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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 86)

wohl einst ein auf besonderen Auftrag 
hin angefertigtes privates Andachtsbild in 
kirchlichem Besitz. Vermutlich bewahrte 
man sie in einem flachen Schrein unter 
Glas auf, wo sie in einer Wandnische auf- 
gestellt gewesen sein könnte. Zwei Dinge 
deuten darauf hin: Außer ihrem vorzüg- 
lichen Erhaltungszustand ist es ihre auf 
eine ideelle Wand bezogene Einansichtig- 
keit. Dargestellt ist hier, wie der in der 
Tracht des Franziskanerordens gekleidete 
b]. Anlonim" von Paziua, die Hände in an- 
dächtigem Gebet vor der Brust gekreuzt, 
vor dem mit einem Tuch bedeckten Betpult 
auf einem Podest kniet. Außer einem 
geschlossenen, stehenden Folianten, dessen 
Ansicht auf den Betrachter - und nicht 
auf den Dargestellten bezogen ist, liegt 
vor dem im Profil wiedergegebenen, noch 
sehr iuzendlichen Heiligen ein aufze- 
schlagenes Buch, das als die Heilige Schrift 
zu deuten ist. Über dem Pult, auf Wolken 
schwebend, erscheint das sich dem Heiligen 
zuwendende Jesuskind. Es hat die Rechte 
zum Segensgestus erhoben, in der linken 
Hand trägt es - als Hinweis auf die Passion 
Ä- ein längliches Kreuz. Diese Darstellung 
verkörpert eine Erscheinung des Gottes- 
kindes, mit welcher der Heilige nach einer 
legendenhaften Erzählung begnacligt wurde. 
In Caspar Erhards großer „Haus-Legende 
der Heiligen" (Augsburg 17365.) ist dieses 
Wunder sehr anschaulich geschildert. Nach 
dieser Darstellung liebte der hl. Antonius 
von Padua „den Heiland ganz zärtlich, und 
ward von ihm wiederum auf das zärtlichste 
geliebet: darum ward er mit der höchsten 
Gabe der Beschauung begnadiget; die 
Erscheinungen, Gesichte und Verzückun- 
gen Waren ihm nichts neues. Einstens trieb 
ein Vonvitz seinen Hauswirth an, auszu- 
spähen, was der heilige Mann in der Stille 
mache, da sahe er ihn kniend, in seinem 
Zimmer mit dem Kindlein Jesu, so ihn 
liebkosete. Und diese unaussprechliche 
Gutthat hat die Mahler veranlasset, ihn 
gemeiniglich mit dem jesuskindlein auf 
das lieblichste zu entwerfen". Eine mit 
einem Sonnengesicht versehene, hochovale 
goldene Strahlengloriole, die einer zweiten 
Reliefsclucht angehört, dient komposi- 
tionell als Verbindungsglied zu einem auf 
Wolken sitzenden Engel, der die Be- 
krönung der Gruppe darstellt. Ein ganz 
vom Organischen her konzipiertes Motiv 
4 die waagerecht ausgebreiteten Engels- 
schwingen _ dient als oberer Abschluß 
der Gruppe. Dieses Motiv erhält seine 
inhaltliche Funktion dadurch, daß dieses 
Flüzelbaar die zanze Szene gleichsam in
	        
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