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Volltext: Alte und Moderne Kunst XII (1967 / Heft 90)

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KAR KO KOSCHKA 
NEW YORK 
 
Oskar Kokoschka, zweifellos der berühmteste unter 
den heute lebenden Expressionisten, ist vielleicht 
der erste und bisher einzige österreichische Maler. 
dessen Werk ein wahrhaft weltweites Echo gefunden 
hat. Seit frühester Jugend mit dem Namen des 
Meisters vertraut, zählt man ihn fast automatisch 
zu den großen künstlerischen Persönlichkeiten der 
ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. Es wirkte daher 
überraschend, sich dem aus zahlreichen Selbst- 
porträts bekannten Gesicht Oskar Kokoschkas 
gegenüber zu sehen, als der Künstler vor kurzem 
nach New York kam. Anlaß für den Besuch war 
eine zu Ehren seines 80. Geburtstages von der 
Marlborough-Gerson-Galerie arrangierte Aus- 
stellung. Mit geradezu jugendlicher Spannkraft. 
humorvoll und offenbar völlig unbeeindruckt von 
der eigenen Berühmtheit empfing der jetzt am 
Genfer See ansässige Künstler die amerikanische 
Presse. "Meine Bilder sind eigentlich ein Tagebuch. 
Ich bin noch immer nicht überzeugt. daß sie Kunst 
sind. Oder sind sie etwa Kunst?" 
Sind sie etwa Kunst? Eine rhetorische Frage und 
dennoch ernsthaft gemeint. Es ist nichts Gekünstel- 
tes, nichts Beabsichtigtes an Kokaschkas Bildern. 
Obwohl sich ganz deutlich mehrere Malperioden 
unterscheiden lassen, ist doch alten gemeinsam die 
elementare Kraft und Unmittelbarkeit der Aussage. 
Festgehalten ist der energiegeladene Moment 
malerischer Eingebung. Der Künstler hat sich nie 
für ästhetische Theorien oder stilistische Richtungen 
interessiert. "Ich bin wahrscheinlich der letzte 
Maler, der seine Augen gebraucht". sagt er mit 
einem gewissen Bedauern. "Für mich ist das Leben 
das wahre Wunder und nicht die Kunst, Und Kunst 
gibt es nur dort, wo man sieht, wirklich sieht, was 
das Leben ist." 
Die Veranstalter der Ausstellung legten darauf 
Wert. ein möglichst vollständiges Bild der künstle- 
rischen Entwicklung Kokoschkas zu geben. Die 
unter dem gemeinsamen Protektorat der öster- 
reichischen Botschaft in Washington und des Öster- 
reichischen Kulturinstitutes in New York stehende 
Ausstellung umfaßt über 120 Werke aus einer 
60 Jahre umspannenden Schaffensperiode. Die 
meisten dieser Arbeiten sind Leihgaben amerika- 
nischer Museen und privater Sammlungen. Vier 
große Olbilder stammen aus dem Besitz der 
Phillips-Collection in Washington, die über die 
umtangreichste Kokoschka-bammtung in aen ve 
einigten Staaten verfügt. 
Besonders eindrucksvoll in ihrer stilistischen G 
schtossenheit ist die Serie von 16 Porträts aus di 
Wiener Zeit vor dem ersten Weltkrieg. darunl 
die bekannten Bildnisse von Peter Altenberg U1 
Egon Wellesz sowie das Doppelportrüt Prof. Ha 
Tietze und Erika Tietze-Conrad. Nicht wenigeri 
sechs der Stüdtebilder sind dem alten Prag gewi 
rnet. Die für Kokoschka typische Gestaltung ein 
großräumigen, scheinbar in Auflösung begrirtent 
Perspektive wird am deutlichsten in zwei spannung 
geladenen Londoner Ansichten, die trotz ihr 
zeitlich weit auseinanderliegenden Entstehui 
H 1926 und 1962 4 in der malerischen Konzeptii 
eng miteinander verwandt sind. 
Daß der Künstler nichts von seiner Schaffensfreut 
eingebüßt hat. geht aus den fünf Ölbildern hervc 
die im Jahre 1966 entstanden sind. Darunt 
befinden sich ein Porträt Adenauers und eine e 
im August dieses Jahres vollendete Ansicht Berli 
mit der Mauer. Charakteristisch für Kokoschl: 
späten Stil ist das ebenfalls 1966 datierte Bild ..D 
abgewiesene Liebhaber". Fleischfarbenes Rosa 
die dominierende Farbe. Die nur umrißhaft ang 
deuteten Personen gehen ganz auf in der Bevx 
gung: das triebhafte Begehren des Mannes und c 
hochmütige Zurückweisung der Frau sind gebar 
in eine knappe Geste, In seiner groben Unverblür 
heit ein echter Kokoschka, unterscheidet sich die: 
Bild in Farbigkeit und Pinselführung doch deutli 
von Arbeiten aus früheren Jahren. Es beweist. d 
der Künstler nicht zum Gefangenen seines eigen 
Stiles geworden ist. sondern sich immer wieder v 
sich selbst befreit und innerhalb der ihm ofte 
stehenden Möglichkeiten neue Wege geht. 
Die Marlborough-Gerson-Galerie. die unter d 
über 2OOVerkaufsgalerien New Yorkseine führen 
Stellung einnimmt, brachte einen 130 Seiten stark 
Katalog heraus. in dem jedes einzelne der ai 
gestellten Bilder, oit sogar in Farbe, reproduzii 
und ausführlich kommentiert ist. 
Selbst im hektischen und von modischen Richtung 
weitgehend bestimmten Kunstleben New Yoi 
wurde die Würdigung des österreichischen E 
pressionisten Oskar Kokoschka zum Ereignis. II 
Besucherzahl der Ausstellung glich der eii 
Museums. und das Echo in der amerikanisch 
Presse war überaus positiv. 
lskur Kokoschka bei seiner Ankunfä m New York an 
Yeck der S5 Roüerdum 
ßkar Kokoschku. Der cbgewiesene Liebhaber, 1966. 
lllLwdu 81 X 115 cm. Sign. rezhls unten: "OK" 
vskar Kokoschkn. Porlrül E. Ludwig, 1914. ÖlILwd" 
17 x 80 cm. Sign, links oben "OK" 
Pskar Kokoschku. Porlräl Egon Wellesl. 1911. 
)llLwd.. 70.75 X 67.5 cm. Sign. links oben: OK" 
bskur Kokoschka. Die Elbe bei Dresden. 192 .OlILwd.. 
8,75 x 78.75 cm. Sign. links unten: "OK" 

	        
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