8 Millclteil eines ldnls. H.
(äodard
9 S(achv:lkeule-Holicilszeichcn. L. 15cm, Samm-
lung David Weil! 994
12 cm. Nach
Panthermotiv treffen wir absonderlich abgewandelt
und sichtlich mit der Vorstellung von einem legen-
dären Tierbezwinger verschmolzen in einem ld0l-
typus (Abb. 2) wieder, in dem sich die luristanische
Kunst in wuchernder Barockisierung des an sich
abstrakt erfaßten Motives auslebt. (Zur barockisie-
renden Gestaltung der luristanischen Votividole
siehe auch Abb. 6.)
Die luristanische Kunst besitzt epischen Charakter.
Noch verstehen wir nicht, was sie erzählt. XVer
war z. B. die mythische Frauengestalt (Abb. 3) in
Glockenrock und Gürtel, mit todernstem, bärtigem
Gesicht über dem nackten Oberleib, in dessen
Schulterpartien wunderlich menschengesichtige
Tierprotnmen mit den schützend erhobenen Frauen-
armen in eins verschmelzen.
Die Luristankunst ist von epischem Wesen. Dies
widerspricht ihrem Schmuckcharakter nicht. Auch
die vielen hier einschlägigen Brnnzegußwerke lassen
die Scheidung nach den zwei dargelegten Form-
gebungen zu. Für die eine gibt beispielsweise eine
prachtvolle Stachelkeule (Abb. 9), eher Hoheits-
zeichen als PrunkwaEe, Zeugnis mit knappster Wie-
dergabe aller wesentlichen Einzelheiten einer Herren-
ausfahrt auf zweirädrigem Wagen altsumerischer
Type, an hochgebogenet Deichsel von zwei Equiden
im joch gezogen und von zwei Mitläufern begleitet.
Wagen, Herrscherpose, Schlangen und Schlangen-
ornament heben die Szene aus dem Profanen heraus.
Sie steht pars pro toto einer zugehörigen Mythe.
Es mag an der seelischen Grundstimmung der
Schöpfer und ursprünglichen Besitzer der Luristan-
kunstwerke gelegen sein und in ihrerXVeltanschauung
und deren Bilder- sowie Legcndenreichturn wurzeln,
daß es viele mythisch anmutende Szenendarstellungen
in vielartiger Schmuckverwendung an den Luristan-
brunzen gibt und daß unter ihnen die hochbarocke
Gestaltung dominiert. Kaum vermag z. B. der
quadratische Rahmen des großen Nadelkopfes
(Abb. 5) das Figurengedränge seines Bildxvcrks zu-
sammenzuhalten und der Betrachter aus dem Ge-
wirr von Beinen und Pfoten, Schwänzen und
Köpfen springender Tiere gleicher Art ein zentra-
les Zwillingspaar loszulösen und ihr Lockenhaupt,
ihre großen Augen und langen Ohren, die abge-
winkelt hochgehobenen Arme und die Hocker-
stellung zu erkennen. Übereinstimmend bizarr er-
scheinen auch jene seltsamen Pferdetrensen, die mit
starrer, dicker Gebißstange und schweren Plattenkne-
beln kaum länger als während der Leichenzeremonien
für das empfindliche Pferdemaul tragbar waren
(Abb. l). Die hochdramatische Szene steht offenbar
wieder als wesentlicher Teil für die gesamte Mythe.
Eine glotzäugige Göttin mit Kuhohren und Locken-
spiralen, Hörnermütze und Gürtel hält machtvoll,
wie im Spiele siegend, zwei sie wütend anspringende
geflügelte Fabeltiere ab.
Nicht mit Maßstäben hellenischer Schönheitssuche,
sondern mit ernster Bereitschaft für ein Verstehen
auch des unfaßbar fremden, mitunter abstoßenden
anderen Ich rnuß man an die Betrachtung der
Luristankunst herangehen.