An schwerem und leichtem Harnisch
(Reiter-Küraß) wurden damals 199 Stück
aufgenommen, heute sind es noch 132,
jeweils Brust- und Rückenstücke ohne
Armzeug, die ganze Serie trägt Nürn-
berger Beschauzeichen und ist ein bisher
einzig dastehendes Zeugnis dafür, daß im
zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts noch
Plattner aus Nürnberg ausgeliefert haben.
Denn es handelt sich hier zweifellos um
eine einheitliche Bestellung. Zu den Har-
nischteilen gehören 163 sogenannte Zischäg-
gen, eine in Ungarn gebräuchliche Form
der Sturmhaube mit Nasenschutz und ge-
schobenem Nackenteil, auch diese in Nürn-
berg erzeugt. 91 Hellebarden zählt das
Inventar auf, dazu noch eine ganze Reihe
von Einzelwaffen und Gerät zum Kugel-
gießen, Pulver, Blei, Schwefel und Sal-
peter, allerlei Werkzeug, Pistolen, Degen
und Säbel, Granaten und Pechkränze.
Forchtenstein war bestens ausgestattet und
reich versehen.
Ist dieses Inventar nach der Türken-
befreiung 1683, an der Graf Paul vor Wien
aktiven Anteil genommen hatte, und knapp
vor Beginn eines neuen Feldzuges, in dem
die Wiedereroberung von Budapest vor-
bereitet wurde, aufgestellt, stammt das
nächste und aufschlußreichste aus dem
Jahre 1759: hier legt der Hochfürstliche
Zeugwarter Paul Brabant Rechenschaft ab
über alle Kriegsarmaturen, Munition und
andere EHekten, die ihm Anno 1716 an-
vertraut worden waren.
1715 war Palatin Fürst Paul gestorben. Sein
zweiter Nachfolger, Fürst Paul Anton,
stellte laut Kapitulation vom 17. jänner
1742 ein Regiment Husaren zu 10 Kom-
panien auf eigene Kosten auf und blieb
bis zu seinem Tode 1762 dessen Inhaber.
Mit diesem Regiment hat er während des
Österreichischen Erbfolgekrieges 1742 in
Böhmen, 1743 in Bayern und am Rhein
gekämpft, hatte 1744 den Rückzug nach
Böhmen und 1745 die Schlachten bei
Hohenfriedberg und Soor mitgemacht.
1746 und 1747 finden wir ihn in mehreren
Schlachten und Gefechten in den Nieder-
landen. 1753 übernahm sein Bruder und
späterer Nachfolger Nikolaus (der „Präch-
tige") das 33. Infanterieregiment als In-
haber. Beide Regimenter haben an fast
allen großen Schlachten des Siebenjährigen
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Krieges teilgenommen: 1757 Prag und
Leuthen, 1758 Hochkirch, 1759 Laun und
Maxen, das 33. Husarenregiment auch 1760
die Expedition im Corps Lacy nach Berlin.
Während der Schlacht bei Kolin Waren
beide Regimenter nach dem unglücklichen
Ausgang der vorhergehenden Kämpfe in
Prag eingeschlossen. Generalmajor Niko-
laus Esterhäzy dagegen stand als Stabs-
offizier an der Spitze einer Infanterie-
brigade im Gefecht und zeichnete sich so
aus, daß ihm der Maria-Theresien-Orden
verliehen wurde.
Zurück zu unserem Inventar, in dem nun
eine ganze Reihe von Waffen auftauchen,
die mit der oben erzählten Regiments-
geschichte in Zusammenhang stehen.
Im Laufe des 17. Jahrhunderts waren
große Mengen von Luntenmusketen ange-
schafft worden, deren Läufe, soweit sie
übriggeblieben sind, fast alle einen Stempel
tragen, ein L mit einer Krone. So viel wir
wissen, war dies das Zeichen der kaiser-
lichen Waffenmanufaktur in Wiener Neu-
stadt zur .Zeit Kaiser Leopolds I. S0 weit
auf den Kolben der Brandstempel CPE
Comes Paulus Esterhäzy eingeprägt ist,
stammen die Stücke noch aus der Zeit vor
1687, in diesem Jahr wurde Comes Paul
zum Princeps erhoben. Ein großer Teil
der Kolben ist mit den Buchstaben HP
mit Lorbeerkranz und Fürstenkrone ge-
stempelt, vielleicht aufzulösen als „Hun-
gariae Palatinus". Die Kolben wären also
vor 1715 zu datieren. Zu den Lunten-
musketen gehörten „alte unbrauchbare
höltzerne Pantalier, so nichts mehr als das
Wegwerfen verdienen". Gott sei Dank
wurden nicht alle weggeworfen.
Um 1700 kam die Luntenmuskete langsam
außer Gebrauch, das unpraktische Lunten-
schloß wurde durch das in Frankreich
entwickelte Steinschloß ersetzt, vielfach
durch Umbau der alten Gewehre. Das ge-
schah, wenn auch erst verhältnismäßig
spät, auch in Forchtenstein, das eine eigene
Büchsenschäfrerei in Betrieb hatte: 1737,
1738 und 1740 wurden „B5 Stück Lauff zu
commihs Flinten Lauff überschmiedet und
aufjezige Art mondiert". Tatsächlich haben
68 von den Infanteriesteinschloßgewehren
noch die alten Kolben mit dem HP-
Stempel und die Musketenläufe. Eine
zweite Gruppe der Infanteriegewehre, 31
Stück, gleicht den im kaiserlichen Heer
nach 1722 eingeführten lltlodellgevcehrcn,
die meisten Läufe sind mit C und Krone
gestempelt (kaiserliche Manufaktur Karl
17 Stücke sehen so aus wie das
Komiß-Flinten-Modell 1754, dazu führt
das Inventar an „item befindet sich ein
gute Musterflinten von Penzeneder" (dem
Begründer der Waßenmanufaktur in Steyr).
Die vierte Gruppe, 18 Stücke, ist ganz
anderer Herkunft: die Kolben schlank und
poliert, die Läufe lang und mit vielen
Zeichen versehen, die die Flinten als in
den Manufakturen Charlcville und St.
Etienne in Frankreich entstanden ausweisen.
In die Holzteile sind vielfach die Namen
von niederländischen Regimentern ein-
geschnitten. Dazu das Inventar: „Nieder-
ländische Flinten, so Sr. fürstliche Durcha
laucht aus dem Felde mitgebracht, seind
mit Eisen mundirt . . . 18 Stück."
Zum Schluß dieser Auszüge noch ein
Blick auf die Beutestücke: 1742, 1745 und
1756 Wurden laut verschiedenen Quit-
tungen im ganzen 291 „Preusische Ge-
wöhr" nach Forchtenstein gebracht, von
denen im Sommer 1749 Wieder 120 an die
Regimenter ausgegeben wurden. In den
schlesischen Kriegen erbeutet, Wurden sie
also Wahrscheinlich im Siebenjährigen
Krieg schon wieder gegen die Preußen
verwendet. Die preußischen Karabiner-
und Pistolenpaare sind alle verschwunden,
hingegen stimmen die angegebenen Zahlen
über 1742 und 1745 eingebrachte Patronen-
taschen, Partisanen, kurze Säbel und Gre-
nadierhauben fast genau mit dem Bestand
überein, der sich noch in Forchtenstein
befindet.
Eine lange Liste wäre nun noch von den
Fahnen aufzustellen, die dem Hause Ester-
hazy seit 1618 in Krieg und Repräsentation
gedient haben und in Rüst- und Schatz-
kammer aufbewahrt wurden, die kost-
baren Jagdwaffen, Radschloßbüchsen und
Flinten und die Prunkpistolen wären noch
anzuführen, die Einzelstücke aus der Tür-
kenbeute und die Beute- und Erinne-
rungsstücke aus den Napoleonischen Krie-
gen. Doch ist die Bearbeitung alle: dieser
Bestände nach Quellen und Waffenge-
schichte noch lange nicht abgeschlossen.