usmv Gurschner. Türklopfzr, Bronze, bez;
DCCCXCVII Gurschner Paris. H. 32 cm
uäbuv Gurschner. Aschenschule. Bronze, 1899.
cm
Franz Windisch-Graetz
LEBEN UND WERK DES
BlLDHAUERS GUSTAV
GURSCHNER
Das Atelier befindet sich im siebenten Wiener
Gemeindebezirk. Die Türe. durch die man es
betritt. ist mit einem bronzenen Klopfer (Abb.1)
in den typischen Formen der Kunst um 1900
geschmückt. Dieser Türklopfer ist wie ein Sesam-
öffne-dich. mit dessen Hilfe dem Eintretenden ein
Blick in die Vergangenheit gewährt wird. Hier.
in diesen vier Wänden. hat sich die Zeit, eine
mehr als ein halbes Jahrhundert. genauer, sieben
Jahrzehnte zählende Epoche. im Lebenswerk eines
Künstlers. in Bildern. Fotografien. Dokumenten
und Erinnerungsstücken, konkretisiert. Aber nichts
Museales haftet diesem Raum an. dessen Tische.
Abstellvorrichlungen und Wände bis hoch hinauf
zum Bersten angefüllt sind mit zahllosen Dingen.
die auf Personen und Ereignisse hinweisen. die
für uns längst Geschichte wurden; denn inmitten
aller dieser Zeugen seiner langjährigen Arbeit
steht der Künstler selbst. Gustav Gurschner, drei-
undneunzigjührig. die unvermeidliche Virginier
zwischen den Fingern. und wenn er. durch die
Fragen des Besuchers angeregt. lebhaft erzählt.
auf eine Portrötplastik, einen Denkmalentwurf
hinweist oder einen kunstgewerblichen Gegen-
stand im Stil der Jahrhundertwende zur Hand
nimmt. dann werden Namen. Fakten und Kunst-
strömungen. die für ihn erlebte Wirklichkeit be-
deuten. auch für uns, die Spütergeborenen, ver-
gegenwürtigt. Etwas von der einstigen Weite des
alten Österreich und von der zentralen Bedeutung
des damaligen Wien ist in diesem Atelier noch
spürbar. von dern aus die Werke Gurschners einst
in die entlegensten Kronldnder gelangten. ganz
abgesehen von Österreichischen Städten und aus-
ländischen Auftraggebern.
Angesichts des weltweiten Interesses. das bereits
seit mehr als einem Jahrzehnt demJugendstil.ganZ
allgemein der Kunst um 1900. entgegengebracht
wird. erscheint es wohl gerechtfertigt. sich näher
mit dem Leben und Werk eines Künstlers zu
befassen. der gerade zur Zeit der Jahrhundert-
wende nicht nur in Wien. sondern auch im Aus-
land seine ersten Erfolge verzeichnen konnte.
Gustav Gurschner erlebt somit. dank seines hohen
Alters. daß jene Kunstrichtung, der seine Jugend-
werke verpflichtet waren. von den nachfolgenden
Generationen der Söhne und mehr noch der
Enkel eine neue Bewertung erfährt. wobei das
Positive der Zielsetzung und des Bemühens nach
Jahrzehnten der Ablehnung oder des Vergessens
wiedererkannt wird.
Der Künstler stammt aus Tirol i. DafJ er im Jahre
1873 im bayerischen Mühldorfzur Welt kam. hing
mit dem Beruf seines Vaters zusammen, der dort
als Vermessungsingenieur bei Flußregulierungen
beschäftigt war. Nach Abschluß dieser Tätigkeit
übersiedelte die Familie wieder nach Bozen. wo
Gurschner von 1885 bis 1888 die Fachschule für
Holzindustrie besuchte. Nach drei Jahren riet ihm
jedoch sein Lehrer. an die Kunstgewerbeschule
nach Wien zu gehen: für ein so starkes Talent
hatte Bozen nichts mehr zu bieten. An der Kunst-
gewerbeschule des Österreichischen Museums für
Kunst und Industrie arbeitete er zunächst bei
Professor August Kühne (1888-1891) und wech-
selte dann zu Professor Otto König (1891-1894).
von dem er als Plastiker ausgebildet wurde.
Bereits während dieser Zeit konnte der junge
Kunslschiiler seinen ersten Erfolg in der Öffent-
lichkeit verzeichnen. Um das Studium und den
Aufenthalt in Wien bestreiten zu können. war
Gurschner gezwungen. als Zeichenlehrer Geld zu
verdienen. was aber für ihn keine Schwierigkeit
bedeutete; denn die Nachfrage war verhältnis-
mäßig groß. gehörte es doch zum damaligen
Bildungsideal der gehobenen Kreise, daß Mädchen
und junge Damen aus gutem Hause in der Musik
und in der Malerei dilettierten. Diese privaten
Verbindungen brachten Gurschner seinen ersten
Auftrag. eine Portrötbüste des Schauspielers
ANMERKUNGEN 175
' Die biographischen Angaben beruhen zum Großteil
auf persönlichen lnformulionen des Künsllers. Die
Bekanntschaft mil Professor G. Gurschner vermilielfe
Prinz Emanuel Liechlensiein, dem ich dalür auch an
dieser Sielle uufrichligen Dank sage.
' Kululog der XXlVJuhresausslellung in Wien. Künsller-
haus, Z1. März 1896. Nr. 521. "Gurschner Gusluv in
Wien. Gypsbüsäe. Poriräi des verstorbenen Komikers
Wilhelm Knack. Privalbesitz."
' Kurz vcrher halle sich Gurschner mil Alice Polluk vern
mühll. die unier dem Pseudonym Paul Nidcrl schrift-
sielierusch Iülig wur.
Folgerichlig gab er daher vielen seiner figural nur-
gelaßien kunsigewerblichen Erleugnisse. den Lampen.
Leuchiern usw" Namen, wie LB. Flui, der Wind.
Krafi, Lichkgeheimnis, Wahrheit u. dgl, m.
' Rupert Curubin (1862-1921), Alexandra Charpenlier
(185671901), Jeun-Augusl Dampf (1854-1946), Henri
Nocq (geb. 126a). Villä Vuilgreen 08554949). 7
Werke dieser Künsiler in: Maurice Rheims. Kunst um
1900. Schroll. Wien 1965.