BUCHBESPRECHUNGEN
Klara Garal. Franz Anton Maulberhclt.
Amalthea-Verlag. Wien 1960
Wir haben der Verfasserin zu gratulieren
und sehr zu danken. Ihr Buch ist eine vor-
bildliche Leistung und vorzügliche Darstellung
des Lebens und Werks des größten deutschen
Barockmalers. des in Langenargen am
Bodensee geborenen Franz Anton Maul-
bertsch. der einen wesentlichen Teil seines
spdteren Werkes für Ungarn und Mähren
geschaffen hat. Dies allein schon legitimierte
die Autorin für ihre Arbeit. Sie fLlllt, wie
mansozu sagen pflegt - nein. diese Platitüde
steht durchaus zu Recht - nicht nur eine
seit langem schmerzlich empfundene Lücke.
nachdem mehrfache Anläufe steckengeblie-
ben waren. bietet ihre Arbeit viel mehr als
eine landläufige Biographie. Mit 332 Ab-
bildungen und 16 Farbtafeln - sie könnten
wesentlich bser sein - ausgestattet. be-
handelt Klara Garas' Buch in 5 Kapiteln
auf 160 Seiten die Etappen und Jahrzehnte
von Moulbertschs bürgerlichem und künstle-
rischem Lebensweg. es geschieht ebenso
ausführlich und gründlich wie kritisch. In
einem 6. Kapitel werden noch Maulbertschs
Nachfolge und Nachruhm gewürdigt. Danach
folgen beinah nochmals so viele Seiten wie
zuvor mit 3 eingehenden Werkverzeichnissen.
geordnet nach den Werken in chronologischer
olge. nach nicht datierbaren und nicht
näher bekannten Werken. nach dem Meister
fälschlich zugeschriebenen Werken. folgen
knapp S0 Seiten Dokumente und Regesten.
Bibliographien. Zeittafetn. Verzeichnisse. Und
voran steht eine temperamentvolle Vorrede
von Oskar Kakoschka. in der das Licht-
erlebnis als das primäre künstlerische Erbgut
des Menschen angesprochen und Maul-
bertsch als einer der größten Interpreten
efeiert wird.
ie Dokumente und Regesten. die zum nicht
geringen Teil von der Verfasserin in jahre-
langer Arbeit zusammengetragen worden
sind. erlaubten ihr Werk und Leben über-
zeugend und sorgfältig detailliert darzu-
stellen. Sa steht nun - um nur 2 Beispiele
zu nennen - das Entstehungsiahr (1769)
für die Fresken in der ungarischen Hof-
kanzlei und das (1767 für die Karmeliter-
kirche Seekesfehervar est. Und zum anderen
sehen wir. daß Maulbertsch. dieser genialste
Maler des deutschen Barock. das Leben eines
fleißigen. aber auch sehr geschickten und
angesehenen Bürgers geführt und sich am
Ende sogar mit der kühlen Atmosphäre des
Kunst in Hessen und am Mittelrhein Schriften
dlr hessischen Museen. 1 und 1. sowie Baittaft.
Darmstadt 1?61. Eduard Roether Ver-
lag. 146 und 66 Seiten mit zahlreichen
Abbildungen
Das Vorwort betont. daß den hessischen
Museen bisher ein gemeinsames Publikations-
organ gefehlt hat. Die Hefte sollen kunst-
geichichtliche Aufsätze über die Kunst in
Hssen und arn Mittelrhein. sollen Berichte
über die wissenschaftliche Arbeit der Museen.
über Neuerwerbungen usw. bringen.
Demzufolge referiert der 1 + Z Doppelband
im rückwärtigen Teil über Personalien.
Ausstellungen. Publikationen und Erwer-
bungen der Museen. Es sind die Museen in
Darmstadt. Bad Homburg, Kaxel. Marburg.
Offenbach. Wiesbaden sowie der Kunst-
verein in Frankfurt. Zuvor bringt der Band
B Aufsätze. Wir nennen die wichtigsten.
Wolfgang Beeh untersucht die Muttergottes-
statue aus Schiffenberg (Darmstadt). Binding
erweist die ehemalige Prämonstratenser-
kirche Konradsdorf samt dem erhaltenen
Wohnbau als Schöpfungen des s äteren
11. Jahrhunderts. Gerhard Bett verö entlicht
wiedergefundene Figuren von Ferdinand
Dietz aus Seehof und widmet den Stilleben-
malern Isaak Soreau und Peter Binoit einen
ausführlichen. grundlegenden Aufsatz. Erich
Herzog veröffentlicht eine Verspottungsgruppe
des 17. Jahrhunderts. Gisela Bergsträsser und
Lisa Oehler besprechen Zeichnungen. Das
Beiheft ist Erich Wiese zum 70. Geburtstag
und Hans Vogel zum es. Geburtstag gewidmet.
Es bringt Aufsätze über die beiden Jubilare.
Bibliographien ihrer Schriften sowie aus-
führliche Berichte über die Erwerbungen
während ihrer Dienstzeit als Direktor des
Hessischen Landesmuseums in Darmstadt der
eine. als Direktor der Staatlichen Kunst-
sammlungen in Kassel der andere. Beide
Hefte sind vorzüglich bebildert und in eine
angenehme moderne Farm gebracht.
A. Stange
Hain: von Mackawitz. Wilfried Kirschl. (..A I te
und neue Kunst in Ttrol". hrsg. v.
Kunslhistorischen Institut der Uni-
versitat Innsbruck). Innsbruck o. J..
4 Textseiten. Z3 z. T. farbige Abbn
Verzeichni e. Brosch.
Der Autor. Assistent von Univ.-Prof. Dr. Otto
v. Lulterotti. war mit Erfolg bemuht. Lebens-
weg, Entwicklung und wesen da Menschen
und Malers Wilfried Kirschl nachzuzeichnen.
Kirschl. 1930 in Wörgl geboren, war in
Wien Schüler von Dobrowsky und Eoeckl
und Studienkollege von Hrdlicka. Schön-
wald. Mikl. Hollegha. Klima und Drexel.
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aufkommenden Klassizismus abzutinden ver-
standen hat. Man war geneigt. hier eine
tragische Entwicklung. Leid und Entsagung
zu vermuten. wie wäre es anders möglich.
bei diesem nie um eine persönlich originelle
und zumeist auch originale Lösung ver-
legenen Malert - nichts dergleichen zeigen
die überkommenen Nachrichten van seinem
Leben. lassen auch die späten Werke spüren.
Bald wird deutlich. daß man mit der üblichen
Terminologieund Gliederung nicht auskommt.
um Maulbertschs Kunst und Entwicklung.
um seine Stellung im 1a. Jahrhundert. in um
dieses selbst zu verstehen. Die Entwicklung
war um vieles komplizierter. differenzierter
und zugleich verquickter. als es die meisten
Darstellungen wahrhaben wollen. Das macht
gerade Maulberlschs Kunst. machen Werke
wie die Fresken in der Pfarrkirche zu Papa
von 1732 bis 1783 und das herrliche Selbst-
bildnis in Wien aus seinen letzten Lebens-
jahren eindrucksam deutlich. Um da zu
einem gerechten. Zeit und Mensch wirklich
begreifenden Urteil zu kommen. wird eine
ähnliche Revision nötig sein. wie sie heute
gegenüber dem 12. und nicht nur disem
einen mittelalterlichenJahrhundert im Gange
Klara Gctros hält sich von solchen Über-
legungen frei. und das ist nicht zuletzt das
Glück ihres Buches. Sie sagt es am Ende.
daft eine interpretierende Charakteristik und
Deutung nur auf Grund einer das gesamte
Jahrhundert und alle Zweige da künstle-
rischen und geistigen Lebens umfassenden
Uberschau möglich sein kann. Vielleicht ist
ihre Diktion mitunter etwas konventionell.
nüchtern-sachlich ist überhaupt das Buch.
Es bietet nur Tatsachen. aber gerade deshalb
ist es ein Buch. wie wir es heute dringlich
brauchen. Maulbertsch steht nun sehr klar
und überschaubar vor uns. Einiges mag noch
hinzukommen: einen ersten Nachtrag hat
die Verfasserin schon selbst geliefert. Nur
wenig wird sich an der Darstellung noch
ändern. die die Autorin uns vorgelegt hat.
sie legte einen soliden Baustein. auch um
später zu einer Deutung von Maulbertschs
Werk und seiner Zeit zu gelangen. Freilich
verlangt die Lektüre etwas Verzicht und
Fleiß; sehr viel mehr von beidem hat Klara
Garas aufbringen müssen. um uns dieses -
weiß Gott - nach menschlichen Ermessen
wenn nicht erschöpfende. so doch grund-
legende Werk in die Hände zu geben.
A. Stange
Zahlreiche Auslandsreisen und Aufenthalte.
vor allem in den Westen und Süden Europas
trugen zur Formung und Festigung von
Kirschls Bildwelt entscheidend bei.
Kirschl ist ein Maler des Gegenstandes und
der Wirklichkeit. die freilich auch bei ihm
in gewissem Maß durch den heute so aktuellen
Filter der "Verfremdung" gesehen wird. Für
dieses Moment besonders bezeichnend sind
die mit großer Delikatesse und einem
Maximum an uberlegung gebauten Still-
leben. die immer wieder an die Kunst
Morandis denken lasen. Kirschl: Malvortrag
ist pastas. bevorzugt - fast möchte man
sagen: aber e pastellortige Töne. Es scheint.
als hätte sich die Palette des nstlers gerade
in allerletzter Zeit erhe h gelichtet.
während anderseits viel Geometrie und
damit ein starkes Moment der Bildverfestigung
in seine Arbeiten einzag.
Die Einführung von Mackowitz zeichnet
sich durch Klarheit. Gewissenhaftigkeit und
vor allem durch völliges Hintansetzen eigener
literarischer Ansprüche aus. sie ist ganz
"Dienst an der Sache" und unterscheidet
sich in der Schlichtheit der Diktion wohl-
tuend van jenem Kunstkritiker-Kouderwetsch.
in dem Kleinpublikationen dieser Art nur
allzu gerne abgefaltt werden.
Ernst Koller
D'Ars Agency. Anna vll. Nr. 1-2. Milano
196a.
Diesem Doppelheft der von uns schon des
atteren hervorgehobenen Kunstrevue kommt
diesmal besondere Bedeutung zu. Neben die
üblichen Informationen über Künstler und
Ausstellungen. neben die Korrespondenten-
berichle aus dem ln- und Ausland tritt ndm-
lich eine ausführliche Behandlung der Länder-
beiträge zur XXXIII. Biennale in Venedig.
Einleitende Worte verfaßte Umbro Apollonio.
der Reigen der Lünderberichte wird von
einer Reportage über den Beitrag der
Vereinigten Staaten eingeleitet. Auch Oster-
reich. für das wie immer Kristian Sotriffer
berichtet. ist in würdiger Weise repräsentiert.
Allen denjenigen. denen (wie dem Autor
dieser Zeilen) die Biennale zum Halse heraus-
hängt, bedeuten die Berichte van ..D'Ars
Agency" eine gewaltige Ersparnis. machen
sie doch eine Fahrt nach Venedig über-
flüssig.
Der zweitwichtigste Graßbeitrag bezieht sich
auf den 15. Internationalen Kongreß der
Kunstkritiker und -gelehrten. der diesmal
in Verrucchio stattfand. Giulia Carlo Argan
berichtete zum Thema "Volkskunst als
moderne Kunst". ltalo Tomassoni schrieb
über "Volkskunst und technologische Kunst".
Ernst Köller
Maria Zlinlzky-Sternllii Renaissance-lntar-
sian im alten Ungarn. Carvina Verlag.
Budapest. 1966. 69 Seiten Text. 21 Ab-
bildungen im Text. 4B Bildtafeln.
Leinen
Das kleine Buch ist einem Teilgebiet aus der
Geschichte des euroDöischen Mobitiars ge-
widmet. das ohne Zweifel als ein Ruhmes-
blatt der ungarischen Kulturgeschichte be-
zeichnet werden kann. Das ist nicht zuviel
gesagt. Nur der Mangel an fremdsprachigen
Publikationen zur ungarischen Möbelkunst
macht es verständlich. daß die so bedeutende
tntarsienkunst. die in den Ländern der
St.-Stephans-Krane zur Zeit der Renaissance
eine hohe Blüte erlebte, bisher im Ausland
nur wenig bekannt war. Um so verdienst-
voller ist daher die Herausgabe dieser
ausgezeichneten Spezialstudie von Maria
Zlinszky-Sterrtegg. die als Kustos der Möbel-
sammlung am Museum für Kunstgewerbe
in Budopst tätig 'sl. - Angesichts der künst-
lerischen Qualität er in den Randgebieten
des ehemaligen Königreiches erhalten ge-
bliebenen Zeugnisse des hier behandelten
Kunstzweiges wird wieder etnmal deutlich,
welch unschätzbaren Verlust die europäische
Kultur durch die völlige Vernichtung der
zur Zeit ihrer Errichtung weithin berühmten
Ofener Burg des Königs Matthias Corvinus
erlitten hat. Die engen Kontakte mit Italien,
die bereits unter den beiden Herrschern
aus dem Hause Anjou und unter Sigismund
von Luxemburg bestanden. wurden von
König Matthias. einem in jeder Beziehung
typischen Renaissoncefürsten. noch weiter
intensiviert. Dank seiner Verbindung mit
Florenz kam kein Geringerer als Etenedetto
da Maiano an den Hof von Buda. wohin
1479 auch andere Kunsttischler und lntar-
siatoren aus der Arnostadt verpflichtet
wurden. Sie alle standen mehr oder weniger
unter dem Einfluß der von Francesco di
Giovanni di Matteo. genannt Francione. zu
höchster Meisterschaft entwickelten toska-
nischen bzw. florentinischen ..arte nuova".
der Intarsia. Während die von den Italienern
in der ungarischen Hauptstadt geschaffenen
Werke. wie schon gesagt. zerstört wurden.
haben einige nach deren Vorbild ausgeführte
Arbeiten in der Provinz die Zeiten über-
dauert. Es handelt sich fast durchwegs um
Chorgestühle in Kirchen nordungarischer
Bergstädte heute Slowakei). so vor allem
in taarlra ( ardeiov). Löcse (Levaca) und
Kesmdrk (Kezmarok) sowie außerdem im
Dorn von Agram. Alle diese Arbeiten gehen
auf nichtitalienische Meister zurück. Das
prachtigste Werk. ein insgesamt fünfzig
Stallen umfassendes Chorgestithl aus Nyfr-
bator (Ostungarn). wurde in den Jahren 1507
bis 1511. allerdings von einem Italiener.
der F. Marone signierte. ausgeführt. Die
einzelnen Felder der Rückwand sind mit den
für die mittelitalienische lntarsia so bezeich-
nenden illusionistischen Motiven. perspek-
tivischen Darstellungen von halbgeöffneten
Schränken mit verschiedenen Geräten. und
außerdem mit Grotesken verziert. i Nir-
gends außerhalb Italiens, weder in Spanien,
Frankreich oder Deutschland. gab es in den
ersten zweieinhalb Dezennien des 16. Jahr-
hunderts eine dem toskanischen Vorbild
thematisch so verwandte und qualitativ so
vergleichbare lntarsienkunst wie in Ungarn.
Das ist das gewißfürviele Leser überraschende
und faszinierende Ergebnis dieses mit größter
wissenschaftlicher Genauigkeit zusammen-
gestellten und mit instruktiven Illustrationen
ausgestatteten Buchs. - Auf die nach
ltolien orientierte Phase der ungarischen
Renaissance folgte dann in der Z. Hälfte des
16. Jahrhunderts eine unter deutschem Ein-
flult stehende Periode.
Franz Windisch-Graetz
EINGELANGTE BÜCHER:
Aus dem Verlag Hans Carl, Nürnberg:
Ursula Pfistermeister. Verborgene Kost-
barkeiten. Bd. 5. Rund um München
(Süd). 104 Seiten. 48 Abbildungen.
Halbleinen. 1966. DM 8.80
Wilhelm Schwemmer. Johann Adam
Klein - Ein Nürnberger Meister des
19. Jahrhunderts. 96 Seiten, 30 Ab-
bildungen, 4 farbig. Pappband. 1966.
DM 19.-
Marianne Haraszti-Takdcs. Spanische
Meister. 30 Seiten Text, 48 Farbtafeln.
Carvina Verlag. Budapest 1966