie zeigen eine auffallende Verwandt- 
schaft mit der Fassade des ehemaligen Bene- 
ßgiatlzaurer der Fürsten Lieebtenrtein in der 
Herrengarre (an Stelle des heutigen Hoch- 
hauses), welches der technisch begabte juref 
Hardtmull; 1792 vollendete. Man schließt nun 
geradlinig an die Hofburgproiekte des jün- 
geren Fischer an, wenn auch mit neuer 
Wuchtigkeit der Gliederung. Während Hardr- 
muth in den folgenden Jahren vom Fürsten 
Liechtenstein in Eisgrub beschäftigt wurde, 
führt Lauf: von llinntqyer in Wien diese Richtung 
weiter. Albert von Sachsen-Teschen brachte 
ihn 1795 aus den südlichen Niederlanden mit, 
wo er zuvor in Löwen, Brüssel und Laeken 
gebaut hatte. Er schuf eine elegante, dennoch 
kräftige und in der Wirkung mächtige Archi- 
tektur, deren künstlerische Grundformeln 
eigentümlich stabil blieben. Neben dem Karina 
in Baden und dem Ausbau der später von 
Kornhäusel veränderten Alberlina gab er der 
Wiener Ilofburg den bis dahin fehlenden 
Feitsaal (Abb. 6), dessen imponierende Säulen 
die Decke frei tragen und vor eine dreizonig 
gegliederte Wand gestellt sind. Ähnlich ist 
auch der Ferlmal de: Palai: Rarunmfrky (Abb. 7). 
Dieses Hauptwerk Montoyers läßt uns noch 
leidlich den Lebensstil der Wiener Gesellschaft 
nachempfinden, die sich in der Zeit des Wiener 
Kongresses in seinen Räumen musikalischen 
Genüssen hingab. Schließlich sei noch das 
heute als lnnenrninirteriunz verwendete Palais 
Jlrlodena genannt, das Erzherzogin Beatrix 1811 
erwarb. Sie ließ von Giaearna Quarenglzi Ent- 
würfe für einen Umbau anfertigen, doch 
mußte dieser von Katharina II. von Rußland 
besonders geschätzte Architekt die Aus- 
führung anderen überlassen und wir sehen 
dann hier den nicht weniger interessanten 
Alai: Piehl am Werk, der ebenso wie Quarenghi 
die italienische Spielart des Klassizismus ver- 
trat. Die prunkvolle, säulenreiche Architektur 
dieser Bauten läßt sich in Anlehnung an 
verwandte Strömungen in anderen Ländern, 
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etwa in Italien, als Neoklassizismus bezeichnen. 
Dem Wesen nach höiisch repräsentativ und 
mit vielen Fäden an die Tradition gebunden, 
erscheinen die Typen doch oft neu und in 
Auffassung, Proportion und Dekor der Zeit 
verhaftet. Diese Strömung ist eine Reaktion 
gegen den Joseßnismus, überhaupt gegen die 
Radikalität des Revolutionsklassizismus, der 
von Frankreich und England ausstrahlte. 
Dennoch blieb dieser auch nach Josef in Öster- 
reich nicht ohne Wirkung. Besonders bereit- 
willig fand er in Ungarn Aufnahme, von wo 
er, hauptsächlich vermittelt durch die Ester- 
häzy, auch nach Wien gelangte. Zwar war 
Thomas de Thomon mangels geeigneter Auf- 
träge nach Rußland weitergezogen, doch der 
Pariser Clmrle: de llrlßfßdll hat hier einen blei- 
benden Wirkungskreis gefunden. Seine Ent- 
würfe für den Neubau des Eirenrlddler Xeblarie: 
1794-1805 gliedern die einzelnen Trakte zu 
selbständig kubischen Gebilden aus, die mäch- 
tige Doppelkolonnade der Gartenfront (Abb. 12) 
wird nur lose dem Hauptbau angeschoben 
und erhält eigene architektonische Werte. 
Obwohl nur zum Teil ausgeführt, ist dieses 
interessante Schloß wichtig, zumal sich im 
Bereiche der kaiserlichen Bautätigkeit kein 
solch großes Unternehmen Endet und erst 
die 1820-1823 für Erzherzog Karl von 
Kornhäusel errichtete Weilhnrg bei Baden mit 
ähnlichen Dimensionen rechnet. In der Auf- 
fassung verwandt erscheint manches am 
Ausbau des Schlosses zu Errulbrunn (Abb. 8), 
der seit 1775 von Prosper von Sinzendorf 
betrieben wird. Eine zinnenbekrönte Mauer 
mit turmartigen Toren, die originelle, breit- 
gelagerte klassizistische Eingangijfrant mit spät- 
barockem Torturm, vor allem aber der für 
die Petrefaktensarnrnlung bestimmte „Stein- 
Jaa" verdient Beachtung, ist er doch mit 
Paaren dorischer Säulen gegliedert, eine relativ 
frühe Verwendung dieser Ordnung, deren 
Wiederentdeckung um die Mitte des 18. Jahr- 
hunderts in England für die Baukunst des 
Klassizismus von Bedeutung war. Gegenüber 
solch anspruchsvollen Schlössern erscheint die 
Bautätigkeit von Adel und Bürgertum in der 
Stadt eher bescheiden. Schon die Zahl der 
Neubauten, die in den ersten beiden De- 
zennien des 19. Jahrhunderts entstehen, ist 
gering. Die Wiener Werke Moreaus ragen 
besonders glanzvoll hervor: 1808 entstand 
das Dianabad, dessen Fassadengliederung für 
das biedermeierliche Wohnhaus wichtig wer- 
den sollte; 1809-1813 errichtete er das 
Palai: Paw in der Wallnerstraße mit der 
reizvollen Innenarchitektur des Raphael Rilier 
von Rigel. 
Auch die nachjoseiinische Zeit wollte zur 
Vervollständigung des architektonischen Ge- 
samteindruckes nicht des englischen Land- 
schaftsgartens entraten. Jener beim Palais 
Rasumofsky oder der 1829 beim Harrach'schen 
Schloß Bruck a. d. Leitha angelegte seien 
erwähnt. Darüber hinaus aber gewann der 
Landschaftsgarten um 1800 durch die Steige- 
rung seiner romantischen Qualitäten an künst- 
lerischer Selbständigkeit, was die oft origi- 
nellen und ideenreichen Gartenbauten unter- 
streichen. Unter den kaiserlichen Gärtnern war 
Franz II. der Romantiker; die Frangenrbarg (u 
Laxenburg (Abb. 11), als „Gartenhaus 
stalt einer gotischen Burgveste" 1791 
inmitten eines künstlichen Sees angelt 
zweifellos von englischen, vielleicht d! 
Löwenburg bei Kassel-Wilhelmshöl 
mittelten Anregungen beeinflußt, bot 
wie der „Rittergau" mit Turnierplatz, 
säule und Rittergruft nicht zuletzt du. 
aus allen Landesteilen hierher verl: 
Kunstwerke einen prächtigen und s 
renden Rahmen für die Feste des 
Kongresses. Das romantische Prograi 
Landschaftsgartens kannte verschiede 
zente; etwa die „Natürlichkeitf welc 
in Grottenanlagen darzustellen sucht, 
Hohenberg 1777 für den Schloßpatk zu 
entwarf oder wie sie noch in Res 
I .andschaftsgarten von Manna erhalten 
den Jerome Bonaparte 1817 erwar 
anderer Akzent war die Wehmut und 
deren Requisit das echte oder Hngierte 4 
war, etwa jenes des Feldmarschalls Gra, 
im Neuwaldegger Park, das Grabn 
Gideon Freiherrn von Laurlan in einer 
Verwilderung der Gegend selbst 
geführten Stimmung" oder das Gr 
Unbekannten Soldaten, welches Jol 
von Liechtenstein im Hurarentelnpel (A 
errichtete, in dem er in der Krypta 7 
der Schlacht bei Aspern beisetzte. Ai 
Denkmal konnte diese Funktion erfü 
der Alxingerilein im Geymüllerlsche 
(Abb. 10) zu Pötzleinsdorf oder die 
mäler für Maria Theresia, Josef II. 
Kaunitz und Erzherzogin Maria Cl 
welche der kaiserliche Hof Juwelier Fran 
von Mack seit 1791 in Kalksburg au 
wo er neben der Pfarrkirche im Geläi 
heutigen Jesuitenkollegs einen großer 
mungspark anlegen ließ. Besonders rei 
vielfältig sind die Gartenanlagen des 
Liechtenstein, der nicht nur die bizarre: 
formationen der Hinterbrühl als Kuli 
künstliche Ruinen wählte, sondern a 
Eisgrub und Feldsberg durch Hart 
Kornhäusel und Engel besonders intei 
Gartenarchitekturen aufführen ließ. 
Landschaft und Gärten waren es auch, 
die Ausgestaltung der Xtarll Baden 
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestii 
Die Ylzemlalbdrler (Abb. 9), die hier e 
wurden, waren meist ebenso in Grün g 
wie die Villen, welche um den St: 
herum entstanden. Hier fand Josef 
häusel eine Fülle von Aufgaben für sei 
gepdegte, geschmacks- und proportions 
Architektur, welche von bürgerlichen 
bauten über das Rathaus, das Theat 
Variationen zum Thema Badehaus I 
Weilburg reichte. 
Die Generation der „Klassizisten": l 
berg, Nigelli, Quarenghi, Montoye 
Hardtmuth, sank zwischen 1811 und 1 
Grab. 1818 kam Peter von Nobile nacl 
und mit seiner Tätigkeit setzt der Spä 
zismus des Vormärz ein, dem auch die s 
Werke Moreaus und Kornhäusels verp 
sind. Als Reaktion gegen den aufwc 
Neoklassizismus sollte er den Bauge 
josefinischer Zeit letztlich doch zum 
bruch verhelfen.
	        
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