"BEAUTY" AUS ClNClNNATl
Der Landkarte entnehmen wir, daß
Cincinnati in Ohio und - für ameri-
kanische Verhältnisse - gar nicht so
weit von Chikago und Detroit entfernt
liegt, also irgendwo am Übergang
zwischen East Coast und Nliddle West.
Die Bürger dieser Stadt dürften somit
vollauf dem amerikanischen Standard
von puritanisch-redlicher Betriebsam-
keit und Tüchtigkeit entsprechen.
Einem Katalog, „Cincinnati collects",
entnehmen wir, daß man in die-
ser Stadt wie anderswo auch mit
großem Eifer daran ist. Schütze der
zeitgenössischen Kunst zusammenzu-
tragen; die emsigen Sammler von
Cincinnati sind in einem .,Contemporary
Arts Center" vorbildlich organisiert,
wissen genau. was sie wollen und wie-
viel ein Objekt kosten darf, und vor
allem sind sie überzeugt. daß es unrecht
ist, sein Licht unter den Scheffel zu
stellen: sozusagen in freudigem Stolz
zeigten sie in einer Ausstellung bei
Knoedler in New York (November
1961). was sie zusammentrugen: die
Palette reicht alphabetisch von Afro und
Arp über Üdll, Klee, Leger. Marmi,
Matisse, Mirö. Mandrian. Moore, Pi-
casso, Rouault und Schmidt-Rottluff bis
Villon und Zorach. Kurz und gut e man
besitzt in Cincinnati genau das, was
man auch anderswo und überall zu
besitzen pflegt -- und das ist heutzutage
schließlich auch der tiefere Sinn des
Sammelns (nicht nur in Cincinnati)!
Aber halt etwas besitzt die rührige
Stadt aus dem Vorfeld von Chikago.
was wenigstens vorläufig nirgendwo
anders zu finden ist, nämlich eine ma-
lende dreijährige Schimpansin namens
Beauty („Schönheit"), die im Zoo von
Cincinnati ein eigenes Atelier zur Ver-
fügung hat, nach Angaben des Chefs
dieses Tiergartens auf dem geistigen
Niveau eines immerhin siebenjährigen
Kindes steht und (laut "Süddeutsche
Zeitung") .,frei von lnhibitionen, naiv
und natürlich die Aufgabe bewöl-
tigt eine unmittelbar-persönliche
Leistung zu vollbringen". Dabei korn-
men nach einer Frühperiode mit ..wild-
abstrakten Ausbrüchen" „kalli-
graphische Muster und abstrakte Kreis-
formen, die sich ständig wiederholen",
zur Niederschrift. ln New York wurden
bereits achtzig Werke von ..Beauty"
zu Preisen zwischen 25 und 95 Dollar
verkauft, der Zoo von Cincinnati ver-
diente an dem künstlerischen Tier seine
runden 5000.- Dollar.
Winckelmann hat einmal gesagt, Rem-
brandt sei ein „Affe der Natur". Wie
hätte er sich zu „Beauty" geäußert?
Hütte er das begabte Tier vielleicht
einen „Menschen der Kunst" genannt 7
in nicht unlogischer Vertauschung der
Pole? Und gibt es nicht unter uns ziem-
lich viele derartige ,.Menschen der
Kunst", denen man es ohne weiteres
zutrauen könnte, bei Affen in die Lehre
gegangen zu sein? Apropos: die „ln-
formellen" New Yorks sollen die
"Beautf-Ausstellung geschnitten haben.
Eine andere Chance als die einer
bloßen Ausstellung ergibt sich für
"Beauty" und ihresgleichen: Wie würe
es mit der regelmäßigen Abhaltung von
Biennalen malender Affen? Und in
welcher Weise würden sich die Mani-
festationen dieser vierhündigen Künstler
von denen ihrer zweihündigen Biennale-
Kollegen rein vom Optischen her unter-
scheiden? Wer die Biennalen in Venedig
mit dem Übermaß ihrer Nach-Äffereien
gesehen hat. wird zugeben müssen, dall
die Beantwortung dieser Frage nicht
allzu leicht sein dürfte,
Dr. Ernst Köller
"BEAUTY" AUS CINCINNATI
Floremina Pakosäc.
Sludienporlräl, Frau 5.. 1958
Kap! mi! Medaillen. 1961,
Pranger von Sv. Margurelher"
AUSSTELLUNG
FLORENTINA PAKOSTA
IN DER GALERIE FUCHS
PUT die Zeii vom} luiiner D15 2'! Jan?
ner 1967 zeigie die Gaicric Furhs die
Arbciien fioreiiiiiia Pakosins, einer
Schwerin Dobrowskys und Gunsarns an
der Wiener Akademie Finen Teil ihrer
Aiiebildungszcii ubsolxicrie sie in Prag
ihre fruhen Arbeiien aus den Jahren
1956 58, Graphiken in brauner BiEYEFV
(arbe, zeigen sie als ein dyHUmiKhCS
ienipcramciii, das in der realistischen
Grundhaltung harorkcn Meistern ver-
waiidmi.Eincaeiieiwciecrinisrhc Reife be-
fähigt sie, im HHCVVSWCÜ Ziipurken den
Moiiieni IH gesiriiien, der die siarkslc
Fxnression wiedergibi. "Panik" (1958)
und ,_Fiuchi" (1959) sind solche Blailer.
in ihrer Wiener Zeit und unier deiri
Eirifiuüihres Lehrers Dobrowskywendei
sie sich mehr der Farbe zu. in diesen
Biauerri wurideii sich die graphische
Dynamik zur lriiensiiai durikei-ieuchien.
der Fcirbkornoosiiionen. Biidrierischc
Miiiel, Rriyihmik der Flache und Harr
rnonien der Farben werden einer
Kiarurig unterzogen, ohne aber etwas
vom Dersöniicnen EIVISOU und einer
akfiven Gesiaitungskraft zu veriieren
Ein aus dem Dunkei leuchtender und
figurui reduzierier .,Expressianisnius"
isi die Folge, der zeigi. daß nicr eine
iunge Kunstierin ihre Meister in einem
durchaus seibsiüridigen Vertihnlichurigs-
prozeß zur eigenen, persöniichcn Aus-
sage vcrwandeii hol.
Dr. VVIHWEZIYY] Mrazek
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