7-10 Wil Frenken, Holldruckreihe E XXVII (S L),
1964165, 5 Blcm, Blunfarmal 38 x187 cm. BÜNenküPlOn,
schwarz gedruckt. Hunddrucke. Zustände 1, 2, 3. 4
gleichen Einstellung-findet Franken zunächst eine
natürliche Einstimmung auf die Gegebenheiten des
Materiales. Der schon erwähnte ..Widerstand"
reizt zur konsequenten Aufschlüsselung. Er folgt
teils der Eigengesetzlichkeit der verwandten Höl-
zer. teils aber versucht er diese zu durchbrechen.
Seine Linien. deren Rhythmus aufeinander in feiner
Weise abgestimmt ist. durchbrechen in eleganter
Linienführung die Maserung. Der Arbeitsvorgang
spielt dabei eine wichtige Rolle. lst die erste Bild-
vorstellung erreicht. wird diese durch einen Druck
festgehalten. Gleich einer Skizze. in deren fest-
gehaltenen lmpressionen der Anstoß zu weiterem
Gestalten sein kann. wird dieser Zustandsdruck
zum Anlaß einer weiteren Bearbeitung.
Ohne Zweifel entstand die erste Mappe unter
solchen Aspekten. Sehr bald kam aber der Ge-
danke des Bildablaufes hinzu. der bewußt fest-
gehalten werden sollte. Diese Reihen müssen. will
man sie richtig interpretieren. nebeneinander ge-
sehen werden. Abstraktion. das Weglassen des
anfänglich sehr dichten Zusammenbindens der
einzelnen Formen. bedeutet eine echte Einfühlung
in den Gegenstand. Somit hat sich schon in den
ersten derartigen Versuchen ein Wandel des künst-
lerischen Anliegens ergeben. Mitten bei der Arbeit
zu diesen Aufgliederungen zeichnerischer Ein-
drücke stellt Frenken eine beachtenswerte Beob-
achtung an. Je deutlicher aus den expressiv um-
gesetzten Landschaften die Chiffre. das einfach
gesetzte Zeichen hervortritt. um so tiefer grübt
sich dieser Wandel in das bearbeitete Material ein.
Der Holzstock wird zur völlig eigenständigen
Komposition mit eigenen plastischen Werten. Einige
dieser eigenwilligen Reliefs, die kaum noch etwas
von ihrer ursprünglichen Farm ahnen lassen. in
welchen die große Geste. mit der der Holzschneider
das Material mehr zerfurcht und in tiefen Tälern
die Spuren des impulsiven zurücklüßt. sind in
Bronze gegossen und dürfen als durchaus selb-
ständige Arbeiten gesehen werden. Als Arbeiten.
in deren Gehalt vieles von ursprünglicher Span-
nung deutlich wird.
Frenken ist ein stark visueller Typ. Für ihn sind
die Betrachtungen der erzielten Ergebnisse und
die damit verbundenen Überlegungen von außer-
ordentlicher Bedeutung. Daher arbeitet er (und
dies gilt auch schon für die frühen Mappen der
Holzschnitte) gleichzeitig an mehreren Serien. Da
ihm die Phantasie sehr wichtig ist. und er sich auch
wohl an diesen Momenten inspiriert. darf dem
Nebeneinanderarbeiten eine stimulierende Wir-
kung zugeschrieben werden. Von einer solchen
Sicht aus ist das Einfühlen in das Problem der
Form zu verstehen. Was als eine Inspiration. ge-
schöpft aus der Vielzahl der sich aufdrüngenden
Gedanken begannen hatte, wird sehr bald zu einer
Beschäftigung mit intellektuellem Hintergrund.
Frenken entwickelt einen Dreiklang des Arbeits-
ablaufes. der von der geschlossenen Auflösung des
vorgegebenen Holzstockes ausgeht. Über die zer-
rissene Form hndet er schließlich zu einem addita-
tiven Zusammenfügen. Darf man beim ersten
Arbeitsvorgang von einem Auflösen. einem Durch-
dringen der Linien sprechen, sa reicht der span-
nungsreiche Bogen der weiteren Arbeit über das
Verselbstündigen dieser Formen bis zu deren
Zusammenbinden. Es bilden sich Flöchenkomparti-
mente heraus. Frenken geht von der Auflösung
der Flüche aus und arbeitet in seinen Holzschnitten
auf die Entwicklung der Flüche hin.
Ganz besonders deutlich werden diese Gedanken-
gänge in den Holzschnitten der letzten Jahre.
Schon um 1960 konnte man bei Frenken ein Hin-
neigen zum Gedankenkreis Ostasiens festhalten.
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Zu Recht hat ihm A. Schmeller in einer frühen
Besprechung der Bleistiftzeichnungen diese Bild-
ästhetik bestätigt. Damals aber waren solche Re-
miniszenzen mehr verdrängt. als doß sie deutlich
in Erscheinung getreten wären. Zwar war der
Gestus schon vorhanden. und doch bedurfte es
eines unmittelbaren Anstoßes.
Dieser lmpetus darf in den gefundenen Formen
des Endzustandes der Fren ken'schen Reihen gesehen
werden. Aus den einzelnen Flächenkompartimen-
ten entsteht eine neue Bildüsthetik. die von allem
Anfang an berücksichtigt wird. Immer deutlicher
tritt Landschaftliches hervor. Großzügige. scharf-
kantig in eleganten Gesten geschnittene Bildzeichen
verteilen sich über die langformatigen Blätter
(schmale Breite mit verhältnismäßig großer Höhe)
der jüngsten Arbeiten. Da diese Zeichen sehr
sparsam verwendet werden und dem Schwarz (in
einigen Drucken spielt auch die Farbe. etwa ein
kräftiges Gelbrot oder ein dunkles, sattes Blau. als
Bildträger eine wichtige Rolle) breiter Raum ge-
währt wird. kommt eine ungeahnte Tiefe Zustande.
Die Zeichen. mehr zur Metapher einer rhythmi-
schen Komposition neigend. treten aus diesem
Fond heraus. liegen wie eine zweite Schicht auf
diesem auf. Dennoch sind es keine zweischichtigen
Kompositionen. Dadurch. daß Frenken auch den
Farbauftrag steuert. gelingt es ihm. die Grenze zu
verwischen.
War im Anfang noch die Maserung des Holzes zu
sehen. ergab sie in ihrem organischen Gewachsen-
sein ein optisches Bild des weitschwingenden Rhyth-
mus. so verliert sich dieses Kunstwollen bei den
späteren Arbeiten völlig. Der Farbauftrag wird
dicker. zähflüssiger. Er druckt sich nicht überall
gleichmäßig ab. läßt sanft gekörntes Weiß stehen
und bringt auf diese Weise eine flimmernde. atmo-
sphärische Struktur in die einzelnen Blätter.
Zum anderen lösen sich die Formen im Verlauf
ihrer Durcharbeitung noch weiter auf. Nicht mehr
der Linienrhythmus, sondern die Flachenkomparti-
mente sind aufeinander bezogen. Daraus haben
sich jene nebeneinondergereihten Bildzeichen ent-
wickelt, die zu Recht den Betrachter dieser späten
Drucke fesseln. Frenken selbst denkt ganz sicher
daran. eine feste Formensprache zu entwickeln.
mit einer durchaus austauschbaren Zeichen-
symbolik. ln der konsequenten Weiterentwicklung
solcher ldeenverkettungen würde dieser Weg zu
einer assoziativen Deutung führen. in der das
Unterbewußte ein entscheidendes Mitspracherecht
besöße. Schon Erschautes würde sich mit Neuem
verbinden. Vorgegebene Anhaltspunkte würden
die LESbClFkBll des Bildes erleichtern.
Noch stecken diese Versuche zu einer neuen
Sprache in ihren Anfängen. und doch zeichnet sich
ein bedeutender Aufbruch zu solchen Gedanken-
gängen ab. Eben diese werden als eine Abkehr von
den nervös sensiblen Anfängen gesehen werden
können. Das Bewußterwerden der Arbeiten be-
dingt eine Konkretisierung der Formensprache.
die dennoch nichts von ihrem ursprünglichen poeti-
schen Gehalt eingebüßt hat. Wenn Wil Frenken
derzeit mit dem Problem der übereinander-
gedruckten Holzschnitte beschäftigt ist (sie sollen
in Versuchsreihen vorerst auftransparentem Papier
gedruckt werden, um die Vlelschichtigkeit der
Formelemente zu untersuchen), so beschäftigt ihn
der Gedanke. die Ideen seiner Bildanalysen mit-
einander zu verknüpfen. Er ist an einem Wende-
punkt angelqpgt. Der Versuch einer großen Syn-
these hat begonnen. Einer Synthese, in der das
bisher Erforschte - und es darf heute schon als ein
bedeutender Beitrag bezeichnet werden - seine
erste Zusammenfassung erfahren soll.
11 Wil Franken. S XXX. Hlrnholl. 1963164. 30x3Zx5cm.
Kirsche, schwarz
12 Wil Franken, HclzrelielS IL, 1964165, 85x2Bx4cm.
Kirsche. schwarz