seine Obhut nimmt. Dieser gefittichte
Engel, der in seiner Rechten einen aus
Rosen geflochtenen Kranz hält und auf
den unter ihm knicnden Heiligen her-
untersieht, ist seiner Haltung und Bewegung
nach ein echt Günthefsches Geschöpf.
Die einzelnen Elemente der wie ein Bild
aufgebauten Komposition stehen in einem
genauestens überlegten Proportionsverhält-
nis, was in gleicher Weise auch für die
sehr sorgfältig gegeneinander ausgewo-
genen Konturen und für das System der
offenen und der geschlossenen Flächen
dieser Darstellung gilt. Die Gruppe läßt
sich einem steilen, gleichschenkeligen Drei-
eck einbeschreiben, dessen Schrägseiten
sich in Kopfhöhe des Engels vereinigen,
dessen Haupt zugleich die Mittelachse der
Komposition bildet. Die Sockelzone der
Gruppe ist sowohl die Basis des eben
genannten gleichschenkeligen wie auch die
eines kleineren, gleichseitigen Dreiecks. Es
faßte das Betpult, die kniende Figur und das
Christkind als ideelle Einheit zusammen.
Die Spitze dieses Dreiecks endigt in Höhe
des Zentrums der Strahlengloriole, die so
das „Oben" und „Unten" der Gruppe mit-
einander verklarnmert.
Wenn man im (Euvre Ignaz Günthers sich
nach verwandten Stücken umsieht und von
dem divergierenden Größenverhältnis wie
vonderandersartigeninhaltlichenBedeutung
absieht, dann mutet die Münchner Gruppe
wie eine Pränguration der wesentlich später
entstandenen und ebenfalls bunt gefaßten
„Verkündigung Maria"-Gruppe an, die als
Prozessionstragngur für Weyarn (1764)
geschnitzt wurdel. Motivisch sehr ver-
wandt ist mit der Münchner Antonius-
Gruppe eine bisher unveröffentlichte, aus-
drucksmäßig sehr ansprechende kleine Pin-
sel-Tusch-Zeichnung (15,5)(9,2 cm). Sie
stellt die Rosenkranzverleihung an den
unterhalb der Muttergottes knienden und
zu ihr hinaufblickenden hl. Dominikus dar
(München, Staatl. Graph. Sammlung; Inv.-
Nr. 776l)1. Wenn es sich bei dieser grau
lavierten Günther-Zeichnung (Abb. 2) auch
sicherlich nicht um einen {iguralen Ent-
wurf, sondern um die Vorlage für ein
kleines Andachtsbild, d. h. für eine - in
der Ausführung bisher nicht bekannte 7
Druckgraphik handelt, so besteht doch
darüber kein Zweifel, daß die beiden Stücke
bis in die Details hinein motivisch un-
mittelbar miteinander verwandt sind. Sie
sind in die gleiche Zeit zu datieren. In
beiden Fällen ist unübersehbar, daß Gün-
ther bei diesen Darstellungen der geschnitz-
ten oder als Druckgraphik ausgeführten
privaten Andachtsbilder sich an vene-
zianischen Vorbildern orientierte, die ihm
über Stiche bekannt gewesen sein müssen.
Unter ihnen ist in erster Linie ein thematisch
und kompositionell sehr ähnliches Werk zu
nennen, ein Gemälde, das um 1725-1727
entstand und das die erste Arbeit ist, die
urkundlich für G. B. Piazzetta gesichert ist.
Es stellt die Vision des hl. Filippo Neri
dar und bei-indet sich i als Altarblatt
ausgeführt A in S. Maria della Fava. in
Venedig (Abb. 3). Sein erst seit einigen
22
5 Ein: Günlhtr.
räunlich und
33x21 cm. Wie
Entwurf Hi! ein Sebasüansreliquiar.
gdblich 1mm: Federzeichnung,
1, Privarbcsirz