Alfred Schmeller
ZUR STRUKTUR DER
KUNSTLANDSCHAFT DES
BURGENLANDES -
RANDLAGEVERZAHNUNG,
SPRENKELUNG
Das charakteristische Muster des Burgen-
landes heißt Sprenkclung. Der Lauf der
Geschichte hat es mit sich gebracht, daß
hier östliche, westliche und südliche Vot-
stöße und Einsickerungen einander trafen
und überlagerten, woraus jene eigentüm-
liche Verzahnung entstand, das Ergebnis
einer ataktischen Dialektik aus Verheerung
und Selbstbehauptung, aus Burg und
Durchzug, aus Tribut und Umschlag,
welche die Physiognomie dieses Grenz-
landes bestimmt. Retention und Avant-
gardismus sind hier ausgeprägter als anders-
wo und das bis auf den heutigen Tag.
Völkerreste blieben hier sitzen; um nur
einige zu nennen: die jungsteinzeitlichen
Notenkopfkeramiker, welche die „Venus
von Draßburg", ein Idol, hinterließen, die
Glockenbecherleute, die Illyrier, welche
die schöne Stierkopfurne (Museum Eisen-
stadt) schufen, Boier, römische Veteranen,
Völker der großen Wandcrungszeit, Awa-
ren, Mährer, Pregner bzw. Heanzen, Pet-
schenegen, protestantische Einwanderer,
die noch vor den Kroaten die Wüstungen
des Heidebodens auffüllren, natürlich Ma-
gyaren, Habaner und vielleicht hier und
dort ein Türke.
Daraus resultiert jene Vielfalt und Mehr-
schichtigkeit des Landes, das auf Grund
seiner Randlagc mehr als sonstwo den
Völkerstürmen preisgegebenes Grenzland
war, ein Grenzstreifen aus Pforte und Sperr-
wall, in dem eine extreme Verzahnung
gleichsam die äußersten Spitzen brach, die
als Splitter seßhaft wurden.
1 Venus von Drmßburg. Zwcilaltcstc Fraucndarstcllung
mm der "Venus w" Willcnrlorf" in Öxterrcith.
Steinzcitlichc Rvlicfplustil. Huf einer (icfäßscherh . Aus
der juugstcitxzeir
Eiscnsladt-Obcrberg. Kalvarienlvcrg. Knlnricrrcr Stich
von Felix Nicring
3 Lorelto, Gnadcnknpellc (Lnrctlnkapclle). Hlnrer dem
Girrcr das Gnadcnbild. diu sug. SCHWJHC Madonna.
Um 1750
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