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Volltext: Alte und Moderne Kunst XII (1967 / Heft 92)

 
Hans Ankwicz-Kleehoven 
DIE WIENER WERKSTÄTTE 
Der Autor diese: Beitrages, der im jahre 1965 verstorbene Hofrat 
Dr. Haru Anletviez-Kleehnven, war mit jusef Hofmann und mit 
[m allen Künstlern der Wiener Werkstätte eng befreundet. AI: 
Bibliothekar des Öslerreirhischen Museum: für angewandte Kunst 
trug er nicht nur unermiidlirh alle: Material über die Wiener 
Werkstätte zusammen. sondern würdigte ihre Leistungen und ihre 
Bedeutung in vielen Beiträgen. Sthiekmlxstiil" und Krankheit 
verhinderten die von ihm erwartete und auch gep ante Monographie 
über die Wiener Werkstätte. In seinem Nathlnß fdnd sich der 
nebenstehende Aufsatz aus dem Jahre 1946. den wir anldßlizli 
der Ausstellung über die Wiener Werkxtätle im Öxterreühischen 
Museum ßir angewandte Kxnut ahdrutlten und mit dem wir eine 
Ehrenxthuld gegenüber dem unermildlirhen Pmpngntar der Wiener 
Werkstätte abtragen wollen. 
Wilhelm Mrnzeh 
Fast drei Jahrzehnte lang, von ihrer Gründung 
im Jahre 1903 bis zu ihrer Liquidation im Jahre 
1932, hat die ,.Wiener Werkstätte" im ln- und 
Auslande als der Inbegriff des modernsten. immer 
ein wenig seiner Zeit vorauseilenden Wiener Ge- 
schmacks gegolten. der ebenso viele begeisterte 
Anhänger wie fanatische Gegner zählte, dessen 
unleugbar künstlerische Note aber außer Frage 
stand. Und mit dem Zauberworte „Wiener Werk- 
stätte" war untrennbar der Name jenes Mannes 
verknüpft. der ihr von allem Anfang ihren Weg 
vorgezeichnet und ihr seine besten Jahre und den 
besten Teil seiner genialen Kraft gewidmet hatte: 
der Name des Architekten Professor Dr. Josef 
Hoffmann. Vielen Zeitgenossen mögen wohl die 
näheren Umstände des Aufblühens der Wiener 
Werkstätte und ihrer weiteren Entwicklung nicht 
bekannt sein. Es soll daher in Kürze ihre Ge- 
schichte dargestellt werden. 
Wir müssen uns zu diesem Zwecke in die an neuen 
Ideen und jungen Talenten überreiche Zeit der 
Jahrhundertwende zurückversetzen. da es in der 
Literatur wie in der Musik, in der bildenden Kunst 
wie auf technischem Gebiete an allen Ecken und 
Enden gärte, man des Alten überdrüssig war und 
überall nach einem modernen. zeitgemäßen 
Lebensstil verlangte. Auch Wien war von diesem 
Taumel ergriffen und ein „heiliger Kunstfrühling" 
ausgerufen worden. dessen Vorkämpfer jene 
40 Maler, Bildhauer und Architekten waren. die 
im April 1897 die Wiener ..Secession" gegründet 
hatten. Aus ihren Reihen holte sich der neuernannte 
Direktor der Wiener Kunstgewerbeschule Felician 
Freiherr von Myrbach jene Männer. mit denen 
er noch vor 1900 die Reform seiner Anstalt ein- 
leitete: den Architekten Josef Hoffmann und die 
Maler Alfred Roller, Kolo Moser und Carl Otto 
Czeschka. Während die Secession in ihren ersten 
Ausstellungen bemüht war, den Wienern die her- 
vorrogendsten Werke ausländischer Künstler, vor 
allem der französischen lmpressionisten. vorzu- 
führen. deren Einfluß sehr wesentlich zur Aus- 
bildung des sogenannien "secessionistischen Stiles" 
in der Malerei und Plastik beitrug. stellte sich die 
Kunstgewerbeschule in zunehmendem Maße auf 
die Prinzipien der Zweckgerechtigkeit und der 
soliden handwerklichen Grundlage ein. wie sie 
namentlich von den Engländern Ruskin. Morris 
und Ashbee propagiert wurden. Als Baron Myr- 
bach im April 1900 nach England zu reisen beab- 
sichtigte, ersuchte ihn der damals dreißigjährige 
Prof. Hoffmann, sich doch in London die von 
C. R. Ashbee irn "Essex House" eingerichteten 
kunstgewerblichen Werkstätten der „Guild of 
Handicraft" anzusehen und sie zu einer Ausstellung 
ihrer Erzeugnisse in Wien zu veranlassen. Tat- 
sächlich konnte die Secession in ihrer Vlll. Aus- 
stellung im November 1900 einen ganzen Ashbee- 
Saal und zahlreiche Arbeiten des schottischen 
Künstlerehepaares Mackinlosh bringen. und von 
da an reifie in Hoffmann der Plan, in Wien nach 
englischem Muster eine kunsthandwerkliche Werk- 
stätte zu errichten, Die zufällige Bekanntschaft mit 
dem kunstsinnigen Bankier Fritz Wärndorfer gab 
schließlich den Ausschlag. Eines Tages. im Früh- 
johr1903, saß Prof. Hoffmann mit seinem Kollegen 
Prof. Kolaman Moser von der Kunstgewerbe- 
schule und mit Fritz Wärndorfer im Kaffeehaus, 
und man sprach wieder einmal vom Plane einer 
..Wiener Werkstätte". Wärndorfer. der kurz vor- 
her in England gewesen war und die führenden 
englischen Kunstgewerbler kennengelernt hatte, 
fragte, was es denn kosten würde. wenn man dem 
englischen Beispiel in Wien folgte. "Mit fünf- 
 
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