Matthcus Kcm, Porträt]. N. Vugl. Aquarell. Kupfcrstich-
kabinclt der Akademie der bildenden Künste. Wim
Matlhcus Kern, Selbstporträt. Aquarell. Kupfarstich-
kahinctl der Akademie der bildcnden Künste, Wien
so in eine derbere, spannungsreichere
Haltung übersetzt. Andere Beispiele hin-
gegen folgen der Erstfassung ganz wört-
lich. Diese Blätter bestätigen Wieder einmal,
wie viel geradezu handwerksartige Atelier-
arbeit hinter den oft so naturalistisch
wirkenden Bildern des Biedermeier in
Wirklichkeit steckt. Auch bei manchen
der ausdrücklich als „nach der Natur ge-
malt" bezeichneten Bildern dürfte Kern
diesem allgemeinen Brauch gefolgt sein,
vor dem Objekt nur eine Reihe von Blei-
stiftzcichnungen anzufertigen, um dann die
Ausführung in Muße im Atelier zu voll-
enden. Diese Skizzen Wirken nämlich viel
lebendiger und unmittelbarer als die end-
gültigen Fassungen. Die Ansichten in
einem Skizzenbuch von einer Donaureise
oder das sehr lockere und im Vergleich
zu anderen Arbeiten „modern" wirkende
Aquarell vom Heidentor bei Petronell
zeigen diese Frische ganz deutlich. Unter
den an die Akademie gekommenen Zeich-
nungen befinden sich auch einige solcher
Skizzen zu Interieurs der Familie Giulay,
für die Kern 1837 in Wien und in Ungarn
arbeitete und die ein sehr unmittelbares
und eindrucksvolles Bild von der bürger-
lich bestimmten Wohnkultur des Vormärz
vermitteln.
sich auch aus der großen Zahl von Por-
träts von Dichtern und Dramatikern ab-
lesen, unter denen die Lithographie von
1841 mit den zu einer Art österreichischen
Olymp vereinigten Porträts von Grill-
parzer, Zeydlitz, Pyrker, Halm, Dein-
hardtstein, Castelli, Bauernfeld, Scidl und
Vogl einen besonderen Platz einnimmt.
Der Interessenkreis Kerns und seine ge-
diegene Umsetzung ins anekdotisch Bild-
hafte lassen ihn als einen typischen Ver-
treter des vormärzlichen Mittelstandes cr-
scheinen, der seine Vorliebe für erzählende,
patriotische und naiv-religiöse, oftmals
sentimentale Sujets mit der adeligen Ge-
sellschaft teilte. Wie sehr sich Kern mit
seinem hauptsächlichen Auftraggeberkreis
verbunden gefühlt haben muß, kann man
aus der Tatsache erkennen, daß er beim
Ausbruch der Revolution 1848 Wien und
seine Familie fluchtartig verließ und erst
1851, schwer krank, wieder zurückgekehrt
ist. Wenig später, am 22. Juni 1852, starb
er, noch nicht 51 Jahre alt.
Die Bedeutung des Legates von Werken
dieses Malers liegt nicht so sehr in der
künstlerischen Qualität als in der umfas-
senden Dokumentation des Schaffens eines
Malers, der eine bestimmte Epoche des
Wiener Kunstlebens repräsentiert.