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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 86)

seine Obhut nimmt. Dieser gefittichte 
Engel, der in seiner Rechten einen aus 
Rosen geflochtenen Kranz hält und auf 
den unter ihm knicnden Heiligen her- 
untersieht, ist seiner Haltung und Bewegung 
nach ein echt Günthefsches Geschöpf. 
Die einzelnen Elemente der wie ein Bild 
aufgebauten Komposition stehen in einem 
genauestens überlegten Proportionsverhält- 
nis, was in gleicher Weise auch für die 
sehr sorgfältig gegeneinander ausgewo- 
genen Konturen und für das System der 
offenen und der geschlossenen Flächen 
dieser Darstellung gilt. Die Gruppe läßt 
sich einem steilen, gleichschenkeligen Drei- 
eck einbeschreiben, dessen Schrägseiten 
sich in Kopfhöhe des Engels vereinigen, 
dessen Haupt zugleich die Mittelachse der 
Komposition bildet. Die Sockelzone der 
Gruppe ist sowohl die Basis des eben 
genannten gleichschenkeligen wie auch die 
eines kleineren, gleichseitigen Dreiecks. Es 
faßte das Betpult, die kniende Figur und das 
Christkind als ideelle Einheit zusammen. 
Die Spitze dieses Dreiecks endigt in Höhe 
des Zentrums der Strahlengloriole, die so 
das „Oben" und „Unten" der Gruppe mit- 
einander verklarnmert. 
Wenn man im (Euvre Ignaz Günthers sich 
nach verwandten Stücken umsieht und von 
dem divergierenden Größenverhältnis wie 
vonderandersartigeninhaltlichenBedeutung 
absieht, dann mutet die Münchner Gruppe 
wie eine Pränguration der wesentlich später 
entstandenen und ebenfalls bunt gefaßten 
„Verkündigung Maria"-Gruppe an, die als 
Prozessionstragngur für Weyarn (1764) 
geschnitzt wurdel. Motivisch sehr ver- 
wandt ist mit der Münchner Antonius- 
Gruppe eine bisher unveröffentlichte, aus- 
drucksmäßig sehr ansprechende kleine Pin- 
sel-Tusch-Zeichnung (15,5)(9,2 cm). Sie 
stellt die Rosenkranzverleihung an den 
unterhalb der Muttergottes knienden und 
zu ihr hinaufblickenden hl. Dominikus dar 
(München, Staatl. Graph. Sammlung; Inv.- 
Nr. 776l)1. Wenn es sich bei dieser grau 
lavierten Günther-Zeichnung (Abb. 2) auch 
sicherlich nicht um einen {iguralen Ent- 
wurf, sondern um die Vorlage für ein 
kleines Andachtsbild, d. h. für eine - in 
der Ausführung bisher nicht bekannte 7 
Druckgraphik handelt, so besteht doch 
darüber kein Zweifel, daß die beiden Stücke 
bis in die Details hinein motivisch un- 
mittelbar miteinander verwandt sind. Sie 
sind in die gleiche Zeit zu datieren. In 
beiden Fällen ist unübersehbar, daß Gün- 
ther bei diesen Darstellungen der geschnitz- 
ten oder als Druckgraphik ausgeführten 
privaten Andachtsbilder sich an vene- 
zianischen Vorbildern orientierte, die ihm 
über Stiche bekannt gewesen sein müssen. 
Unter ihnen ist in erster Linie ein thematisch 
und kompositionell sehr ähnliches Werk zu 
nennen, ein Gemälde, das um 1725-1727 
entstand und das die erste Arbeit ist, die 
urkundlich für G. B. Piazzetta gesichert ist. 
Es stellt die Vision des hl. Filippo Neri 
dar und bei-indet sich i als Altarblatt 
ausgeführt A in S. Maria della Fava. in 
Venedig (Abb. 3). Sein erst seit einigen 
22 
5 Ein: Günlhtr. 
räunlich und 
33x21 cm. Wie 
Entwurf Hi! ein Sebasüansreliquiar. 
gdblich 1mm: Federzeichnung, 
1, Privarbcsirz
	        
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