Buchbesprechungen
Max Beckmann. Maler
ihrer Werke und ihre Zeit. Fink-Reihe.
Band VIIlVlll. Emil Fink Verlag Stuttgart.
Leinen. 135 Seiten. 1Z Farb-. Z Schwarzweiß-
bildtafeln. zahlreiche Textltlustrationen.
Bei der Anfertigung von Biographien zeit-
genössisctler Maler ist der vorgang zumeist
so. daß schriftliche und mündliche Aussagen
des Künstlers und seines Kreises den Kern
der Abhandlung bilden. während die eigent-
lichen künstlerischen Manifestationen nur
insoweit berücksichtigt werden. als sie mit
Stationen und Etappen auf dem Lebensweg
des Abgehandelten in Zusammenhang zu
bringen slnd. In solchen Arbeiten steht also
der Mensch im Mittelpunkt des Interesses.
In vorliegender Publikation geht es jedoch
um eine Sinndeutung des Werkes; Aussprüche
des Künstlers dienen lediglich zur Unter-
streichung und Klärung der Ideen des male-
rischen und graphischen Werkes. ansonsten
ist der Text mit großer Konsequenz auf fein-
sinnigen Einzelanalysen von Arbeiten aller
Schattensepochen Beckmann: aufgebaut in
der erfolgreichen Absicht. das innere Werden
desWerkes darzustellen. Ein solches Vorgehen
ist im engeren Sinn viel ..kunsthistorischer"
als das übliche. auf nicht ünstlerischen Quel-
len beruhende Biograph ieren. Und alleine
schon deshalb ist die kleine. gut ausgestattete
Schrift zu begrüßen und zu empfehlen.
Stephan Kaiser.
Ernst Köller
Hurry Kühnel, Krems an der Donau.
Ansichten aus alter Zeit. Selbstverlag
Stadtgemeinde Krems an der Donau. 1962.
Harry Kühnel. Führer durch das Mu-
seurri der Stadt Krems an der Donau.
Herausgegeben vom Kulturamt der Stadt
Krems.
Der Leiter der Kulturverwaltung. Archiv.
direktor Harry Kühnel. hat im Auftrage
der Stadtgemeinde Krems einen Bildband
gschaffen. der hervorragend geeignet ist.
die "Geschichte einer Stadt. ihre Schicksale.
die Entstehung und Wandlung, ihre Kunst-
denkmäter im Verlaufe der Jahrhunderte zu
verfolgen". Auf 89 Tafeln. angefangen vom
Schottenmeister um 1470 und fortgeführt bis
zur unmittelbaren Gegenwart. tst das Antlitz
dieser Stadt im ganzen und in den octails
wiedergegeben.
Zu allen Zeiten bot diese Stadt zwischen
dem Strom und den in Terrassen aufstei-
genden Weinbergen mit ihren Straßen.
Plätzen. Kirchen. Toren und Türmen eine
unermeßliche Fülle von Motiven. Vor allem
die Maler der Biedermeierzeil. ein Johann
und Carl Schindler. ein Jakob und Rudolf
von Alt. ein Josef Kanzl. wurden davon zu
ihren Werken inspiriert. Aber auch die
Maler unseres Jahrhunderts. ein Ferdinand
Schmutzer. ein Max Suppantschitsch. ein
Johann Nepamuk Geiler. zog diese "Kunst-
kammer" in ihren Bann. Mit dem Zeichen-
stift. der Radiernadel und mit Pinsel und
Farben haben sie das iahrhundertalte
Antlitz dieser Stadt und das ländliche und
städtische Treiben vor diesem einmaligen
bis heute unversehrt gebliebenen Hinter-
arund festgehalten.
Eine Einführung. ein Abbildungsnachweis
und die Kurzbiographien der Künstler ver-
vollständigen den hervorragend reprodu-
zierten und gestalteten Bilderteil. der auch
zahlreiche und wahlgelungene Farbtafeln
critha . Das repräsentative Format. der
vorzügliche Druck und die großzügige
Gestattung machen diess Buch zu einem
würdigen Spiegel der stadl Krems und
ihrer einmaligen Schönheiten. Viele der
abgebildeten Werke stammen aus dem Besitz
des Museums der Stadt Krems. das wohl zu
den bedeutendsten kunst- und kulturhisto-
rischen Sammlungen des Landes Nieder-
österreich gehört. Harry Kühnel hat hierzu
einen Führer verfaßt. der die Schätze. die
von der vor- und Römerzeit bis zur Gegen-
wart reichert. dem Besucher des Museums
erläutert und rtahebringt. Beide Publikationen
zeigen. wie ein Stadtwesen. daß sich seiner
kulturellen Aufgabe bewußt ist. Vorbildliches
zu leisten vermag.
Wilhelm Mrazek
S. A. Mithofer. Das Goldene Buch des
Orientteppichs. Fackelträger Verlag.
Schmidt-Küster GmbH. Hannover. 460 Seiten.
14 Farbtafeln, ZOO Tepolchwiedergaben.
100 figiirliche Darstellungen.
Der Orientteppich hat in den Jahrhunderten.
die er in Europa bekannt ist. nichts von seiner
Anziehungskraft verloren. im Gegenteil.
Freude und Interesse an Teppichen sind hciitc
verbreiteter denn je. Ist der Teppich auch
zu einem nicht mehr wegzudenkenden Be-
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standteil der Wohnkultur geworden. so ist
ihm doch der Reiz aß Fremdartigen ge-
blieben und die Vielfalt seiner Erscheinungs-
formen macht es schwer. sich in diaem
großen Gebiet zurechtzufinden. Derri wuiisch
vieler Tep ichliebhaber. einen Uberblick
über die geschichte und Farmenwelt der
orientalischen Teppiche zu gewinnen. ent-
spricht das umfangreiche Werk von S. A.
Milhafer auf breiter Basis. Der Hauptteil
ist den modernen. heute im Handel erhält-
Ilchen Teppicharten gewidmet. deren jede
beschrieben und durch das reiche Bild-
material anschaulich gemacht wird. In
übersichtlicher Form sind darin nicht nur
alle wichtigen Teppichgruppen behandelt.
sondern zugleich auch die Entwicklung ihrer
Muster erläutert. Besonders wünschenswert
ist daneben die Sinngemäße Einordnung und
Erklärung der zahlreichen speziellen Namen
und Bezeichnungen. die im Handel üblich
sind und auf den Laien oft verwirrend wirken.
Der Behandlung der modernen Teppich-
produktiun geht eine wissenschaftlich fun-
dierte Darstellung der Gschichte des Orient-
teppichs von seinen Anfängen an voraus.
wobeisowahldie historischen Voraussetzungen
und Bedingungen als auch die stilistische
Eigenart der einzelnen Teppichgebiete er-
klärt werden. Eine große Zahl dem Text
beigefügter Zeichnungen veranschaulicht
neben den Bildtafeln die wichtigsten Kompo-
sitiansformen und Mustermotive. Eine ein-
gehende Beschreibung der Teppicherzeugung
in allen ihren Phasen bildet die ersten ein-
leitenden Abschnitte. Es bietet sich damit in
dem Werk von Milhofer ein umfassendes
geschlossenes Bild. das die verschiedenen
Aspekte des Teppichs. den technischen wie
den künstlerischen. den historischen wie den
heutigen zweckbestimmten berücksichtigt.
Jedem Teppichliebhaber dient das Buch zu
einem besseren und gründlicheren Ver-
ständnis der Teppichkunst und vermittelt ein
anschauliches Wissen über dieses reiche
Gebiet des islamischen Kunstschaffens.
Dora Heinz
Das Stift St.Paul im Lavanttal. Von
Karl Ginhart. Im Selbstverlag des Stiftes.
4.. erweiterte und korrigierte Auflage 1962.
48 Seiten. zahlreiche Illustrationen. Situations-
plan. Grundriß der Kirche und der umliegen-
den Bauten. Geheftet.
Dieses bescheidene Heftchen ist ein Muster-
beispiel dafür. wie ein Führer durch ein
bedeutendes und komplexes. über lange
Zeiträume hinweg gewardenß und reich
ausgestattetes Kunstwerk der Architektur
beschrieben und dargestellt werden soll. In
einem einleitenden Abschnitt werden aus
historischer Sicht Stift und Markt im Wandel
der Zeiten geschildert. es folgt eine Beschrei-
bung der Stiftskirche. i "er Austattung und
Einrichtung. wobei dem Außeren der Kirche.
den beiden mittelalterlichen Portalen. der
Raumgestaltung. dem Problem der Bauzeit
der spätramarlischen Kirche. den Fresken-
resten dieser Zeit. den gotischen Kreuz-
rtppengewölben. dem Sponheimergrab. den
Werken Michael und Friedrich Pachers
sowie des Meisters Thomas von Villach. der
Rabensteinerkapelle. der Sakristei. den
barocken Kapellen. den Grabsteinen der
Gotlk und Renaissance. den Ausstottungs-
Stücken des 17. Jahrhunderts. den Altären.
der Kanzel. dem Gestiihl des 18. Jahrhunderts
und schließlich den Lobisser-Fresken und den
Altären Karl Holevs eigene Unterabschnitte
gewidmet sind. Eingehende Beschreibung
erfahren auch die Stiftsgebäude und die
hochbedeutenden Kunstsammlungen mit ihren
zumeist aus St. Blasien mitgebrachten Ob-
jekten.
Ernst Köller
Ursula Giese. Wiener Menagerien:
Ebersdorf I Neugebäudel Belvederel
Schönbrunn. Mit 30 Abbildungen und
13 Textillustrationen. Bergland Verlag Wien.
kart. Österreich-Reihe. Band 1651er
Selten hat der Rezensent seine Verpflichtung.
Bücher zu lesen und zu besprechen. als so
angenehm empfunden wie diesesmal. handelt
es sich doch um eine Arbeit. die rein vom
Thematischen her amüsant und lebendig ist.
Der Autorin ist es gelungen. bei aller streng
wissenschaftlichen Akribie ihre Schilderungen
mit so viel Schwung. Wärme und innerer
Beteiligung abzugeben. dail keinen Augen-
blick so etwas wie "gelehrte Langeweile"
auch nur andeutungsweise aufkommen
kann.
Die Arttarigc des Tiergartenwesens in Öster-
reich gehen auf Maximilian ll. zurück. der
noch als Kronprinz in Spanien einen Elefanten
erwarb und diesen 1551I52 nach Wien
bringen ließ: der Reiseweg, den diäs Tier
nahm. ist bis zum heutigen Tag durch Gast-
häfe markiert. die ..Zuni Elefanten" heißen.
im Jahr der vcrbringung dieses Tiaras ließ
Maximilian auch in den Donauauen beim
Jagd- und Lustschloß Ebersdorf eine ..Mer
nagerie" errichten. Dieser Herrscher weist
bereits jenen für die Habsburger so bezeichr
nenden. aber wenig bekannten Charakterzug
auf. dem die Wiener Tiergärten ihren Fort-
bestand verdankten - nämlich ehrliche.
unpolhetische. unsentimentale. auf Wissens-
durst und Respekt vor der Kreatur beruhende
Tierfreundlichkeit. Maximilian ist ebenfalls
der Vater des Katterburger e später Schon-
brunner 7 Tiergartens und des Prager
Löwenhofes; ltudalph II. war bemüht. die
Gründungen seines Vaters fortzuführen und
zu erhalten: er etablierte einen ..Platz vor
die wilden T "ere" in dem 1587 v endeten
..Neugebäude" (auf dessen Gelände das
Wiener Krematorium steht). Kaiser Leopold l.
mußte nach den Verheerungen der Türken-
belagerung die völlig dezimierten Bestände
an wilden Tieren wieder auffüllen. was
zum Teil unter Mithilfe des Sultans Sulei-
man ll. (I) geschah. Tierkäufe gab es auch
unter Joseph l. und Karl Vl.. doch wurden
die kaiserlichen Menagerien bei weitem an
Glanz. Grüße und Tierreichtum durch den
Tiergarten des Prinzen Eugen übertroffen.
der allgemein als der schönste nach Versailles
galt: besonders die Vagelsammlung besolt
Weltruf. Unter Franz I. und Maria Theresla
verlagerte sich der Schwerpunkt der Tier-
haltungstäligkeit vom Neugebäude nach
Schönbrunn, Joseph ll. ließ dann die alle
kaiserliche Menagerie gänzlich aufheben.
Von 1755 bis ans Ende des Jahrhunderts
bestand in Wien das "Hetztheater". ein
hölzerner Rundbau. der von einem Franzosen
namens Defraine errichtet worden war; das
Wiener Dialektwort ..Hetz" erinnert noch
an das so unsympathische Institut. das den
berechtigten Unwillen von Friedrich Nicolai
erregte.
Die Schänbrunner Menagerie geht in
ihrer heutigen Gestalt im wesentlichen
auf Maria Theresia zurück. die Errichtung
erfolgte ab 1752 nach Plänen van Nicolas
Jadot. dem Erbauer der Aula der Alten
Universität. Auch das Deckenfreska des
Mittelpavlllons ist einem Ausgestalter der
Aula. nämlich dem Freskanlen Gregor
Gtglielml. zu verdanken (ab 1759). Nunmehr
tritt auch das Tiergartenwesen in seine eigent-
lich wissenschaftliche Epoche: eine Expedition
(Nikolaus Jacquin) nach Mittelamerika
(Martinique) wird ausgerüstet und zu einem
glücklichen Ende gebracht. Besonders intensiv
wird die Tiersammeltdtigkeit unter Joseph ll..
auf dessen Befehl Johann Philipp Graf
Cobenzl Rundschreiben in alle Welt erläßt.
die sich auf den Ankauf von Tieren beziehen.
1783-1788 findet eine zweite Expedition
nach Westindien statt. deren wichtigster
Teilnehmer Franz Boos ist. dessen Verdienste
um Schünbrunn gar nicht hoch genug
geschätzt werden können. Fast zur gleichen
Zeit ist eine Kap-Expedition zu vermerken
(178671788). an der wiederum Franz Boos
maßgebend beteiligt war; Boos wurde
schließlich Direktor der Schönbrunner Me-
nagerie. Napateon ließ die Schönbrunner
Tierbestände im wesentlichen unangetastet.
Vermählun der Erzherzagin Leopoldine
mit dem Kronprinzen von Portugal. Atgarbien
und Brasilien. Don Pedro d'Alcantara. gab
Anlaß zur brasilianischen Expedition. die
von 1818 bis 1821 dauerte; zeitlich lief eine
Expedition nach San Domingo parallel. In
franziszäischer Zeil. in der es auch noch
einige kleine "Filialen" der Schönbrunner
Menagerie gab. erfolgten auch zahlreiche
Tierankäufe aus den für die Biedermeierzeit
so charakteristischen Wandermenagerien.
1828 gelangte die erste lebende Giraffe nach
Wien i sie war gleichzeitig die dritte. die
europäischen Boden lebend erreichte (nach
Paris und Londan). Was dann kommt. ist
bereits historische "Gegenwart". die im
ständigen Aufblühen des Tiergartens nach
den Schreckenstagen van 1945 ihre Krönung
findet.
Wenn man dem Büchlein etwas vorzuwerfen
hat. dann höchstens die allzu bescheidene
Aufmachung. die der Bedeutung der ab-
gehandelten Fragen und der Wichtigkeit der
Themen für die Allgemeinbildung nicht ganz
gerecht wird. In entsprechender Ausstattung
könnte das Händchen zu einem echten und
begrüßenswerten Bestseller werden.
Ernst Köller
Thomas Niederreuler. Von Erhard
Gäpel. Mit elf farbigen Tafeln und zwölf
Abbildungen und einem Verzeichnis der
Ausstellungen und der Schriften des Künstlers.
Verlag Karl Thiemig KG. München 1961.
Ln.. 65 Seiten.
Dr. rer. poLThomas Niederreuter ist nicht
nur Industrieller und Weltreisender. sondern
auch Schriftsteller und autodidaktischer Maler.
Als solcher malt er "Architekturen vor
energiegeladenen weiten Räumen. vor Was-
ser. Meer. Ebene. Gebirge. . und bemüht
sich. m aggrssive Wesen dß Raumes zu
indem er "die Aufgabe der Malerei
der zweiten Hälfte des Z0. lahrhunderts. ein
neues Roumerleben sichtbar zu machen. mit
Selbstverständlichkeit" angeht (Göpet). Als
Maler hat Thomas Niederreuther "eine
eigentliche Schulung . nie erfahren."
Trotzdem ist er ein souveräner Könner von
hohem Rang. einer. der so lange mit dem
Motiv auf der Leinwand kämpft. bis es "sitzt".
Unzweifelhaft gehört er der Nachfolge der
Maler der "Brücke" zugeordnet. ohne doch
im geringsten als Epigone klassifiziert werden
zu können. Seine Gemälde sind auf die Kräfte
elementarer Farbigkeit aufgebaut. seine
Graphiken leben ganz von der Llnle: etwas
erfrischend Unintellektuelles ist um dieses
Schaffen. das In seiner Dlrekthetl keinerlei
Umwege bedarf, um ..anzukommen". Glan-
zend die Einleitung Göpels in ihrer spontanen
Unkonventionolitüt.
Ernst Köller
RICHTIGSTELLUNG:
Die in der Nummer S6I57 auf Seite 54 i:
gebildete Sitzgarnitur ist kein Wertuentwi
der Herstellerttrma W ttmann in Etsda
sondern ist von der Arbeitsgruppe lr, das si
die Architekten Holzbauer. Spalt u
Kurretlt. gestattet.