7 Einblick in cin „Kunsl- und Naxurulienkrllrirlen". Von
Guiseppc Mirelli (1634-1118) gestochcncs Titelblatt
zus Lorenzo Legari „Minen Coxpiana rmexxu n quelle del
fnmoso Ulixsz Aldmllundi" Bologna 1677. das Ferdinando
Cospi seiner Vaterstadt zum Geschenk gemacht haue.
Die Inschrift über den Regalen "ERUDTFA HAEC
ARTIS ET NATURAE MACHINAMENTA AD
EXCITANDAM ANTIQUITATIS MEMORIAM
FERDINANDUS EQ. BAYUL: ABRETII MAR.
PETRIOLI SENATORQ DE COSPIS SUPERAN-
DAE DICAVIT IMMORTALITATI" bezeichnet
Zweck und Art der Stiftung.
8 Deekclhumpen. Silber, zum Teil vergoldet; getrieben.
gegossen, graviert. Meisteruichen TB (wohl nicht m);
datiert „ANNO 15 ". Wahrscheinlich Salzburg,
Ehemals im Hamburger Kuusthandel. Die reizvollen
szenischen Darstellungen - s. die lnschriften - nach
dem Alten "mrarnenr (Daniel in der Löwengrube) und
eine nach Ovids Metamorphosen (Fahrt des Phzeton
im Sonnenwaäen). Auf dem Deckel David mit dem
Haupr des Goiath. Ehemals in der sarnrnlung Prings-
heim, München
9 Trinlrgcfäß in Form eines aufspringenden Stiercs.
silber. vergoldet; gegossen. getrieben, ziseliert. Ohne
Marken; wahrscheinlich von Jdbanner Lencker (um
1573-1537). Museum rur Kunst und Gewerbe, Hamburg
(Inv.-Nr. 19356). Lencker gehörte zu den bekanntesten
Goldschmieden Augsburg. Zu der gegen 1610m
emsundenen Figur gehörte ehemals noch die Gestalt
einer Europa.
10 Sogenznnter Jungrrauenbeeber. silber, vergoldet; ge-
gossen und graviert. Marken anr Fußrznd: Sradrbeschqli
Nürnberg und "ST" (ligierr) rur Thomas SIOC! d. A.
(gestorben 1611). Nürnberg. um 1600. Museum rir
Kunst und Gewerbe, Hamburg (lnu-Nr. 1954.17).
Der eigentliche Becherteil zwischen den Anncn fnri
beweglich. Stoer War seil 1594 in Nürnberg, seil 1597
Meister
11 Gnadeupfennig mit Bildnis Herzog Ferdinand: VOn
Bayern. Gold und Enlaillefasung mit Perle. Süddcutxch-
land. Um 1600. Mißeum fir Kunst und Gewerbe
(lnm-Nr. 192.48). Einfaches, aber typisches Beispiel
rrir nnniei-iuirelre Formen der Famung
Im folgenden soll an Hand einer Reihe von
Bildern, Stichen des l6.[17. und frühen
18. Jahrhunderts ein Einblick in die Vielfalt
der Bestände in der „Kunst- und Wunder-
kammer" des Barock gegeben werden, ohne
daß versucht wird, einzelne dargestellte
Gegenstände mit noch heute in den ver-
schiedensten Sammlungen erhaltenen zu
identiiizierenl. Es wird weitgehend auf
eine Beschreibung der Objekte der Natur-
wissenschaft, auch der Musik, aber auch
vieler „naturalif verzichtet, und bei den
eigentlichen „Curioxa Artijirialia", den
künstlerischen Raritäten, liegr der Schwer-
punkt auf den Werken des 16., vor allem
des 17. Jahrhunderts als der Zeit der
größten Verbreitung und Blüte der barok-
ken „Kunst- und Wunderkammer"4.
Das Gemälde „RaritätenkabinetW von
Frans Francken lI., dem jüngeren, von 1636
(Abb. 1) zeigt in aller Deutlichkeit das
scheinbare DurcheinanderS, das in dem
Gemach eines Kunstsammlers oder, was
hier wahrscheinlicher erscheint, eines
Kunsthändlers, herrscht. Auf die mögliche
allegorische Bedeutung der Kunstkammer-
bilder Franckens als Selbstdarstellung der
„Pirlurf mit den übrigen Künsten im
Hinblick auf die „Virtus" oder als Dar-
stellung des „Visus" (Sinnesfolgen) hat
M. Winner hingewiesenb. Im folgenden
wird jedoch nur der rein „dokumentarische"
Wert der gemalten Kunstsammlung be-
rücksichtigt, und zwar im Hinblick auf
die Werke der Kleinkunst. Mitten unter
den zahlreichen merkwürdigen Schnecken-
häusern und Muschelschalen, neben kost-
barem Schmuck und wertvollen Gold-
schmiedearbeiten, Schalen, Bechern, Po-
kalen, steht die wohl aus Ton gebildete
Figur einer Muttergottes mit dem Kind,
die im plastischen Stil an ilämische Werke
aus der Umgebung des Peter Paul Rubens
erinnert. Im Hintergrund die Liegei-igur
eines antiken Gottes und vor dem großen
Gemälde einer Allegorie auf die Wissen-
schaft das Bild der Madonna im Blüten-
kranz, an dessen Rahmen ein Bildnisrelief
lehnt (vielleicht auch eine Grisaille), das
die Signatur des Malers zeigt und sein
Selbstporträt wiedergibt. Rechts hinter
einer Glasflasche ein Globus und Manu-
skripte in einem Kasten; im Durchblick
erkennt man zwei diskutierende Männer
vor einem aufgeschlagenen Folianten, viel-
leicht der Händler und sein Kunde, der
Sammler und sein Freund. Über den
Büchern im Regal Finden sich eine antiki-
sche Venusstatuette und zwei Büsten. So
stehen die Werke profanen und religiösen,
zweckfreien und nützlichen Inhalts neben-
einander, wobei jedoch die der angewandten
Kunst und die der Malerei und Bildnerei
die „naiuralia" überwiegen. Ein anderes
Beispiel: Die Berliner Kunstschätze und
Sehenswürdigkeiten waren in räumlicher
Weite und nach Gebieten getrennt aufge-
stellt; die „Kunst- und Wunderkammer"
enthält - nach Andreas Schlüters Neubau
ä u. a. allerdings nicht das Münzen- und
Medaillenkabinett, auch nicht die Antiken-
sammlung, umfaßt aber später ein eigenes
Kabinett für die Instrumente, eine Kammer
für die Modelle und auch ein Zimmer
für die Elfenbein- und Bernsteinsammlung.
Schlüters Kunstkammer lag i auch aus
Gründen der Sicherheit - in den obersten
Stockwerken des Schlosses. Der Blick in
die Kunstkammer des Berliner Schlosses
vor dem Neubau (Abb. 2) zeigt die Kenner
und Interessenten zwischen den Samm-
lungsschränken mit zahlreichen Fächern
und Schubladen für die Münzen und
Medaillen, vor den hohen Tischen, in
deren weiteren Fächern kleinere Objekte
Platz fanden und auf denen Figuren,
Gruppen und Büsten stehen7.
An der Stelle der Madonnenstatuettc im
Bilde Franckens (Abb. 1) könnte auch die
virtuos geschnittene Buchsbaumholzfigur
des hl. Sebastian (Abb. 3) stehens, deren
Künstler S. Lang wahrscheinlich in Süd-
deutschland tätig war, ohne daß sich
bisher weitere Werke zu dieser 1631 da-
tierten Statuette gefunden haben. Ein
ausgesprochenes Kunsrkammerstück ist die
Adam-und-Eva-Gruppe (Abb. 4) des Albert
Jansz Vinckenbrinck aus der Mitte des
17.Jahrhunderts,derenFigurentypenaufden
ersten Blick an das frühe 16. Jahrhundert
denken lassen. In der Tat scheint diese
Buchsbaumholzgruppe 7 in anderer Weise
als der hl. Sebastian Langs dem Manieris-
mus f in der Liebe zum klcinteiligen
Detail, in der Schärfe der Formen der
Dürer-Zeit verwandt, dessen Name nur zu
oft gerade für Sehnitzwerke des 17. jahr-
hunderts bemüht wurde. „1 Ovidisches
Stuck welches Albrerbl Tjer im buchsbaum-
holtz geschnitten", „l bildt der Mutter
Gottes über das Gebürg zu Elisabeth
reisend, welches Albrecht Tjer geschnitten",
heißt es im Kunstkammerinventar vom
8. januar 1666 der Herzöge Franz Erdmann
und Julius Franz von Sachsen-Lauenburg
in Neuhaus. Solche Reliefs entstanden
sicherlich nach Dürers Stichen oder Zeich-
nungen.
Ein „in Ton possiertes stückhl" ist Georg
Pfründts Allegorie des Gehörs (Abb. 5),
das mit anderen ähnlich großen Reliefs
eine Darstellungsfolge der fünf Sinne
bildet. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es
sich hierbei um ein Modell für eine Über-
tragung in ein anderes Material und grö-
ßeres Format handelt, das der Auftrag-
geber vom Bildhauer für seine Kunst-
sammlung forderte, wie es in einigen Fallen
im späten 17. Jahrhundert nachzuweisen
ist. Ein Adliger hatte Pfründt „nachher
Nürnberg geschickt und alldar bey dem
Kunstverständigen Hatfner und Possirer
N. Venen das Possiren und nachmals auch
das Bildhauen lernen lassen" (Sandrart,
1675)9.
In „kläub1eri.rrber" Genauigkeit bis in die
entfernteste Schicht des Landschafrshinter-
grundes durchgeführt ist Georg Schweiggers
mythologische Szene, wie Kephalos über
der zu Tode getroffenen Prokris kniet
(Ovid, Met. VII, 721; Abb. 6). Schweigger,
mit justus Glesker in Frankfurt und
Bamberg und dem früh verstorbenen
Georg Petel in Augsburg sowie dem eine
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