Wilhelm Knaak (1894). Die Besteller waren so
zufrieden, daß sie die Ausstellung der Plastik im
Künstlerhaus beantragten. Ein ungewöhnlicher
Fall. da es den Statuten widersprach. Schüler-
arbeiten auf einer der großen Jahresausstellungen
zu zeigen. Diesmal wurde jedoch eine Ausnahme
gemacht und die Arbeit angenommen. Sie ge-
langte allerdings erst zwei Jahre später. als
Gurschner sein Studium bereits abgeschlossen
hatte. zur Ausstellung (1896):. Damals ereignete
sich eine Episode. die trotz ihrer Kürze unver-
geßlich im Gedächtnis des Künstlers haften ge-
blieben ist. Bei der Eröffnung. die von Kaiser
Franz Joseph vorgenommen wurde. hatten die
Künstler neben ihren Werken zu stehen. um dem
Monarchen. wenn er eine Frage stellte. selbst
Antwort geben zu können. So stand also auch
Gurschner neben seiner Büste. Zweiundzwanzig
Jahre alt und glatt rasiert, sah er im Kreise der
würdigen und der damaligen Mode gemäß zu-
meist bärtigen Herren noch bedeutend jünger
aus. als er war. Franz Joseph. in der Annahme.
den Sohn des Künstlers vor sich zu haben. frug
ihn, warum denn sein Vater nicht anwesend sei.
Als darauf der Präsident des Künstlerhauses
erklärte. der junge Mann wöre selbst der Künstler.
äußerte der Kaiser sein Erstaunen, und Gurschner
wurde. wie man damals zu sagen pflegte, eine
allerhöchste Belobigung zuteil.
Gurschner stellte mit dieser Arbeit unter Beweis.
daß er seine Lehrzeit wohl zu nutzen gewußt und
sich alle Voraussetzungen angeeignet hatte. um
nun den eigenen Weg zu gehen und als Künstler
die ihm gemäße Form zu finden und zu ver-
wirklichen.
Zunächst wurde er aber zum Militär einberufen
und absolvierte seine Dienstpflicht. wie konnte es
anders sein. bei den Kaiserjägern in Innsbruck
(1895l96). Dieser kurze Lebensabschnitt hätte
unerwähnt bleiben können. wäre nicht gerade
dem militärischen Element in Gurschners Leben
immer wieder eine so bestimmende Rolle zuge-
fallen. daii davon auch seine künstlerische Tätigkeit
vielfältige Anregungen erhielt.
Als Gurschner die Wiener Kunstgewerbeschule
verließ. hatte er sich zum Ziel gesetzt. als Groß-
plastiker tätig zu sein. Auch während eines kurzen
Aufenthaltes in München (1896) blieb er diesem
Vorsatz treu. Als er sich aber anschließend in
Paris (1897) niederließ J. trat er dort mit Künstlern
in Verbindung, die sich. ausgehend von der Klein-
plastik. hauptsächlich mit der künstlerischen Neu-
gestaltung von Gebrauchsgegenständen befaßten.
wobei es ihnen darum ging. diese Dinge in den
Rang von kleinen plastischen Kunstwerken zu
erheben". In erster Linie waren es Vallgreen.
Dampt und Charpentiers. deren Einfluß nun für
Gurschner bestimmend wurde. Sein jugendliches
Talent war von unerschöpflichem Einfallsreichtum
bei der Erfindung immer neuer Formen. Am
meisten aber fesselte ihn die Aufgabe. für die
Gestaltung der elektrischen Lampe. dieser damals
neuen Lichtquelle. auch andersgeartete. von der
herkömmlichen Beleuchtung abweichende und
ästhetisch ansprechende künstlerische Lösungen zu
finden. Für einen Plastiker wird stets die mensch-
liche Figur das zentrale Thema sein. Für Gurschner
und die anderen Pariser Künstler des Art Nouveau
blieb es dies auch bei ihren kunstgewerblichen
Arbeiten. ja sie wandten sogar dem Problem.
tigurale Motive mit einer zweckbedingten Ge-
brauchsfarm zu kombinieren. ihre besondere
Aufmerksamkeit zu. Dabei schien ihnen der
jugendliche Frauenkörper wegen seiner Anmut
und Biegsamkeit am geeignetsten zu sein, weil er
mit diesen Eigenschaften dem Grundprinzip des
Zeitstils. der in sanften Schwüngen geführten
Linie und den gleitenden Übergängen der Flächen.
am meisten entsprach.
Gurschner hatte im Rahmen des Pariser Art
Nouveau, dessen Sensibilität ihm homogen war.
und bei der Verwirklichung neuer Aufgaben seinen
eigenen Stil gefunden. Bald stellten sich auch die
ersten Erfolge ein. Als er sich an der Ausstellung
im Salon du Champ de Mars beteiligte. erwarb
das Musee Galliera einige seiner Arbeiten; dar-
unter auch einen Türklopfer. ein Thema. das