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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 84)

Wernzr Hofmann: und Peler Baum: Amfübrungen zur Situation der modernen Kumt in Öxterreirb blieben nicht 
unwidermprnrben. Magixtratrrat Dr. Robert Waiuenberger 110m Kulluramt der Xtadl Wien Janzit: um eine 
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Robert Waissenberger 
ANTWORT AUF DIE BEITRÄGE 
VON WERNER HOFMANN 
UND PETER BAUM IM HEFT 82, 
SEPTEMBER[OKTOBER 1965 
46 
Szhr geehrter Herr Duklar Mrazek, 
das 82. Heft der von lhnen geleiteten Zeitschrift „Alte und moderne Kunst" brachte zwei Artikel, einen 
von Herrn Peter Baum und einen von Herrn Dr.Werner Hofmann, auf die ich zu antworten habe, weil 
darin der von der Gemeinde Wien geübte Standpunkt der Toleranz gegenüber dem Kunstgeschehen der 
Gegenwart in einer Weise kritisiert erscheint, die Widerspruch nötig macht. 
Natürlich haben die Festwochenausslellungen 1965, also nicht nur „Wiener Malerei seit 1945", sondern 
auch „Plastik aus dem Kreis der Wiener Secession", in bestimmten Kreisen ein Für und Wider ausgelöst. 
„Die Malerei eines Zeitalters ist zuallererst einmal das. was die Maler in diesem Zeitalter malen", sagte 
Professor Johann Muschik in seiner Kritik der Ausstellung im Künstlerhaus, die am 5. Juni 1965 im „Neuen 
Österreich" erschien - und „Waissenberger hatte den artigen Einfall, die Entscheidung dem Publikum 
zu überlassen, das er sich als ein denkendes wünscht. Er gefällt sich nicht in der Rolle des Lenkers der 
Meinung, unternimmt keine Anstrengung. seine eigenen Auffassungen dem Betrachter zu insinuieren". 
Prof. Muschik hat damit die Sache genau so verstanden, wie sie gemeint, die Absicht erfaßt, die mit ihr 
verbunden war. Allerdings wurden diese Ausstellungen auch, ob absichtlich oder unabsichtlich, will ich 
nicht entscheiden, von anderer Seite mißverstanden. Dieses tat am gründlichsten Herr Peter Baum, wovon 
man sich zunächst in den „Oberösterreichischen Nachrichten" und später in der Zeitschrift „Alte und 
moderne Kunst" überzeugen konnte. Nun glaube ich an und für sich mit Kurt Tucholsky. daß die Kunst- 
kritik das letzte Kapitel in der Presse ist, wo man Angst zu haben braucht, dafür zur Rechenschaft gezogen 
zu werden. Trotzdem sollte man nicht völlig schutzlos dagegen bleiben, nicht mit Schweigen zustimmen, 
wo von Zustimmung keine Rede sein kann, und warum soll man nicht dem Kunstkritiker antworten, wenn 
man gegensätzlicher Meinung ist und auf einem anderen Standpunkt steht? In der oberösterreichischen 
Version der Kritik von Herrn Baum (die in „Alte und moderne Kunst" ist davon nur ein Ausschnitt) 
wurde behauptet, daß es überflüssig war, die Arbeiten einer namentlich angeführten Reihe von Malern zu 
zeigen. Nun bekenne ich mich zu den Bildern dieser „Überflüssigen" nicht nur deshalb, weil Herr Baum 
sie offensichtlich nicht kennt, sondern einfach, weil es ein Mangel wäre, wenn man ihnen in dem ange- 
strebten Gesamtbild nicht Raum gegeben hätte. Schließlich handelt es sich um solche Maler, die während 
all der zwanzig Rechenschaftsjahre gemalt haben, und deshalb erschienen sie mir auch wesentlicher als 
jene, die mir Herr Baum als Ersatz angeboten hat und die man, zum Teil wenigstens. erst seit einigen 
Jahren kennt. lch will nicht so hoch greifen wie Dr. Werner Hofmann, der für die Maler Josef Mikl und 
Arnulf Rainer in Anspruch nimmt, sie seien nur deshalb international noch nicht entdeckt, weil sie nicht 
in Paris, London oder New York leben. Ich glaube zwar von den am 2. Juni 1965 in den „Oberöster- 
reichischen Nachrichten" von Herrn Baum beanstandeten Malern Bähler, Fischer, Florian, Hessing, 
Höffinger, Keil, Krause, Luby, Müller. Möser, Pippal, Polasek, Riefel, Schmitt, Schrom, Steiner und Stoitzner, 
daß sie etwas zu bescheiden und nicht immer „am laufenden" sind, wie viele andere. gewandtere Künstler. 
Doch sehe ich darin keinen Mangel. daß sie nicht heute so und morgen anders malen, hingegen aber einen 
nicht zu unterschätzenden Vorteil, wenn sie ihr Schaffen nicht nach jeweils neu aufkommenden Gesichts- 
punkten einrichten. Um nochmals Dr. Werner Hofmann zu zitieren, bin ich gerade bei ihnen Überzeugt, 
daß sie die .,Gratwanderung einer umfassenden Bewußtseinsbildung" hinter sich gebracht haben: zu- 
mindest in einem Maß, das man manchem, der über sie abfällig urteilt, wünschen würde. Es ist weniger 
bedenklich, wenn man bescheiden im Hintergrund steht, als wenn man, wie mancher Glückliche, laufend 
seine Personalausstellungen hat und an allen Ausstellungen teilnehmen darC die irgendwie Gewicht haben, 
und dennoch keine internationale Berühmtheit geworden ist. „Am Rande ist zu bemerken", daß einer von 
den Malern, die Herrn Baum so sehr mißfielen, einer der von Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Mrazek, 
für die Vlll. Biennale von Sao Paula bestimmten Kandidaten war. Sie stützten sich bei Ihrer Auslese auf 
den Rat einiger Fachleute. Ich selbst habe für mich diese Wahl sehr begrüßt. Und so liegt hier ein typischer 
Fall vor, wo mehr als Meinung gegen Meinung steht: Hier haben wir die Ansicht eines einzelnen vor uns, 
der mehr Recht für sich in Anspruch nimmt, als dem objektiven Kritiker zustehen dürfte. 
Was ist jedoch schon ein gelegentlicher Auftrag, ein Ankaufdurch eine öffentliche Stelle oder einmal, nach 
vielen Jahren. eine Ausstellung im Ausland? Nur der, dem man laufend Kollektivousstellungen, darunter 
an prominentester Stelle, ermöglicht, der Kunstkritiker und sonstige namhafte Persönlichkeiten für sich 
hat, kann behaupten. wirklich und entscheidend gefördert worden zu sein. Und solches kann mitunter sein. 
obwohl ihm von Berufenen. und darunter von seinen besten Kennern. bescheinigt wird, daß er früher 
- ehe er so viele Vorteile erhielt - besser gearbeitet hat . .. 
Natürlich kenne ich im Gegensatz dazu viele Beispiele von Künstlern, die ohne massive Förderung ihren 
Weg gemacht haben. Aber es soll weder ein Zuviel noch ein Zuwenig sein. Bestimmt wäre es manchem 
Künstler unmöglich gewesen, sich zu entwickeln, wenn ihm nicht materiell geholfen worden wäre. Be- 
sonders schwer hat es der Bildhauer, vor allem, wenn er über kein Lehramt verfügt, damit kein festes 
Einkommen und kein geheiztes Atelier den Winter über hat. Er braucht teure Materialien, die er sich nicht 
ohne weiteres leisten kann, und so ist für viele der Auftrag die einzige Möglichkeit, auch einmal eine größere 
Arbeit ausführen zu können. Die Kritiker der Gemeinde Wien hören das zwar nicht gerne, aber es ist nun 
einmal so, doß viele Wiener Bildhauer vor allem, wie Wander Bertoni, Maria Bilger, Alois Heidel, Rudolf 
Hoflehner, Heinz Leinfellner oder Andreas Urteil. Aufträge erhalten haben und ihnen damit in mehr als 
nur materieller Hinsicht geholfen wurde. Nicht zuletzt deshalb zählen sie heute zu den in vorderster Linie 
stehenden künstlerischen Krätten, die wesentlich das Bild der österreichischen Kunst der Gegenwart prägen. 
Sie sollten sagen. ob sie diese Aufträge erhalten haben, indem sie sich der ,.zornigen Pose (also ohnehin 
kein echter Zorn, sondern nur Pose?) begaben" und „mit masochistischem Eifer die Futterkrippe um- 
drängten". Ob die Genannten es zu schätzen wissen, wenn man sie als „dozile Auftragsempfänger" 
bezeichnet, die „mit Aussicht auf Atelierzuweisung dressiert wurden"? 
Nun ist über die Frage der Auftragserteilungen an sich schon viel. ich glaube sogar, allzuviel gesprochen 
worden, so daß es fast wohl besser wäre, sie ..zu den Akten" zu legen. Vulgär gesprochen, „hat sie schon 
einen Bart". Man weiß auch ohne den mahnenden Zeigeünger der Theoretiker um das Wohl und Wehe: 
Schließlich gibt es nichts auf der Welt. das vollkommen ist, wo es nichts auszusetzen gäbe und das nicht 
auch mehrere Seiten hätte. Doch erscheint es merkwürdig, daß sich Künstler, die einstmals selbst stürmisch 
Aufträge begehrten i und mit ihren Sprechern haben wir es sehr oft zu tun w, in der Verurteilung 
der ganzen, immer nur im Interesse der gesamten Künstlerschaft geschehenen Sache besonders hervortun.
	        
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