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Volltext: Alte und Moderne Kunst XII (1967 / Heft 93)

Matthcus Kcm, Porträt]. N. Vugl. Aquarell. Kupfcrstich- 
kabinclt der Akademie der bildenden Künste. Wim 
Matlhcus Kern, Selbstporträt. Aquarell. Kupfarstich- 
kahinctl der Akademie der bildcnden Künste, Wien 
so in eine derbere, spannungsreichere 
Haltung übersetzt. Andere Beispiele hin- 
gegen folgen der Erstfassung ganz wört- 
lich. Diese Blätter bestätigen Wieder einmal, 
wie viel geradezu handwerksartige Atelier- 
arbeit hinter den oft so naturalistisch 
wirkenden Bildern des Biedermeier in 
Wirklichkeit steckt. Auch bei manchen 
der ausdrücklich als „nach der Natur ge- 
malt" bezeichneten Bildern dürfte Kern 
diesem allgemeinen Brauch gefolgt sein, 
vor dem Objekt nur eine Reihe von Blei- 
stiftzcichnungen anzufertigen, um dann die 
Ausführung in Muße im Atelier zu voll- 
enden. Diese Skizzen Wirken nämlich viel 
lebendiger und unmittelbarer als die end- 
gültigen Fassungen. Die Ansichten in 
einem Skizzenbuch von einer Donaureise 
oder das sehr lockere und im Vergleich 
zu anderen Arbeiten „modern" wirkende 
Aquarell vom Heidentor bei Petronell 
zeigen diese Frische ganz deutlich. Unter 
den an die Akademie gekommenen Zeich- 
nungen befinden sich auch einige solcher 
Skizzen zu Interieurs der Familie Giulay, 
für die Kern 1837 in Wien und in Ungarn 
arbeitete und die ein sehr unmittelbares 
und eindrucksvolles Bild von der bürger- 
lich bestimmten Wohnkultur des Vormärz 
vermitteln. 
sich auch aus der großen Zahl von Por- 
träts von Dichtern und Dramatikern ab- 
lesen, unter denen die Lithographie von 
1841 mit den zu einer Art österreichischen 
Olymp vereinigten Porträts von Grill- 
parzer, Zeydlitz, Pyrker, Halm, Dein- 
hardtstein, Castelli, Bauernfeld, Scidl und 
Vogl einen besonderen Platz einnimmt. 
Der Interessenkreis Kerns und seine ge- 
diegene Umsetzung ins anekdotisch Bild- 
hafte lassen ihn als einen typischen Ver- 
treter des vormärzlichen Mittelstandes cr- 
scheinen, der seine Vorliebe für erzählende, 
patriotische und naiv-religiöse, oftmals 
sentimentale Sujets mit der adeligen Ge- 
sellschaft teilte. Wie sehr sich Kern mit 
seinem hauptsächlichen Auftraggeberkreis 
verbunden gefühlt haben muß, kann man 
aus der Tatsache erkennen, daß er beim 
Ausbruch der Revolution 1848 Wien und 
seine Familie fluchtartig verließ und erst 
1851, schwer krank, wieder zurückgekehrt 
ist. Wenig später, am 22. Juni 1852, starb 
er, noch nicht 51 Jahre alt. 
Die Bedeutung des Legates von Werken 
dieses Malers liegt nicht so sehr in der 
künstlerischen Qualität als in der umfas- 
senden Dokumentation des Schaffens eines 
Malers, der eine bestimmte Epoche des 
Wiener Kunstlebens repräsentiert. 

	        
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