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ld Tenicrs Il. Trinkcr und Spieler
der Sommerausstellung 1966 dcr
phisehen sammiung AIDCFIIFIG,VVICF1)
rges Rouault, Radierung aus dem
lus ..Miserere et querre"
o Picasso. Traum und Lüge Francos
inio Berrll. Der Oberst. Material-
k
i.6 E aus der Ausstellung im Kunst-
aus Enllügierle Kunst Gesell-
rtskritisehe Graphik seit odvai
1 in die rruiilahrsausstellung im
wer Künstlerhaus Kollektive Kurt
rls
FESTWOCHEN IN WIENER MUSEEN
UND GALERIEN
oall die wiener Festwochen in immer stcir-
kerem Maße auch zu Festwochen der bil-
denden Kunst werden, ist eine Tatsache,
die man in den letzten Jahren mit wachsender
Genugtuung registrieren kannte.
Das Jahr was. brachte abermals eine Kom-
primlerurig dieses Trends. Das Uberangebot
an Ausstellungen in Museen und Galerien
hat freilich auch zur Folge, daß an dieser
Stelle nur ein Teil des Gebotenen besprochen
werden kann.
Neben der glänzend besuchten. vom Kultur-
amt der Stadt Wien veranstalteten Toulouse-
Lautrcc-Ausstellung im Österreichischen
Museum fur Angewandte kunst. der kultur-
historisch bedeutenden Ausstellung „Kaiser
Friedrich lll. e Kaiserresidenz wiener Neu-
stadt" in wicner Neusiadl und der ebenfalls
graliarligen Ausstellung .,kunst und Kultur
der Etrusker" im wiener vaikerkunde-
museum zahlten die im folgenden angeführ-
ten großeren und kleineren Exposllloneri
zu den wichtigsten und verdienslvollsten
Ereignissen dieses samrners.
ALBERTINA:
Meisterzeichnungen aus eigenen Be-
stünden
Dank ihrer einzigartigen Bestände ist
die Wiener Albertina wie keine zweite
österreichische Graphiksammlung dazu
prädestiniert, Ausstellungen von inter-
nationalem Rang zu veranstalten. Auf
Grund zielbewußter Planung und Ko-
ordination gab es in den letzten Jahren
auch eine Reihe solcher Ausstellungs-
vorhaben zu verzeichnen. Sie alle
werden jedoch durch die als Fest-
wochenbeltrag der Albertina gedachte
Sonderausstellung von Handzeichnun-
gen und Aquarellen übertroffen, einer
126 Werke umfassenden, nach Tech-
niken gegliederten, Überaus bedeut-
samen Exposition, die noch bis 16. Ok-
tober 1966 geöffnet bleibt.
Bestimmend für die Initiative dazu war
vor allem der von Ausländern oft
geäußerte Wunsch, während der Som-
mermonate Gelegenheit zu bekommen,
Arbeiten der ersten Garnitur der welt-
berühmten Bestände des Hauses im
Original zu sehen. Abgesehen vom
rein ästhetischen Genuß und den
bildenden Möglichkeiten dieser von
Nora Keil zusammengestellten Aus-
stellung, gibt die Schau aufschluß-
reichen Einblick in die wichtigsten
originalgraphischen Techniken, ob es
sich nun um Feder-, Silberstift-, Kohle-.
Kreide- oder Bleistiftzeichnungen han-
delt, um Aquarelle, Deckfarbenmale-
reien oder Pinselzeichnungen.
Das Material wird chronologisch dar-
geboten. Ein informativer, absichtlich
knapp gehaltener Katalog, dessen Texte
sich ohne großen Zeitaufwand auch
während des Ausstellungsrundganges
lesen lassen, ist um 25 S erhältlich.
Es gibt keine Technik in der bildenden
Kunst, die spontaner, unaufwendiger,
offener und somit charakteristischer
die Persönlichkeit eines Graphikers,
Malers, ja selbst eines Bildhauers um-
reißt als die Zeichnung. Vorzüge
werden durch sie ebenso klar erkennbar
wie gestalterische Schwächen. Die der
Zeichnung innewohnende Askese der
bildnerischen Mittel zwingt den Künstler
zu äußerster Knappheit und Verdich-
tung.
Man macht diese Beobachtung bei
einer um 1637 entstandenen ,.Drei
Elefanten mit einem Wärter" betitelten
Steinkreidezelchnung Rembrandts ge-
nauso wie etwa bei der rhythmisch
ausgewogenen Studie Raffaels zur
..Caritas" der Predella in der Pinako-
thek des Vatikans oder bei Zeichnungen
moderner Meister, dem ,.Sltzenden
Mädchen" Oskar Kokoschkas, einer
Tierstudie Ludwig Heinrich Jungnickels
und der „Badenden" Renoirs, einer
besonders schönen, weichen und an-
mutigen Zeichnung des bedeutenden
lmpresslonlsten.
Als Vorlage für einen Kupferstich ent-
stand 1556 Pieter Bruegets köstliche
Federzeichnung „Die großen Fische
fressen die kleinen". eine dem popu-
Iären Thema wirklich entsprechende
Arbeit, die trotz vieler erzählender
Details in ihrer Gesamtheit klar über-
schaubar bleibt. Das benachbarte,
fälschlicherweise mit „BruegeI" sig-
nierte Blatt von Hieronymus Bosch.
,.Der Baummensch", gilt als zeich-
nerische: Hauptwerk dieses .,Ahn-
herrn" heutiger Surrealisten und Phan-
tasien, der als erster Niederländer den
selbständigen Rang der Zeichnung
erkannt und durchgesetzt hat,
Wird die vor allem im 15. und 16. Jahr-
hundert viel verwendete Technik des
Silberstlftes nur durch wenige Beispiele
aufgezeigt (Dürer, Pisanello, Leonardo
da Vinci), so bieten sich unter den
zahlreichen Kohle-, Krclde- und Blei-
stiftzeichnungen wesentlich umfang-
reichere, bis zur museumsrelfen Mo-
derne reichende Vergleichsmöglich-
ketten.
Die erlesene Qualität der meist vor-
züglich erhaltenen und bewahrten
Aquarelle dieser Auswahl. darunter
Dürers feinst gemalte kleine Ansicht
von Innsbruck, Altdorfers „Gebirgs-
landschaft". eine tonige Studie Frago-
nards. Rudolf von Alts Ansicht von
Dürnstein sowie ein Blumenaquarell
Noldes. kann allein schon als ein
Ereignis gewertet werden. das den
Weg in die Albertina unbedingt lohnt
(Abb. 5).
KÜNSTLERHAUS:
"Engagierte Kunst m gesellschafts-
kritische Graphik seit Goya"; eine
Wanderausstellung mit der Route Wien.
Graz. Alpbach (19. VIII. v8. IX. 1966)
und Linz (Neue Galerie, 17. IX. bis
30. X. 1966)
Als ein in vielem aktueller und aufschlufl-
reicher Diskussionsbeitrag latlt sich die von
der Direktion der Wiener Fcstwachen voran-
stalletc Wanderausstellung "Engagierte
Kunst gesellschaftskritische Graphik SCtl
Goya" charakterisieren, dic e auf ihrcr
ersten statian r bis 3. tuli im Französischen
Saal des Wiener Kunstlcrhauses zu sehen
war.
An Hand van 384 graphischen Blättern und
etwa 70 Plakaten von insgesamt 170 Künstlern
aus beinahe alten Lcindern Europas wird mit
dieser Ausstellung der Versuch unternommen,
Wesen,Wirkungsbereich.qeschlchtlichesowie
gegenwartiab Nloqllchkeiten und Tendenzen
geselIschofts- und zetlkrilischcr Kunst der
letzten 150 Jahre panoramaartlg dem Be-
sucher nahozubringcn. Die erstaunliche Viel-
falt und Vlelscitigkeit der Schau ist zweifellos
ein Positivurri, werinschon die beengten raurn-
Ilchen Verhältnisse zumindest in Wien SiVtQ
umtangmdrlige Reduzierung und eine stren-
gere. dem verstehen von Zusammenhängen
und Entwieklungsverlauten cntgegenkam-
mendere Siebung erfordert hatten.
Man kannüberdenBcgriff.,EngagierteKunst"
nicht nur in bezug aul diese Ausstellung
streiten, weil Kunst grundsätzlich ohne
echte innere Beteiligung, ahne "Engage-
ment" des sehattenden unmogllch und un-
verbindlich ware und daher das Adjektiv
irengüglerl" überhaupt nicht natwendig hat,
Halt man sich jedoch stärker an den Unter-
titel der Ausstellung und betrachtet man
unter diesem Aspekt die vargenamrnene
Auswahl, so wird man allerdings Sinn und
Berechtigung des gesamten Unternehmens
kaum in Frage stellen.
oie Eckpfeiler der Ausstellung und zugleich
ihre künstlerischen Höhepunkte sind zumeist
die auch quantitativ herausgehobenen histo-
rtschen Beitrage: Goyas Radierungen aus
den Zyklen ,.Los Caprichas" (1793-1798)
und „Los desastres de la Guerra" (1810-1820),
Daumiers sozial- und gesellschaftskritische
Lithographien, Blätter von Hogarth, George
Grosz (leider nur Repraduktianen), Otto DIX,
Kathe Kollwltz und Georges Rouault, der
in seinen großartigen, ausdrucksstarken
Radierungen zu „Mlserere et guerre" jene
Adaauanz zwischen thematischem Anliegen
und bildnerischer Umsetzung erreichte, die
vielen .,Engagierten" seit der Hochblüte der
expressionistischen Graphik abgeht.
Manets1B71 entstandene Lithographien ,.Der
Bürgerkrieg" und „Die Barrikade". Kokosch-
kas bekanntes Blatt für Garcia Lorcci. Ensors
Radierungen. rieassas graphisch erregende
Anklagen gegen Franco (1937) sawie Kubins
lavierte Zeichnungen, unter denen die
vorausahnenden „Braunen Kolonnen" von
1933 besondere Beachtung verdienen, zählen
ebenfalls zum Wichtigsten der durch Leih-
gaben von nahezu fünfzig Museen und
Galerien unterstützten Ausstellung,
Lokalhistorisches. dialektgefarbtes Kolorit
kommt in ähnlicher Weise in den bitter-
humorigen Blättern Heinrich Zilles aus dem
,.Milljoh der Berliner Elendsviertel" zum
Ausdruck wie in den nicht minder typischen
und witzigen Lithos von Pettenkofen und
Zarrlpis aus dem Wien des Jahres 1848.
Radierungen von Max Ktinger uberrasehen
gelegentlich durch einen wirkungsvollen
Realismus. Tuschezeichnungen der deutschen
Nonne Elisabeth von Schulenburg durch
die Intensität der weitgehend abstrahierten
Darstellungen von Szenen aus Konzentra-
tionslagern und die in diesen Blattern er-
reichte allgemein giiltige Aussage.
Auf verhaltnismaßig hohem Niveau stehen
auch viele Graphiken österreichischer Künst-
ler. die gegenuber manchen allzu vorder-
grundigen und künstlerisch kaum bedeutungs-
vollen Beiträgen aus dem Ausland vorteilhaft
bestehen. Die zeitkritischen Collagen des r
viel zu wenig bekannten - Oberosterreichers
Wilhelm Traeger und des Wieners Citrt
Stenvert, die papartistisch-surrealen Farb-
lithos und Siebdrucke Hans Krenns, Kurt
Moldovans spannungsreiche Rohrfederzelch-
nungen aber auch Maria Lassnigs klein-
formatlge,sarkastischeKaltnadelradierungen.
die ebenfalls mit neueren, der Pop-Art nahe-
siehenden realistischen Gestattungstendenzen
bekannt machen, sind in diesem Zusammen-
hang an erster stelle zu erwähnen.
Von Andre Verlon, einem der Mitorgani-
saiaren der Ausstellung. sieht man ein in-
haltsreichesi aktuelles Zeitbild unter dem
Titel „Nur weiße Männer". von dem Wiener
Autodtdokten Erich Fischer die beiden zu-
einander kontrastierenden Zeichnungen ,.Be-
freier" und „Gruppe aus dem Wohlfahrts-
staat". zwei gekonnte Arbeiten, die nach-
drücklich auf Fischer hinweisen. Axl Lesko-
sehek ist mit Linalschnitten aus seinem jüngst
entstandenen „Kain-Zyklus" vertreten. Be-
achtung verdient schließlich auch noch die
vam osierreteher R. Ripper stammende
Reihe von Radierungen zum Thema ..Wipe
out infamy". für die ihr Autor politische
vertalgung und Freiheitsentzug unter dem
nationalsozialistischen Regime aufsich nehmen
mulite.
Wenn auch in vielen Beispielen dieser inter-
nationalen Gruvoenaussieiluns- für die
Walter Kosten als Hatiptverantwortlicher
zeichnet, das Engagement. das außerkünst-
Ierische Wollen überwiegt und die Kunst
selbst oft auf der Strecke bleibt. so zeigt die
iungste Periade doch wieder mehr als bloß
Ansatze einer von der Form wie vom Inhalt
her geprägten, zeitgemäßen weiterent-
wicklung. Die durch die Abstraktion. den
Surrealismus und diverse andere Strömungen
der Moderne gewonnenen Erkenntnisse
Finden in vielen CEuvres deutlichen Nieder-
schlag und bestätigen in diesem Zusammen-
hang nur die Ansicht, daß auch engagierte
Kunst ihre schöpferischen Impulse primar
vom rein Blldnerischen und seinen Gesetz-
mäßigkeiten her empfängt und nicht von
jenen Ereignissen und Fakten, zu denen der
Graphiker oder Maler durch sein Gewissen
genaiigt Stellung nimmt. Denn nicht die
Thematik ist es, auf die es ankommt. sondern
einzig und allein die bitdnerische Umsetzung;
- ein Faktum, das gerade von jenen immer
wieder übersehen wird. die Kunst und Politik
aus mehr oder minder durchsichtigen Mo-
tiven nicht voneinander trennen (Abb. 6m8).
Frühjahrsaustell ung
Die traditionellen Frühjahrs- und Herbst-
ausstellungen des wiener Künstlerhauses zu
rezensieren, war fur den Kritiker in den
letzten Jahren alles eher denn ein Vergnügen.
lnhall und Darbietung dieser obligaten ver-
anstaltungen waren auf einem Niveau
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