Buchbesprechungen
Heribert Sturm: Egerer Reliefintar-
sien. Band 13 der Veröffentlichungen
des Collegium Carolinurn, 1961 im
Verlag Robert Lerche, München (vor-
mals Calvesche Universitätsbuchhand-
lung Prag), 280 S mit Resümee in
englisch und französisch. 112 Tafeln
(5 Farbtafeln).
In der leichtfertigen Flut der Kunst-
publikationen werden wissenschaftlich
fundierte und nach langer Erforschung
der Archivalien erstellte Handbücher
immer seltener. - Um so überraschen-
der ist es nun, wenn aus einem Gebiet,
das praktisch von jeder Forschungs-
möglichkeit abgeschlossen ist, ein sorg-
fältig erarbeitetes und erschöpfendes
Handbuch über die Meister der Relief-
intarsia und Kunsttischler aus Eger
vorgelegt wird. Dem Verfasser, Heri-
bert Sturm, ehemals Leiter des Egerer
Stodtorchivs, ist es gelungen, lange
zurückliegende Forschungsarbeiten zu
retten, trotz der heutigen politischen
Schwierigkeiten zu ergänzen und mit
einem reichhaltigen Katalog aus euro-
päischen Museen und Privatsammlun-
gen und einem schönen Abbildungsteil
zu einem erstaunlich gelungenen Hand-
buch zu runden.
Den Zielsetzungen der „Veröffentli-
chungen des Collegium Carolinum"
entsprechend wird am Beginn des
Buches in einer historisch ausgezeich-
neten Darstellung die staatsrechtliche
Stellung und Entwicklung Egers bis
zum Dreißigjährigen Krieg gezeichnet:
als Teil des Reiches, der an Böhmen
verpfändet war. Die anschließend aus
den Archiven erstellte Familien-
geschichte der Egerer Kunsttischler
ist ein interessantes Stück Kultur-
geschichte vor dem düsteren Hinter-
grund einer Stadt, die in rascher Folge
bald protestantisch, bald katholisch
und bald koiserlich, bald schwedisch
wurde und in deren Mauern sich
Wallensteins Schicksal vollendete.
Die 112 teils farbigen Tafeln zeigen eine
Gattung meisterlichen Kunstgewerbes.
die Reliefintarsia in farbigen Hölzern
auf Kabinettschrünken. Kassetten,
Schachspielen . . .. kleinmeisterliche
Handwerkskunst, der Kunst des Glos-
schneiders, des Kupferstechers, des
Goldschmiedeplastikers verwandt. ln
reichen Kostümen des Frühbarock
spiegelt sich das Leben jener Zeit von
den Freuden der Jagd. des Tanzes
und der Tafel bis zu den Schrecken
der Belagerungen und Schlachten in
diesen liebenswürdigen Werken der
Kleinkunst.
Eine Publikation, die somit dem Histo-
riker und Kunstwissenschaftler ebenso
wie dem Sammler und dem kunstlie-
benden Laien wertvoll sein wird!
Dr. Kurt Rossacher
Führer durch das Museum der
Stadt Krems an der Donau von
Harry Kühnel. Herausgegeben vom
Kulturamt der Stadt Kräne, 1961.
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Sieben Jahrzehnte lang befindet sich
das Kremser Stadtmuseum in seinem
Heim in der profanierten Dominikaner-
kirche, drei Winter dauerte die Neuord-
nung 7 und Aufstellung der zur Zeit
hochbedeutenden Bestände, die mit
einer völligen Umgruppierung der
kostbaren Objekte verbunden war und
- nach den Worten des Bürgermeisters
Dr. Franz Wilhelm - den Sinn hatte,
das Institut nicht nur zu einem kulturel-
len Zentrum der Stadt Krems, sondern
auch der Wachau und des südlichen
Waldviertels zu machen. Der vorlie-
gende Führer ist der vierte seiner Art;
seine Herausgabe wurde nicht nur
durch das Jubiläum des Museums.
sondern vor allem durch das im Zuge
der großen Gotik-Aussteilung von 1959
jäh erwachte Interesse der breiten
Öffentlichkeit für die Werke alter
Kunst notwendig gemacht. -
Es kann hier nicht die Stelle sein. die
Schätze des Museums an sich zu wür-
digen, wir müssen uns mit der Er-
wähnung begnügen, daß es solch
wichtige Werke wie etwa den Altar des
Wolfgang Lend (um 1520), eine Arbeit
des Meisters von Mauer bei Melk.
zahlreiche gotische Statuen, die berühm-
ten Kappler-Bildnisse sowie wichtige
Relikte aus der Stadtgeschichte und
schließlich Werke der Volkskunst in
großer Zahl und bester Qualität
besitzt. An dem schmalen, reich illu-
strierten Heftchen ist vor allem der
Aufbau des Textes zu loben, der
zwangsläufig die räumlichen Gege-
benheiten berücksichtigt. die ihrer-
seits zur Setzung sachbedingter Zö-
suren benützt wurden. Diese finden
im Führer selbst praktischen Nieder-
schlag durch die Einfügung reich-
licher Literaturhinweise, die alleine
schon genügen, das Opusculum von
den zumeist reichlich summarischen
Schriften ähnlicher Art abzuheben und
ihm in gewissem Sinn den Status eines
Kataloges zu verleihen.
Dr. Ernst Köller
Otfried Kastner. Eisenkunst im
Lande ob der Enns. 2. verbesserte
Auflage. Linz 1961, Oberösterreichi-
scher Londesverlag.
Diese Arbeit beruht auf immenser
Sach- und Materialkenntnis und ist
so angelegt, dal] sie gerade für Samm-
ler, Händler und Experten einen unent-
behrlichen Behelf für praktische Arbeit
abgibt. Dies kommt besonders in den
zusammenfassenden Annexen zum Aus-
druck: Stilmerkmale der oberöster-
reichischen Eisenkunst (vertikal nach
in Gruppen gegliederten Merkmalen.
horizontal nach Perioden geordnet).
Erklärung der wichtigsten Fachaus-
drücke, Die alten Meister (eine Art
Künstlerlexikon der Eisenverarbei-
tung). Die Bestände der Eisenkunst in
Oberösterreich (eine Art von Spezial-
Dehio). Von hervorragender Qualität
ist das Abbildungsmaterial, wobei wir
hier den gezeichneten Textillustrotio-
nen den Vorrang vor dem Tafelteil
geben. Die Brauchbarkeit des Illu-
strationsmaterials wird durch ein Ver-
zeichnis in zeitliche Reihung erhöht.
Der eigentliche Text zeigt, daß Kastner
vor allem bemüht ist, eine echte Kunst-
geschichte des Eisens zu geben. Das
erweist sich z. B.. wenn er die inneren
Gründe darlegt, die die Ramanik
davon abhielten, Großgitler zu schaf-
fen, oder wenn er mit Erfolg bemüht
ist, die Ornamentik der Eisenarbeiten
aus varzeitlich-magischen Vorstellun-
gen heraus abzuleiten. Hier will es
uns erscheinen, als sei Kastner ein
wenig zu einseitig auf den Norden
ausgerichtet, indem er alleine die
nnordische" Form als Bedeutungs-
träger anerkennt und in der Südform
im wesentlichen Veräußerlichung und
Formalismus zu erblicken glaubt (be-
sonders p. 65ff.). Kastner dürfte viel-
leicht übersehen haben, dall das
..Nordische" ein Steckenbleiben, ja
ein Sichverstricken im Magischen be-
deutet, während dem Süden, der von
nicht weniger bedeutungshaften Vor-
aussetzungen ausgeht, die Gabe der
Klärung und Überwindung des Vor-
und Außermenschlichen im Sinne von
Humanität und Humanismus gegeben
ist.
Dr. Ernst Köller
International Art Sales. Annual
Review of PaintinglCeramicslFurniturel
GlasslObjets d'Art. Bd. 1, 1961, hrsg.
v. George Savage. Studio Books,
London.
Dieses Werk, dessen erster Band in
Österreich Ende November 1961 in
den Handel kam, stellt sich dem alt-
eingeführten .,lnternationalen Kunst-
preisverzeichnis", Kunst und Technik
Verlag, München, als Experiment an
die Seite, das versucht, neue Wege
zu gehen. Zunächst ist die Bericht-
erstottung auf neun Auktionshäuser
beschränkt (London: Bonham St Sans.
Chistie's, Sotheby's, Knight, Frank St
Rutley, Phillips, San St Neale: Paris:
Galerie Charpentier, Palais Galliera:
Wien: Dorotheum; New York: Parke-
Bernet) und das alleine schon bedeutet
ein Bekenntnis zur Unvollständigkeit,
die selbstverständlich auch die Gültig-
keit der Publikation einschränkt. Es
ist unbegreiflich, daß die großen Auk-
tionshäuser Deutschlands (Weinmüller.
Lempertz, Ketterer, Hauswedell usw.)
und der Schweiz (Fischer, Stuker)
nicht aufgenommen wurden, weiß
doch jedermann, in welch beachtlichem
Maß der Weltumsatz an Kunstgegen-
ständen von diesen Ländern bestimmt
wird. Weiters werden die zeitlichen
Zäsuren mit Anfang und Ende des
Kalenderjahres gesetzt: in Wirklichkeit
ist das Werk (eigentlich in Wider-
spruch zu seinem Titel) kein Bericht
über 1961. sondern über 1960. wodurch
es automatisch vom „Kunstpreisver-
zeichnis" überholt wird, das seine
Zäsuren per Jahresmitte setzt. dafür
aber zumeist schon zu Jahresende
vorliegt. Die Berichterstattung erfolgt
in chronologisch-erzählender Form, sie
wird überhöht durch eine Marktanalyse.
die die Trends des bearbeiteten Zeit-
abschnittes unterstreicht, Der Bildteil
ist von verschweriderischem Reichtum
und höchster Qualität. Ein nach Sach-
gruppen gegliedertes Register ermög-
licht den Gebrauch dieses „Annual"
als Nachschlagewerk; selbstverständ-
lich fehlen Kurstabellen nicht. wobei
von besonderer Wichtigkeit die Volo-
risierungsskola des Pfund Sterling (vor
1900. 1900-1914, 1918-1939) mit
ihrer Abstimmung auf den heutigen
Kaufwert ist. Allen Einwänden zum
Trotz ist das Werk dennoch ein brauch-
bares lnstrument, vor allem für den
österreichischen Kunsthandel, der durch
die Einbeziehung des Darotheums eine
besonders realistische Vergleichsbasis
zur Verfügung hat.
Dr. Ernst Käller