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Volltext: Alte und Moderne Kunst XII (1967 / Heft 92)

Ems! Degasperi, Siudie zu Jeremxus, Jerusalem, 1965. 
olbqumsoudle für den Zyklus "das WORT". Tuszhe- 
Finselzeichnung 
Ernsl Degusperi, Studie einer Wurzel an der Eaurn- 
grenu in (u. 1700m Höhe in den Zillerfaler Alpen, 
1964. Tusche-Pinselzeichnung 
Erns! Degasperi. Der Zweite der Vier upokulyplischen 
Reiler.'l966.Hollschruh.1S.6X40cm.Aus dem Zyklus 
vvApQkÜIYPSE 63" 
Ernsl Degasperi, m; neue Gesell (Jer.31. 31-33). 
1966. Tusche-Federxeichwung. 31x51crn. Aus dem 
Zykbus Udo: WORT" 
Mäntelchen des l'art pour l'art zur persönlichen 
Show arrangiert, sondern ist. trotz eigengesetz- 
licher Gültigkeit. gleichzeitig dienend an der Auf- 
gabe selbst. Es gibt auch Vorbilder, die zu erwäh- 
nen nicht die Leistung Degasperis schmälert. 
sondern vielmehr erhellt. Picassos Guernica gab 
zweifellos wesentliche Impulse ab, desgleichen der 
klassische Surrealismus. vor allern Max Ernst. Den 
eigentlichen formalen Anstoß für Degasperi boten 
dann aber die Wurzelstöcke des hochgelegenen 
Zillertales. deren bizarre Verschlingungen und 
Verknotungen alsgraphisches Phänomen den Gra- 
phiker anzogen. deren vitaler Behauptungswille 
in der Ausgesetztheit an die feindliche Natur aber 
auch symbolhaft dem Aussageverlangen Degasperis 
einbezogen ist. Von der direkten Naturstudie voll- 
zieht sich der Prozeß der Abstrahierung in vielen 
Phasen, bis die Form zum Sinnbild, zum Gefäß für 
die angestrebte geistige Aussage wird. Surreale 
Elemente verquicken sich mit dem Pflanzlichen. 
der zusätzliche expressive Linienduktus ist ein 
junger, lebenskrüftiger Sproß der in unserer Kunst- 
landschaft lalent weiterwirkenden Tradition des 
Jugendstiles. Sie sind es auch, die zu der orna- 
mentalen Flüchenfüllung. dem wirksamen Kon- 
trast zwischen leer gelassenen Flächen und einer 
biszum horror vacui gesteigerten Binnenzeichnung 
von ferne Pate standen, zugleich aber auch wieder 
die Andersartigkeit erkennen lassen. Denn bei 
Degasperi wird das Ornament nicht zum bloßen 
Dekor, sondern ist Symboltrüger im Sinne der 
archaischen Kunst, ist zudem noch Ausfluß einer 
aus dem Unterbewußten diktierten „Ecriture auto- 
matique". die Zeugnis ablegt für die stellenweise 
medidativeekstatische Schaffensweise. im letzten 
Jahr traten als formale wie symbalhafte Bereiche- 
rung dieses Stiles die bizarr geformten Ölbäume 
und die Felserasionen der judüischen Wüste hinzu. 
Der Negev war der geistige Hintergrund für die 
Bildwerdung der heroischen Praphetengestalten. 
ihres Schicksals und ihrer Botschaft. 
Um dieser. ebenso wie dem im Leben und Leiden 
Christi. in den Visionen des Johannes liegenden 
Anruf für unsere Zeit im besten Sinne des Wortes 
augenfällige Gültigkeit zu verschaffen. hat sich 
Degasperi. fernab jeglicher religiöser Sentimentali- 
tät. seine eigene Bildsprache damit geschaffen. die 
hart ist wie die gesellschaftskritische Anklage und 
die religiöse Aussage. Sie richtet sich gegen Krieg 
und Hunger. gegen Gesinnungsterror und KZ. 
gegen Pharisüertum und Vergötzung von Mammon 
und Sexus und Masse. Das religiöse Engagement. 
im Gegensatz zum linksradikat orientierten. macht 
es aus. daß Degasperi im inhaltlichen wie im 
Formalen als letztes Ziel die Befreiung aus der 
negativen Aussage sieht. den Sieg des Guten 
schlechthin in allgemeingültiger menschlicher 
Ethik. (Stilistisch gesehen hat er darum nach zu 
ringen, aber selbst den alten Meistern gelang die 
Darstellung der Hölle immer besser als die des 
Paradieses!) Mit dieser Zielsetzung überwindet er 
zugleich auch jahrhundertealte konfessionelle 
Schranken und ebnet in echter ökumenischer 
Gesinnung - gemäß den Intentionen des ll. Vati- 
canums 7 die Wege zu fruchtbringenden Dise 
kussionen. indem er sich mit bestürzender Direkt- 
heit gleichermaßen an Gläubige und Unglüubige. 
an Christen und Juden wendet. 
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