Kann man nun die einzelnen Teile des
Zuges näher bestimmen? In allen jahr-
hunderten werden die Einritte der Erz-
bischöfe mehr oder minder genau be-
schriebenä, leider gerade der Michaels
ohne nähere Einzelheiten. Die Beschreibung
des Einrittcs seines Nachfolgers aber, des
johann Jakob Kuen-Belasy am 17. 2. 1561
(also nur drei Jahre nach den Fresken in
Freisaal), liest sich wie die Aufzählung der
hier gemalten Persönlichkeiten und Wür-
denrrägcrf).
S0 sind die Männer der ersten Gruppe die
Zechen und Brüdcrschaften „mit Kerzen",
es folgen die Schulen von St. Peter und
die des Domes, darauf die Domherren,
die Mönche von St. Peter und die infulierten
Pröpstc und Äbte (es werden die von Sankt
Zeno, Höglwörth, Michaelbeuern, Gars,
Raitcnhaslach, Mondsee, Chiemsee und
Berchtesgaden genannt). Die nächste Gruppe
der Edelleute sind Landschaft und Ritter-
schaft dcs Erzstiftes. Weiters deutet die
schriftliche Nachricht die Gruppe zu Fuß
um den Erzbischof. Die vier vornehmsten
Männer sind die Inhaber der Erbämter, der
Marschall, der Schenk, der Kämmerer und
der Truchseß, während die Männer mit
den Lanzen Salzburger Bürger als Trabanten
sind. Die einzige Verschiedenheit zwischen
den beiden Einritten bildet die nun folgende
Gruppe. Während bei Kuen-Belasy hinter
dem Fürsten die vier Suffragane von Gurk,
Chiemsee, Seckau und Lavant reiten, müs-
4
sen hier im Zuge Michaels die Domherren
in der Alba die drei höchsten Würden-
träger dcs Kapitels sein, nämlich der Dom-
propst, der Domdechant und der Dom-
scholast. In der abschließenden Gruppe
der Adeligen kann man wieder, analog zur
Beschreibung von 1561, die nähere Ver-
wandtschaft und persönliche Freunde des
Fürsten annehmen.
Da im Salzburger Landesarchiv noch ein
Großteil der Verzeichnisse von geistlichen
und weltlichen Würdenträgern aus der Zeit
vorhanden ist, müßtc sogar eine teilweise
Identifizierung der einzelnen Personen mög-
lich sein.
Im Gegensatz zur weitgehend historischen
Treue in der Darstellung des Zuges bewegt
sich dieser durch eine fast phantastische
Landschaft. Was wäre näher gelegen und
hätte auch den Tendenzen der Zeit ent-
sprochen, hier eine sehr genaue Vedute
der Stadt und ihrer Umgebung zu malen.
Am ehesten erinnern noch die teilweise
großartigen Gcbirgslandschaften an hei-
mische Vorbilder, die Lagunensradt hinter
den Bruderschaften oder die phantastischen
Gcbäudegruppcn hinter den Edelleuten
aber gemahnen ein wenig an die „Welt-
landschaften" der Donausehule. Dazu
kommt, daß eine fast sommerliche Land-
schaft dargestellt ist, zumindest sind Ebene
und Berge begrünt, während der tatsäch-
liche Einritt Michaels am 4. jänner 1555,
also im tiefsten Winter stattfand 10. Viel-
u.
Schloß Fräsen], großer
Zuges: die Landschaft u
Gruppe des Erzbischof
Domkapitels, Gmp a.
Schloß Freisal, m: 0:1
und Rinuschafz, Tmm]
Schloß Freisaal, Fresken
räre und Adelige
Fmskoausdanitl Hauptteil dcs
nd Riltenchaft, e Trompeter,
mit den Würdenträgern des
1 Adeligen
schnitt, Dctzü aus 3: Landschaft
ßezer
lwthnitt, Detail aus 3: 2 Digni-
ANMERKUNGEN 8710
5 Zusammcnguxelk bei L. Hühner, Beschreibung der hoch-
Tlixsllich-erzbismöflichcn Haupt- und Rcsidcnßtadl
Salzburg, 1793, ll. Band, S. 11781
9 L. Hühner, a. n. 0., S. 1233".
l" Domkzpitelprorokollc 1555, fol. 1.