FRITZ NOVOTNY Bei Betrarbtung der Fraß: Hals-Ausxlellung in Haarjlzäw 7962
"blanmi: 1m n'a mizux prinl, m1 ne [xrimim [m1 mienx."(Eu,gEr1e Fmmenliu, Ler maffrex (Paulrefoir. Pari: 1376)
Dieser verzückte AusrufFromentins vor den Schützen-
stücken des Frans Hals paßt gut in seine Zeit, die
Epoche des auf seiner Höhe angelangten Impressio-
nismus, als einige der größten Maler in Hals ihr
ldeal sahen. Courbet hatte kurz vorher die „Malle
Babbe" des Berliner Museums getreu kopiert (die
Kopie ist heute in der Hamburger Kunsthalle), aus
der Kunst Manets oder Leibls ist die Wirkung des
großen Vorbildes deutlich abzulesen. Wie sonst
noch, von jenen Größten abgesehen, diese Wirkung
direkt und indirekt das Bild der Malerei am Ende
des neunzehnten Jahrhunderts bestimmte, das läßr
sich nicht leicht greifen oder gar in Kürze an-
geben.
Wir dürfen aber den schwärmerischen Superlativ
Fromentins getrost in unsere Gegenwart überneh-
men, dürfen und müssen ihn sogar in einem weiteren
Umfang verwenden, wenn wir an die letzten XVerke
von Hals denken, für die Fromentin kein Ver-
ständnis aufbringen konnte. lhm, dessen Malerblick
so vieles vom Wesen dieser großen „reinen" Malerei
erfaßte, blieb die Einsicht in die Tiefe der letzten
Werke versagt. lhm erschien als Auflösung und
Altersverfall, was uns heute längst die letzte Weis-
heit eines Genies der Malerei bedeutet, die letzte
Konsequenz eines jahrzehntelangen Schöpfertums,
die einem Achtzigjährigen und der Nachwelt ver-
gönnt war. So sehr bewundern wir in diesen Alters-
werken, den „Regenten" und „Regentinnen" des
Altmännerhauses, dem „Mann mit Schlapphut" der
Kasseler Galerie, eine äußerste Steigerung und einen
neuen Ausdrucksinhalt, der da zum Schluß auftritt,
aufbricht, daß nun wieder die Gefahr einer anderen
Einseitigkeit entsteht: es werden diese „expressio-
nistischen" letzten Werke auf Kosten der früheren
als Ausdruck der wahren und eigentlichen Größe
des Malers eingeschätzt. Das ist auch in anderen
Fällen ein häufiger und verständlicher Vorgang,
aber er ergibt zumeist ein unrichtiges Bild von der
Gesamtpersönlichkeit. Was Hals betrifft, so ist es
allein schon ein Verdienst der großartigen Aus-
stellung, die im vergangenen Sommer im Frans
Hals-Museum, zur Feier seines lOOjährigen Be-
standes, veranstaltet wurde, daß sie einer solchen
Beurteilung vorbeugte. Die rund achtzig Gemälde
aus aller Welt, die dort vorgeführt wurden, zeigten,
daß es wenig Sinn hat, den „impressi0nistischen"
und den „expressionistischen" Frans Hals gegen-
einander wertend abzuschätzen. Das ist bereits
ein Merkmal des Besonderen: wie in diesem Oeuvre
eine gleich nach den Anfängen - über die wir so
gut wie nichts wissen i fast fertig geprägte „im-
pressionistische" Form (nur zur leichteren Ver-
ständigung vereinfachend als „impressionistisch" zu
bezeichnen) der „expressionistischen" der End-
phase gegenübersteht. Die Stärke der Kontraste und
die Spannweite der Entwicklung im Oeuvre von
Hals kann jederzeit auch in der regulären Auf-