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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 86)

Freiburg im Breisgau, kinderlos, und Kaiser 
Friedrich III. ist damit wieder ein Stück 
seinem zäh verfolgten Lebensziel näher- 
geriickt: der Vereinigung aller habsburgi- 
schen Länder in einer Hand. Aber nach 
Wien geht der Kaiser doch nicht zurück, 
in das zudem am 1. Juni 1485 Matthias 
Corvinus seinen Einzug hält. Es ist eine 
merkwürdige Fügung des Schicksals, daß 
gerade Friedrich III., welcher der Stadt 
Wien sonst so wenig geneigt war, die heute 
noch bestehende Burgkapelle gegründet 
und eine der wichtigsten Erweiterungen 
und Verschönerungen der Wiener Burg 
durchgeführt hat. 
Als die eigentlichen, langjährigen Resi- 
denzen Kaiser Friedrichs III. bleiben so 
Graz und Vliener Neustadt. Graz hat dem 
Kaiser viel zu verdanken: den großartigen 
Umbau der heutigen Domkirche und den 
Bau der Burg, wichtige Privilegien und die 
Ausgestaltung der Befestigungsanlagen. In 
Graz verwahrte Friedrich III. zum Teil die 
Kleinodien seiner Eltern, die ihm von 
seinem Vormund und Oheim 1455 hatten 
ausgeliefert werden müssen. Von Graz aus 
brach er am 3. Feber 1442 zur Königs- 
krönung in Aachen und am Z0. Dezember 
1451 zur Kaiserkrönung und Vermählung 
in Rom auf. Nach Graz war er 1436 am 
Ende seiner großen Pilgerfahrt in das 
Heilige Land zurückgekehrt, in Graz 
empüng er ausländische Gesandte und 
Gäste, wie Leo von Rozmital, den Schwager 
des Königs von Böhmen. In der Grazer 
Burg handelte er mit dem Bischof Johann 
Vitez, dem vertrautesten Ratgeber des 
Königs Matthias, die Friedenspräliminarien 
mit dem Ungarnkönig aus. Von allen 
Städten, die im Leben des Kaisers eine 
Rolle gespielt haben, darf sich Graz rühmen, 
am längsten seine Residenz gewesen zu 
sein. Erst 9 Jahre vor seinem Tode, am 
10. Oktober 1484, verließ Friedrich III. 
für immer Graz, weil er sich hier w nach 
den ergebnislosen Verhandlungen mit Mat- 
thias Corvinus und der Besetzung wichtiger 
steirischer Orte durch die Ungarn - nicht 
mehr sicher genug fühlte. Mit der Königs- 
krönung Friedrichs III. 1440 beginnt, mit 
1484 endet die erste große, geschichtlich 
denkwürdige Zeit für Graz. Von 1564 bis 
1619 sollte es dann noch einmal für 55 Jahre 
Residenz werden. 
Es ist schwer zu entscheiden, welcher von 
den beiden Residenzen die Vorliebe des 
Kaisers gehörte: Graz oder Wiener Neurladt. 
Am Anfang bevorzugte er sichtlich Wiener 
Neustadt, die alte Residenz der Leopoldiner, 
die seit dem Neuberger Teilungsvertrag 
von 1379 wieder zur Steiermark gehörte. 
Jedenfalls war die bleibende Wirkung 
Friedrichs III. für Wiener Neustadt ungleich 
größer als für Graz, das durch seine zweite 
Residenzzeit, welche die Epoche Fried- 
richs III. überdeckte, und die Gründung 
der Universität nachhaltiger geprägt worden 
ist. 
Als Residenz Friedrichs III. nahm Wiener 
Neustadt seinen wirtschaftlichen Auf- 
schwung. Der IIof und seine Beamten 
brachten Geld in die Stadt. Handels- 
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privilegien, die Wiederbelebung der alten 
landesfiirstlichen Münzstätte, die Bautätig- 
keit Friedrichs III. und eine ehrenvolle 
Wlappenbesserung heben Wohlfahrt und 
Ansehen Wiener Neustadts. 
Friedrich war kunstsinnig. Nicht nur, daß 
er das bodenständige Kunsthandwerk för- 
derte, auch fremde Künstler, Maler, Bild- 
hauer, Goldschmiede und Baumeister zog 
er an. Am 9. Feber 1440 langte hier das 
Schreiben der Kurfürsten mit der Nachricht 
von der Wahl Friedrichs zum deutschen 
König ein. In der Liebfrauenkirche nahm 
er am 6. April 1440 diese Wahl an. Und 
von dem Tag an versucht Friedrich lll. 
Wiener Neustadt zu einer kriniglirbm Residenz 
auszugestalten. Wie in Graz die Ägydius- 
kirche, baut er in Wiener Neustadt die 
Liebfrauenkirche um. Hier wie dort baut 
er an der landesfürstlichen Burg. Um 1453 
entsteht in Wiener Neustadt die VUappen- 
wand. Er gründet das Neukloster, das er 
von Reun aus besiedeln läßt, ein weltliches 
Chorherrenstift, das 7 wie einst bei 
Rudolf IV. in Wien 7 die Gründung des 
Bistums Wiener Neustadt vorbereiten soll, 
die dem Kaiser durch seine zweite Rom- 
fahrt mit der Bulle Papst Pauls lll. vom 
18. Jänner 1469 gelingt. In Wiener Neustadt 
wird dem Kaiser von Eleonore sein Sohn 
und Erbe, Maximilian I., am 23. März 1459 
geboren. Acht Jahre später, am 3. September 
1467, stirbt hier die Kaiserin, kaum 30 Jahre 
alt. Sie wurde nebem ihren im Tode vor- 
angegangenen Kindern im Neuklostcr be- 
stattet. Von diesem Zeitpunkt an rückt 
Wiener Neustadt langsam in den Hinter- 
grund. Es ist nicht so, daß Friedrich lll. 
erst nach dem Tode seiner Gemahlin 
Eleonore daran geht, Graz zu seiner 
zweiten Residenz zu erheben. Das war es 
bereits. Graz rückt jetzt nur an die erste 
Stelle, die bisher Wiener Neustadt inne- 
gehabt hatte. Das Fernbleiben des Kaisers 
aber wirkt sich dort gesellschaftlich und 
wirtschaftlich, kulturell und baugeschicht- 
lich spürbar aus. Es fehlt die Initiative, es 
fehlt der Kristallisationspunkt des Hofes, 
der Residenz. Wohl gründet Friedrich III. 
1480 noch das Paulinetkloster - aber diese 
' Gründung ist der Schlußstein, der die Zeit 
der Privilegien und großzügigen Stiftungen 
endgültig beschließt. Der 1477 ausge- 
brochene Krieg mit Matthias Corvinus hat 
die Haltung des Kaisers auch gegenüber 
Wiener Neustadt bestimmt, das sich zu- 
dem nach monatelanger Belagerung am 
7. August 1487 dem ungarischen König 
ergeben mußte und erst 1490 Ä genau 
drei Jahre später 7 von Maximilian I. 
zurückerobert werden konnte. 
Wohl wird Wiener Neustadt unter Maxi- 
milian I. eine wichtige Handelsmetropole, 
wie die Geschäftsbücher des Alexius Funck 
beweisen - aber die von Friedrich lll. 
geprägte Glanzzeit der Stadt war doch zu 
Ende und kehrte nicht mehr wieder. Aber 
gerade deshalb ist das Wirken Kaiser 
Friedrichs III. noch im Bilde der Stadt zu 
greifen und zu erfassen 4 am deutlichsten 
und unmittelbarsten von allen seinen ehe- 
maligen Residenzen.
	        
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