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1 Ansichl des Ösierrei -Pavillons auf der Welluus-
slellung "Expo 1967" m Monlreal, Kanada
Elisabeth Koller-Glück
VERSTECKTE
WELTAUSSTELLU NGSKU NST
Kleine Plauderei über Öslerreichs Kunslbeiirag
in Monireal
Dort, wo es nach Backhendel und Gurkensalat
duftet. dort, wo die Expo-Besucher in Schlangen
geduldig warten, bis der Vardermann sein
letztes Hühnerbein abgeknabbert hat, dort. wo
der meiste Platz dem Essen, der kleinste den aus-
gestellten Gegenständen eingeräumt ist, dort ist
der Österreichpavillon der Montrealer Welt-
ausstellung 1967.
Es ist ein Bau aus vorfabrizierten Aluminium-
dreieckselementen, dessen "kristalline Raumwürfel
Gedanken an Berge und Edelsteine wecken". wie
der Katalog versichert. Tatsächlich wirkt der
weiße Pavillon mit seinen verschobenen Dreiecks-
formen von außen interessant und ansprechend:
wenn Österreichs Weltausslellungsarchitekt Pro-
fessor Karl Schwanzer allerdings die Konsequenz
der "attraktiven und aggressiven" Dreiecke bis
in die dreibeinigen. dreieckigen Sitzschemel
durchführt, so wird das ein wenig lächerlich.
Nun, ich soll über die moderne Kunst im öster-
reichischen Expo-Pavillon berichten: doch auf den
ersten Blick war da keine Kunst zu entdecken.
Auch den Bau selbst kann man wohl kaum als
Kunstwerk bezeichnen (obwohl wiederum der
Katalog versichert. sein Entwerfer, Prof. Schwan-
zer, sei mit Clemens Halzmeister und Roland
Rainer der bedeutendste zeitgenössische öster-
reichische Architekt) und schon gar nicht seine
Innenausstattung. Sie ist nicht einmal als annähernd
künstlerisch zu bezeichnen. Die mit eiserner Kon-
sequenz durchgehaltene Dreiecksanardnung ver-
ursacht ein unübersichtliches Gewinkel, bar jeder
Großzügigkeit. Darüber hinaus gewinnt der Be-
sucher dank des geradezu hüßlichen und gewöhn-
lichen Dunkelgrüns. mit dem die dreieckigen
Vitrinen gestrichen sind, unwillkürlich einen
düsteren Eindruck von Österreich.
Man muß einen Weltausstellungspavillon nicht
unbedingt so elegant und gediegen wie den
Schweizer oder den belgischen gestalten, man muß
die Besucher nicht durch eine solche Grottenbahn
wie die Italiener oder Engländer geleiten. Die
Tschechen haben da den richtigen Mittelweg ge-
funden: elegant und marktschreierisch zugleich.
und 7 was die Hauptsache ist - sie sind auf den
Geschmack von Übersee eingegangen, der durch-
aus nicht immer der unsere ist: sie haben nicht
auf den Kitsch verzichtet. Nicht umsonst stehen
die Besucher stundenlang Schlange, um den
tschechischen Pavillon zu sehen. Österreich wird
da noch lernen müssen.
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