Hermann Steininger
HOCH- UND SPÄTMITTEL-
ALTERLICHE KERAMIK
IN NIEDERÖSTERREICH
Au
lTöpfe (1-12) i
Eine der reizvollsten Aufgaben des Kultur-
historikers ist es, auch den Spuren des
Volkstums nachzuspüren. Die Volkskunde
bemüht sich nun seit Jahren, im Anschluß
an die Frühgeschichtsforschung die mu-
seologisch faßbaren Zeugnisse etwa ab
dem 11. Jahrhundert zusammenzustellen
und aussagekräftig werden zu lassen.
Schwierigkeiten, die Volkskultur des Mit-
telalters einigermaßen genau kennenzu-
lernen, sind bis jetzt gegeben und liegen
klar vor Augen: zufällig erhaltene Quellen
reichen heute meist keineswegs, um etwa
die Historisierung bestimmter Formgruppen
zu ermöglichen; verhältnismäßig selten
wiederum können sich verschiedene Ma-
terialgruppen gegenseitig datieren. Vor
allem die geringe Berücksichtigung der
Sachzeugnisse dieser Epochen hat zu-
mindest bislang noch nicht genügend aus-
reichende Kenntnisse crbracht. Die Me-
thoden systematischer Ausgrabungen auf
mittelalterlichen Siedlungsplätzen ab dem
Hochrnittelalter wurden nämlich kaum an-
gewandt, sondern Enden erst seit kurzem
wieder stärkere Beachtung. Es ist daher
nicht verwunderlich, wenn bis jetzt noch
keine systematische Erfassung von Relikten
dieser Zeit möglich war. Die zukünftige
Forschung wird in erster Linie zu beweisen
haben, welche Gerätgruppen nebeneinander
existieren und miteinander in Verbindung
standen. Die Beachtung all dieser Dinge
steckt zum Unterschied zu manch anderen
unserem Raume benachbarten Landschaf-
ten noch in ihren Anfängen.
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Einer der wenigen auch in ungünstiger
Lagerung sich in seiner Konsistenz halt-
baren Stoffe ist die Gebrauchskeramik. Sie
wird allenthalben an vielen mittelalterlichen
Siedlungsplätzen in größeren Mengen ge-
funden; andere Güter der häuslichen Sach-
kulrur, etwa aus Metall, Holz, Glas und
tierischen Stoffen, treten dagegen natur-
gemäß stark in den Hintergrund. Eine
soziologische Zuordnung solcher Objekt-
gruppen konnte gelegentlich schon erar-
beitet werden: etwa durch die münzdatierte
Keramik sind wir sehr genau über die im
bäuerlichen Bereich verwendeten Gefäß-
typen informiert; schwieriger zuzuordnen
sind vorläuüg noch die in städtischen
Wohnsiedlungen beziehungsweise jene auf
Abfallhaufen bei Burgen gefundenen Ob-
jekte. Darüber hinaus waren bis jetzt die
Möglichkeiten einer Untersuchung der Er-
zeugungsorte noch zu gering, Töpfer-
öfen wurden bis jetzt nur wenige gefunden.
Vor allem die Zentren der Produktions-
starken hochmittelalterlichen Erzeugung
sind kaum bekannt. Sicherlich treten die
organisierten Handwerker schon im aus-
gehenden 13. Jahrhundert auf den Plan.
Im Jahre 1315 wird das Hafnerhandwerk
erstmals in der österreichischen Reim-
chronik des Ottokar aus der Gaal erwähnt.
Für Wien sind 1333 eine Hafnersiedlung
und im 14. ]ahrhundert neun Hafner
bezeugt. Aus dieser Zeit und dem 15. jahr-
hundert wissen wir allenthalben auch schon
von Hafnereien in den städtischen Sied-
lungen, seltener aber in ländlichen.