Sonderausstellungen. die insgesamt
einen respektablen. doch nicht immer
glücklich gesichteten Querschnitt durch
das Schaffen des bekannten steirischen
Malers gaben.
Wickenburg ist einer der ganz wenigen
österreichischen Künstler. die schon vor
dem ersten Weltkrieg mit der großen
europäischen Avantgarde, den Fauves
und Kubisten in Paris und den Ex-
pressionisten in Deutschland, in Kon-
takt kamen und von ihnen fruchtbare
Anregungen empüngen. Sein Werk
zeigt demgemäß auch die verschieden-
artigsten, oftmals in sehr persönlicher
Synthese verarbeiteten Einflüsse. Das
betrifft die Graphik genauso wie die
Ölmalerei, die mit 24 Beispielen aus
dem Zeitraum von 1921 bis 1965 in
der Galerie Würthle zu sehen war.
Innere Lauterkeit. forschender Drang
und eine von Sensibilität und tieferem
Verständnis für die autonomen bildne-
rischen Werte Zeugnis ablegende Mal-
kultur sind für Wickenburgs CEuvre
charakteristisch. Die Würdigung. die
die Albertina dem Künstler mit einer
Sonderausstellung von Zeichnungen
und Aquarellen zuteil werden ließ, war
ZWEifEllOS verdient und berechtigt, wies
aber unzweifelhaft qualitative Mängel
auf, die einem derart prominenten
Kulturinstitut nicht passieren dürften.
GALERIE NÄCHST ST. STEPHAN:
Curt Stenvert, Rupprecht Geiger und
Josef Mikl
Die Grundsteine zu seinen ,.Mensch-
lichen Situationen" legte Curt Stenvert
bereits in den Jahren 1945 bis 1947 -
in einer Zeit materieller Not und
zahlreicher anderer Nachkriegswirr-
nisse.
Die Galerie nächst St. Stephan unterzog
sich der dankenswerten Aufgabe, Sten-
verts so gut wie unbekanntes Frühwerk
an Hand von 36 Exponaten der Öffent-
lichkeit vorzustellen.
Der nicht bloß für Skeptiker nützliche
Beweis, daß die zeitkritischen, provo-
kanten Montagen des Künstlers nicht
von außen her beeinflußte modische
Erfindungen der letzten Jahre sind.
sondern tatsächlich aus ureigenstem
Antrieb entstanden. wurde durch die
kleine. doch gehaltvolle Kollektive
dieser ganz frühen und selbst vom
Künstler lange Zeit hindurch ver-
gessenen Arbeiten vollauf erbracht.
Der Realist und Mahner Stenvert war
schon damals jener unerbittliche
Chirurg, der in durchaus künstleri-
scher Weise mit scharfem Intellekt den
Menschen beobachtete und dessen
Handlungsweise sezierte. Neben zahl-
reichen sauberen Studien zu seinem
durch den Fuiurisrnus inspirierten.
inzwischen leider vernichteten „Violin-
spieler in vier Bewegungsphasen" (eines
der interessantesten Werke österreichi-
scher Nachkriegskunst) bestimmten
Wert und Eigenart der Ausstellung vor
allem jene Tuschfederzeichnungen und
Werksstudien. die Stenverts weltzu-
gewandetes, analytisches Denken. sein
Engagement am Menschen erkennen
lassen.
Zwischen Stenverts Montagen von heute
und einigen dieser vorwiegend in
asketischem Schwarzweiß gehaltenen
Zeichnungen lassen sich allerdings
nicht nur geistige Genealogien her-
stellen, sondern auch formale. ln den
Arbeiten aus Stenverts Frühzeit finden
sich nämlich Elemente. die für sein
gegenwärtiges CEuvre in ganz be-
sonderer Weise typisch sind und eine
50
kaum glaubliche Kontinuität erkennen
lassen (Abb.10).
Mit völlig anderen künstlerischen Ziel-
setzungen machten die abstrakten,
vielfach monochromen Siebdrucke des
Münchners Rupprecht Geiger bekannt.
Geiger beschäftigt sich mit dem auto-
nomen Wert von Farbe und Form. mit
der suggestiven Kraft formalen Ge-
schehens. die den Betrachter zur
Kontemplation einlädt, zum Nachden-
ken zwingt. Wenn man sich auch
besser davor hütet, bestimmte philo-
sophische Deutungen dieser 7 und
auch anderer A graphischen Blätter
als verbindlich hinzustellen, so muß
doch betont werden, daß gerade radikal
abstrakte Kunst in ihrer wohlüber-
legten und empfundenen Einfachheit
nicht nur von der optischen Warte her
gesehen werden darf, sondern auch
im Geistig-Theoretischen ihren schöpfe-
rischen Rang offenbart.
Knapp vor Beginn der Weihnachts-
ausstellung konfrontierte die Galerie
nächst St. Stephan auch noch mit
neuen, vor allem in den Zeichnungen
mit der Figur stärker kokettierenden
Abstraktionen Josef Mikls.
Mikl weiß, was er seinern Ruf und
seinen zahlreichen Sammlern schuldig
ist. Anstatt eine schöpferische Pause zu
riskieren, hat er sich jedenfalls ordent-
lich ins Zeug gelegt und wartete dem-
gemäß mit einer sehenswerten Kol-
lektive auf. Dafi sich die Anstrengungen
lohnten, wurde vor allem angesichts
der feinmaschigen Zeichnungen und
der kleinen, prächtig gelungenen lyri-
schen Abstraktionen offenkundig, die 4
ohne Neues zu bieten 7 mit zum
Schönsten und Besten zählen. was man
in Wien auf diesem Sektor der Malerei
seit langem zu sehen bekam.
GALERIE AUF DER STUBENBASTEI:
Aquarelle und Zeichnungen Alfred
Karger:
Es gibt in Österreich zahlreiche hoch-
begabte Maler und Graphiker, für die
aufGrundihres Könnensimallgemeinen
größeres Interesse bestehen müßte, als
in jener sporadischen Resonanz zum
Ausdruck kommt, die sich zumeist
nur anläßlich von Ausstellungen regi-
strieren läßt.
Der 1925 geborene Wiener Alfred
Karger, der den aufmerksamen Kunst-
freunden noch von seiner letzten
Kollektive 1962 im Hoffmannssaal der
Wiener Secession in guter Erinnerung
sein dürfte, zählt zweifellos zur ersten
Garnitur österreichischer Graphiker
und Maler der Jüngeren bis mittleren
Generation. auf die das eingangs Er-
wähnte zutrifft.
Die Galerie aufder Stubenbastei (Wienl.
Stubenbastei 1) widmete dem Künstler
im November ihre erste Fersoncilschau
und leitete damit ein neues, neben der
ständigen Verkaufsausstellung stattfin-
dendes Sonderausstellungsprogramm
ein.
Karger setzt im besten Sinn dieTradition
des österreichischen Expressionismus
fort, wobei insbesondere in den zahl-
reichen Aktzeichnungen Parallelen zum
graphischen Werk Herbert Boeckls
festzustellen sind. der i mehr noch
als Kokoschka 7 fruchtbarsten Ein-
fluß aufjene Generation österreichischer
Künstler ausübte, der auch der heute
Vierzigjährige angehört.
Karger ist ein unermüdlicher Zeichner,
der hart an sich selbst und der Vervoll-
kommnung seiner künstlerischen Mög-
11
Bildtexte 10718
10 Cuft Stenvert, ViQliriSpiEler in vier Be-
wegungsphosen, Original zerstort (Abb.
aus der Ausstellung des Künstlers "Curt
Slcnvert irn Rückblickspicgel gesehen" in
der Galerie ndchst St Stephan)
11 Alfred Karger, Frau, auf dern Bauch
liegend, 1963. Aktzeichnurig in Feder
und Pinsel. 26x45 cm
12 Alfred Karger, Dorf, 1965. Aquarell und
Fader. 285x465 crn (Abb. 11. 12 aus
der Ausstellung des Künstlers in der
Galerie Stubenbaslei. Wien)
13 Keramik von Kurt Ohnsorg. Osterreich
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18
Keramische Arbeit von Vera Szeke
Frankreich
Keramische Arbeit von K. Neoras, C5
(Abb.13-15 aus der Ausstellung ,.Kcr
mik von Kunstlerri aus 12 Staaten" i
IKC internationaler Kunstlerclu
Palais Palffv. Wien)
Relief von Zbynek Sekal
Skulptur von Miloslav Chlupac (Abb.
17 aus Ausstellungen der Galerie I
Griechenbeisi. Wien)
Erich Brauer, Kurbisesser. 1965. Aqu
rell. 35x25 cm (aus der Ausstellung d
Künstlersinclßr Galerie Peilhnar-Lichtc
fcls. Wien)