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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 87)

Wilhelm Knaak (1894). Die Besteller waren so 
zufrieden, daß sie die Ausstellung der Plastik im 
Künstlerhaus beantragten. Ein ungewöhnlicher 
Fall. da es den Statuten widersprach. Schüler- 
arbeiten auf einer der großen Jahresausstellungen 
zu zeigen. Diesmal wurde jedoch eine Ausnahme 
gemacht und die Arbeit angenommen. Sie ge- 
langte allerdings erst zwei Jahre später. als 
Gurschner sein Studium bereits abgeschlossen 
hatte. zur Ausstellung (1896):. Damals ereignete 
sich eine Episode. die trotz ihrer Kürze unver- 
geßlich im Gedächtnis des Künstlers haften ge- 
blieben ist. Bei der Eröffnung. die von Kaiser 
Franz Joseph vorgenommen wurde. hatten die 
Künstler neben ihren Werken zu stehen. um dem 
Monarchen. wenn er eine Frage stellte. selbst 
Antwort geben zu können. So stand also auch 
Gurschner neben seiner Büste. Zweiundzwanzig 
Jahre alt und glatt rasiert, sah er im Kreise der 
würdigen und der damaligen Mode gemäß zu- 
meist bärtigen Herren noch bedeutend jünger 
aus. als er war. Franz Joseph. in der Annahme. 
den Sohn des Künstlers vor sich zu haben. frug 
ihn, warum denn sein Vater nicht anwesend sei. 
Als darauf der Präsident des Künstlerhauses 
erklärte. der junge Mann wöre selbst der Künstler. 
äußerte der Kaiser sein Erstaunen, und Gurschner 
wurde. wie man damals zu sagen pflegte, eine 
allerhöchste Belobigung zuteil. 
Gurschner stellte mit dieser Arbeit unter Beweis. 
daß er seine Lehrzeit wohl zu nutzen gewußt und 
sich alle Voraussetzungen angeeignet hatte. um 
nun den eigenen Weg zu gehen und als Künstler 
die ihm gemäße Form zu finden und zu ver- 
wirklichen. 
Zunächst wurde er aber zum Militär einberufen 
und absolvierte seine Dienstpflicht. wie konnte es 
anders sein. bei den Kaiserjägern in Innsbruck 
(1895l96). Dieser kurze Lebensabschnitt hätte 
unerwähnt bleiben können. wäre nicht gerade 
dem militärischen Element in Gurschners Leben 
immer wieder eine so bestimmende Rolle zuge- 
fallen. daii davon auch seine künstlerische Tätigkeit 
vielfältige Anregungen erhielt. 
Als Gurschner die Wiener Kunstgewerbeschule 
verließ. hatte er sich zum Ziel gesetzt. als Groß- 
plastiker tätig zu sein. Auch während eines kurzen 
Aufenthaltes in München (1896) blieb er diesem 
Vorsatz treu. Als er sich aber anschließend in 
Paris (1897) niederließ J. trat er dort mit Künstlern 
in Verbindung, die sich. ausgehend von der Klein- 
plastik. hauptsächlich mit der künstlerischen Neu- 
gestaltung von Gebrauchsgegenständen befaßten. 
wobei es ihnen darum ging. diese Dinge in den 
Rang von kleinen plastischen Kunstwerken zu 
erheben". In erster Linie waren es Vallgreen. 
Dampt und Charpentiers. deren Einfluß nun für 
Gurschner bestimmend wurde. Sein jugendliches 
Talent war von unerschöpflichem Einfallsreichtum 
bei der Erfindung immer neuer Formen. Am 
meisten aber fesselte ihn die Aufgabe. für die 
Gestaltung der elektrischen Lampe. dieser damals 
neuen Lichtquelle. auch andersgeartete. von der 
herkömmlichen Beleuchtung abweichende und 
ästhetisch ansprechende künstlerische Lösungen zu 
finden. Für einen Plastiker wird stets die mensch- 
liche Figur das zentrale Thema sein. Für Gurschner 
und die anderen Pariser Künstler des Art Nouveau 
blieb es dies auch bei ihren kunstgewerblichen 
Arbeiten. ja sie wandten sogar dem Problem. 
tigurale Motive mit einer zweckbedingten Ge- 
brauchsfarm zu kombinieren. ihre besondere 
Aufmerksamkeit zu. Dabei schien ihnen der 
jugendliche Frauenkörper wegen seiner Anmut 
und Biegsamkeit am geeignetsten zu sein, weil er 
mit diesen Eigenschaften dem Grundprinzip des 
Zeitstils. der in sanften Schwüngen geführten 
Linie und den gleitenden Übergängen der Flächen. 
am meisten entsprach. 
Gurschner hatte im Rahmen des Pariser Art 
Nouveau, dessen Sensibilität ihm homogen war. 
und bei der Verwirklichung neuer Aufgaben seinen 
eigenen Stil gefunden. Bald stellten sich auch die 
ersten Erfolge ein. Als er sich an der Ausstellung 
im Salon du Champ de Mars beteiligte. erwarb 
das Musee Galliera einige seiner Arbeiten; dar- 
unter auch einen Türklopfer. ein Thema. das
	        
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