ldCI Castlereagh, der einsah, daß England,
lessen Mithilfe die Koalition Napoleon
lätte besiegen können, trotzdem nicht
in der Lage war, die Hegemonie der
für sich allein zu beanspruchen. Es
wenn es seine strategischen Positionen
igen oder sich auf seinen Handels-
neue sichern wollte, Bündnisse nötig
ilfe auf dem Kontinent selbst.
Prinz von Benevento, Talleyrand, der
ckteste in allen Feinheiten der Diplo-
menschlich der niedrigste Zyniker,
lers da, wo er persönliche Vorteile
ein Mann, dessen moralisches Gewissen
ließlich in seiner Intelligenz bestand, der
lCl passenden Gelegenheiten von den
astbaren Prinzipien der Gerechtigkeit"
es Völkerrechtes zu sprechen wußte,
dennoch dem Weltfrieden einen Dienst
an konnte. {So auch der Preuße l-lum-
der Russe Nesselrode und besonders
nich. Dieser rheinische Sohn der Auf-
g, der, einem natürlichen Hang vieler
zher seiner Zeit folgend, ein treuer
t des kaiserlichen Hauses geworden war,
sich entschlossen, die territoriale Größe
eichs zu verteidigen, es von der revo-
Lren Ansteckung zu bewahren und ihm
Vlittlerrolle unter den ausgeglichenen
en Europas zu sichern.
.ber die Praxis der damaligen Diplo-
Gesagte macht die Abneigung dieser
zr gegen die Einberufung einer Plenar-
g begreiflich, wo man die Geschick-
t gewisser Redner oder das Aufkommen
iner Fülle neuer Ansprüche befürchten
. Sie gaben der Arbeit in den Komitees
7orzug, für die man durch vorange-
Je Gespräche und die über die jeweiligen
iten der Partner gesammelten Infor-
xen besser vorbereitet war. So fiel denn
:schickten Manipulationen und Einiluß-
211 außerhalb der eigentlichen Arbeit eine .
Rolle zu. Sie spielten sich in den Wiener
bei Musik und Kerzenlicht ab. Die
:rte Kultur der Kaiserstadt, die, wie
ch Srbik schreibt, zur Zeit des Kon-
s die Hauptstadt der Welt geworden
uehr noch als selbst London und Paris,
stigte ein solches Unternehmen, selbst
der Prinz de Ligne zu glauben vorgab,
(ongreß tanze, komme aber nicht vor-
". Dieser Anschein von Frivolitat, als
lite die sorglose Lebensfreude früherer
l wiederzufinden glaubte, verhüllte die
erigkeit der täglichen Aufgabe und
cht auch den Ernst neuer Probleme,
deren man sich noch nicht bewußt werden
wollte. Doch die Tatsache blieb besfehen, daß
eine neue Gesellschaft im Werden war und
daß die Gegenwart des Kongresses deren
Heranreifen in Wien selbst einigermaßen be-
günstigt haben dürfte.
Das Zuströmen untergeordneten Personals,
welches die Diplomaten begleitete, brachte es
mit sich, daß zwischen den Kleinbürgern der
Stadt und den durchreisenden Fremden ein
Austausch von Ideen, Ansichtenyund Emp-
Endungen sich anbahnte, wovon der hübsche
Roman von Alois Jirasek „Das Paradies der
Welt" (Raj Sveta) ein anschauliches Bild gibt.
Auch ist es richtig, wenn Heinrich Srbik
beobachtet, daß das arbeitende Volk, nachdem
der erste Zauber, den das Bild schöner Equi-
pagen, der Herrenreiter im Prater und der
distinguierten Fremden in den Straßen der
Stadt ausgeübt hatte, verilogen war, sich
seiner eigenen Sorgen urn Wohnung, Arbeits-
platz und Lohn nur' um so schmerzlicher
bewußt wurde und die soziale Ungleichheit.
um so grausamer empfand. So setzten sich
die Keime künftiger Revolutionen in den
Herzen fest. Den Männern des Kongresses
freilich waren solche Zukunftsperspektiven
fremd. Viele von ihnen gehörten noch einem
Europa an, wo Grundbesitz und Aristokratie
den Ton angaben und der persönliche Besitz
aus feudalen Grundsätzen heraus in seiner
Gesamtheit noch als unantastbar galt. Freilich
existierten die französische Deklaration der
Menschenrechte und die Bestimmungen des
Code Napoleon, deren Einführung einen
dauernden Gewinn für die Gesellschaft des
ganzen Okzidents darstellte, doch konnten
sie sich nur schwer in jenen Ländern durch-
setzen, wo Großgrundbesitz noch mit herr-
schaftlicher Justiz verbunden war und wo es
noch Brauch war, daß der Herr über die
Person seines Bauern uneingeschränkt ver-
fügen konnte. Wie hätten die Männer des
Kongresses voraussehen sollen, wie aus der
Freiheit des Besitzes, der Gewerbefreiheit und
der freien Konkurrenz wenige Jahre später die
Probleme und die Not des Proletariats er-
wachsen würden? So konnte denn der Geist
des Wiener Kongresses auch in sozialer Hin-
sicht nur konservativ sein, wie er es politisch"
war. Darin lag jene unbewußte Schwache, die
dem Werk des Kongresses von vornherein
anhaftete und seine Dauerhaftigkeit in Frage
stellte. '
In der engstirnigen Logik, daß_ die europäische
Unordnung nur auf die Revolution zurück-
zuführen ware, machte man nicht den Ver-
such, deren Gründe zu erforschen, sondern
begnügte sich zu folgern, die einzige Aufgabe
wäre die Verhütung ihrer_ Wiederkehr. Man
glaubte das erreichen zu können, indem man
überall die
Prinzipes festigte und unter den größeren
Monarchien ein Kräfteverhältnis herstellte,
das keinerlei Vorherrschaft zuließ. Das war
der Grund, warum der Anspruch des Zaren,
seinem Reich ganz Polen einzuverleiben und
dem König von Preußen das Land Sachsen
als Entschädigung zu gehen, Castlereagh,
Talleyrand und Metternich veranlaßte, ein
Geheimbündnis zwischen England, Frank-
reich und Österreich zu schließen, womit sie
sich gegenseitig den Beistand ihrer Armeen
versprachen, falls Rußland oder Preußen ver-
suchen sollten, ihren Plan mit Gewalt durch-
zusetzen. Dieses geheime Bündnis, noch in
der Tradition des 18. Jahrhunderts, wurde
am 3. Jänner 1815 unterzeichnet und konnte
gegebenenfalls zu einem Krieg zwischen den
alten Verbündeten führen. Es hatte das
Verdienst, den Mut der Unterzeichner zur
Durchsetzung? ihrer auf das Gleichgewicht
hinzielenden Forderungen zu stärken.
Der Schritt zu diesem "Bündnis bedeutete für
Frankreich einen Fortschritt. Vom Teil-
nehmer am Wiederaufbauwerk Europas durch
seine früheren Sieger wurde es zum Ver-
bündeten von zweien unter ihnen gegen zwei
andere und stieg damit zur Stellung eines
Schiedsrichters auf. - Der unerwartete Ein-
bruch Napoleons, dieses erstaunliche Aben-
teuer, wie er - nach den Worten Chateau-
briands 3 „den Bann zerbricht, seine eigenen
Fesseln den Königen ins Gesicht wirft und
allein von Cannes ' nach Paris kommt, um
friedlich in den Tuilerien zu schlafen", erwies
sich im großen und ganzen als ein Unheil für
Europa.
Die unmittelbare Rückwirkung dieses Er-
eignisses war eine Verminderung des Ein-
ilusses der französischen Diplomaten auf dem
Kongreß. Es bestarkte die anderen Staats-
männer in ihrem Mißtrauen gegen die Volks-
meinung und in ihrer Entschlossenheit, eine
von oben diktierte Ordnung nach den tradi-
tionellen Methoden zu erzwingen. l
Die einzelnen Staaten schlossen untereinander
mehrere besondere Abkommen, die- in dem
Schlußakt vom 9. Juni 1815 zusammengefaßt
wurden, neun Tage vor der Schlacht von
Waterloo, als ob_man nicht daran gedacht
hätte, daß das Schicksal der Welt durch diesen
letzten Zusammenstoß der Armeen neuerlich
in Frage gestellt werden konnte.
Autorität des monarchischen"