Engen von Philippovich
QUODLIBETS -
EINE ABART
DES
STILLEBENS
In der Stillebenmalerei Enden wir eine nicht
unbeträchtliche Gruppe von Gemälden,
deren spezielle Ausdrucksform mit den
Bezeichnungen „Quodlibet" und „Trompe-
Pteil" umrissen wird. Eine Auflösung
beider Bezeichnungen in ihren deutschen
Gedankeninhalt deckt am besten die Defini-
tion dieser Art von Stillebenmalerei. „Quod-
libet" läßt sich in „was beliebt" und
„Trompc-Ymil" in „augentäuschend" auf-
lösen. ln summa betrachtet verstehen wir
somit ein Stilleben, zusammengestellt aus
beliebigen Vorwürfen, die augentäuschend
dargestellt werden. Eine Einschränkung
ist hier allerdings anzufügen, d. h. es ist
dem Künstler wohl überlassen, aus welchen
beliebigen Objekten er das Gesamtthema
aufbaut, doch müssen diese konkret Bezug
auf die dargestellte Person haben. Eine
genauere Erläuterung erfolgt an einem Bei-
spiel, das die Person Lorenz Spenglers als
Mittelpunkt hat.
Finden wir zwei Bezeichnungen, lateinisch
und französisch, für diese spezielle Gruppe,
so sind diese Gemälde nochmals in zwei
Untergruppen zu scheiden. Dies ist, rein
äußerlich, der Form nach erkennbar. Die
überwiegende Gruppe lehnt sich an die
üblichen Formate von Gemälden an, wäh-
rend cine Minderzahl sich durch aus-
geschnittenen Umriß unterscheidet. F.in
Beispiel hiefür habe ich in der Festschrift
für den 1. Internationalen Globuskongreßl
kurz besprochen. Houbrakenl erwähnt als
Meister solcher Umrißarbeiten Cornelis
Bisschop, der Figuren in ihren Umrissen
ausgeschnitten und sie dann so augen-
täuschend bemalt hat, daß sich verschiedene
Leute bemüßigt sahen, diese vermeintlich
lebenden Personen zu grüßen.
Auf historische Vorläufer einzugehen, läßt
sich in diesem Rahmen nicht unterbringen.
Wir wollen daher lediglich den deutlichsten
Schritt, den von der eigentlichen Stilleben-
malerei zum Quodlibet in Reinkultur, an-
merken. Genaugenommen versucht das
Quodlibet durch die dritte Dimension den
Betrachter zu täuschen. Als wesentlichstes
Mittel hiezu dient das halb oHen stehende
Fenster. Speziell an Gemälden von Stos-
kopff sehen wir bereits einen Versuch in
dieser Richtung. Doch bleibt er dem Stil-
leben noch verhaftet. Cornclis Gijsbreehts
arbeitet den Gedankengang vollgültig aus.
Er zeigt uns ein halb geöffnetes Fenster,
dahinter eine Gruppe sowie verschiedene
Naturalien. Die Herkulesgruppe ist ein
Beweis dafür, daß dem Quodlibet ein
Wlirklichkeitsgehalt anhaftet. Die vor rund
20
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c. N. (Iyijshrcchls. Herkulcsgruppe hinter gcolTnclem
Fenslzr. OlfLWi. 99 x 39 cm. Slatens Museum for Kuusl,
Kopenhagen _
C. N. Gijsbrcchts, Bildrückscirc. ÖllLwni, 63,5 x so cm.
Stau-m Museum (o: Kunst, Kopenhagen
C. N. Gijsbrcchls, Zwei 1m Vögel. Öl{Lwd.. m5 x a2 cm.
Suums Museum for Kunst, Kopenhagen
Nicohs a: wn, Graphische Blätter, sign: N. de Wir
1740. Tcmpcn auf Papier, 52,5 x 44.5 cm. Konslmuseum
Göwborg
E. Lisznau, Quodlibc: zu!" Lurcnz Spzngler 4172041407).
Bez. E Listnäu fccit Calßmo. Gcdnni, 1777. Aquarellicrlc
Federzeichnung auf Papier, 316x365 cm. Privathesilz