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Berchtesgadener Propstes fast Wort für Wort auf das Bildnis Herzog
Albrechts übertragen (Abb. 20). Überdies sind die Mittel, mit denen die
plastische Absicht bei beiden Werken angestrebt wird, so vollkommen die
gleichen, daß auch nicht der geringste Zweifel darüber aufkeimen kann,
daß ein und derselbe Meister hier Hammer und Meißel geführt hat.
Man vergleiche nur die
dünnen, feingeschnitte-
nen, doppelt gezogenen
Augenlider, den Ansatz
der Nase, die kräftig
gewölbten Augenbogen,
die Rundung der Stirn
mit den flachen Schlä-
fen! - Und fassen wir
das Übrige ins Auge!
Die rundlichen Köpfe
der Engel mit ihren
Locken sind da und
dort die gleichen, die
Löwen tragen beiden-
teils die völlig gleich
gewellten und geringel-
ten Mähnen, die flachen
Nasen und die trichter-
förmigen Ohren, und
endlich sind die Falten
von demselben wei-
chen, noch an die Weise
des XIV. Jahrhunderts
gemahnenden Flusse.
Übersehen wir je-
doch nicht die schein-
barenUnterschiede! Vor
allem erscheint die S-
Abb. xg. Vonlder Turnba des Propstes Petrus Pienzenauer in der Stifts- Linie des im Ornat fast
lurche in Berchtesgaden untergehenden Körpers
des Propstes hier gemäßigt, immerhin bekundet sich in der Gestalt des
Herzogs noch die schlaffe, kraftlose Haltung. Gegenüber dem porträtwahren
Bilde des Propstes wirkt der Kopf Albrechts trotz aller möglichen charakte-
ristischen Einzelheiten, wie dem schmalen Gesicht, dem Kolbenschnitt des
Haares, der Barttracht und den eingefallenen Wangen weniger überzeugend.
Man fühlt, daß hier nicht jenes eindringliche Naturstudium die Form geprägt
hat. Der Meister hat offenbar nicht das lebendige Vorbild gekannt, sondern
mußte sich eines Mediums - wohl einer Totenmaske - bedienen. Aber