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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 54 und 55)

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Ende des 15., Anfang des 16. jhs. werden die Vfigel 
griüßer. Wir können an unser Wiener Beispiel der 
Ulmer Madonna auf der Mondsichellß) wie an den 
großen Vogel W nun Attribut geworden 4 in 
St. Galmier 17) denken. Das Kind solch einer Gruppe 
aus Logny hält den Vogel im Schoß und blickt zur 
Mutterlß). Vollkommen vergessen ist also der Sinn 
dieser Gruppe auch im 16. Jh. nicht. Auf der illustra- 
tiun eines flämischen Sturidenbuches (Volksbücherei 
New York) reicht die Mutter dem auf dem Kissen 
stehenden Kind ein Vöglein hinüber. Es ist xieder 
Stieglitz noch Taube. Sie schlägt 7 so führt Vloberg 
aus e die Brücke zur Antike. 
F.r zitiert den lateinischen Dichter A. C. Prudentius, 
der im 4. Jh. n. (Ihr. im „Kampf der Seele" schrieb: 
„Du bist für mich, o Christ, die mächtige Taube, 
schrecklich für die Raubvogel, deren Schlund voll 
Blut ist. Du süßer Vogel wurdest zornig gegen die 
Falken und schlugst sie in die Flucht." Die Verbin- 
dung der Taube mit der Seele ist jedoch schon auf 
den antiken Stelen zu sehen (Rom, KOUSCFVHCOTCH- 
palast [Abb. 1], New York usxiz). Äigypter und 
Griechen sahen in ihrem Grabkult die Seele des 
Menschen in Gestalt eines Vogels davonrliegen. 
Auf römischen Stelen finden wir den Spruch: 
Anima innocens, anima innocentissima, 
Palumba sine felle, spiritus tuus in pace! 
Schon griechischen Göttinnen ist der Vogel (zum 
Teil schutzsuchend) beigegeben; so hält Hera ein 
Steinhuhn (Berlin), richtiger wäre ein Rebhuhn 
oder Kuckuck, Aphrodite eine Taube (Lyon). .-- 
Primär ist ihr der Spatz heilig. (Die Tauben in der 
Eiche des Zeus sind schwarz.) 
Die helle Taube bietet sich auch zum Vergleich mit 
der Jungfrau Maria an: „Einzig ist meine Taube. 
Deine Augen, meine Vielgeliebte, sind die der Tauben. 
Auf unserer Erde ist eine Stimme erschallt, eine sehr 
süße, die Stimme der Turteltaube, die Stimme der 
Taube." Vloherg sieht in ihr die Verbindung von 
Mutter und Kind. lir sagt: „Weit davon entfernt, 
Mutter und Kind zu trennen, liißt der Vogel an beide 
denken"19). 
Wann taucht nun „der Vogel" in der Kunst Frank- 
reichs auf? Darauf antvcurtet uns vielleicht das 
Geburtsrelief am lilarieniuortal von Notre Dame in 
Paris. Dort ist deutlich über dem Bette Äiariens eine 
niederstürzende Taube zu sehen. Die Komposition 
ist so auffallend, daß ihre Bedeutung nicht starker 
unterstrichen werden kann. Sie entstand etwa um 
1250f60, also zwei Menschenalter vor dem besproche- 
nen Gros des Vogerltvps. Wie können wir diesen 
Vogel lesen? XYas kann eine Taube um diese Zeit 
versinnbildlichen? Vor allem den Heiligen Geist , 
duch nurin der Verbindung mit einer Verkündigungs- 
szene oder einer Taufe im Jordan. Schon aus dem 
Sy111i)()liSCl1CI1 herausgerückt, könnten sie als Paar 
- als übliche Bezahlungsgebühr der Armen in 
einer Beschneidungsszene aufscheinen. Was soll aber 
hier der Vogel bei der Geburt, beim göttlichen 
Lirlüserkintl, zwischen den Tieren vor der Mutter, 
die sich dem Kinde im Bette liegend zuwendetl")? 
Kaum ist das Kind geboren, stürzt auch schon der 
Vogel nieder (Abb. 2). Selbstverständlich kann es 
auch der lll. Geist sein. 
1m 12. _]h. sehen wir Flammen über dem Kinde 
(Niklas von Verdun, Klosterneuluurg), man könnte 
sie als heilige Geisteskräfte lesen noch im hierarchi- 
schen Bereich mit Engeln zusammen, hier ist jedoch 
schon eine andere Voraussetzung durch Franz von 
Ahrin mit Kind anti Vtiglüill. 
Ältilmxltr. um 132cm, Wuwhurg, 
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A. XXXiiir-aii, die lil. Familie, A. 
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