AUS DEM KUNSTLEBEN
Die Wiener und ihre Museen
)as Bundesministerium für Unterricht gibt
sekannt. daß in den ihm unterstehenden
Staatlichen Kunstsammlungen und Museen
n den Monaten Juni 1967 81.015 und Juli
l967 106.992 Besucher gezählt wurden.
DlL-ADELE-KAlNDL-GEDÄCHTNIS-
AUSSTELLUNG
Im Juni 1967 fand im Wiener Künstlerhaus
eine Ausstellung von Förderungsankäufen
des Bundesministeriums für Unterricht statt.
die unter der Ara der Referentin für bildende
Kunst. Frdu Ministerialrat Dr. Adele Kaindl,
angekauft wurden. Diese Ausstellung war
dem Gedächtnis an Frau Dr. Adele Kaindl
gewidmet, die im Dezember des Jahres 196a
plötzlich verstorben war. Zu dieser Aus-
stellung erschien eine kleine Gedenkschrift,
deren Inhalt wir abdrucken.
Über Aufgabe und Wege der staatlichen
Kunstförderung
Dem Staat, den Ländern, den Gemein-
den, verschiedenen Körperschaften und
Institutionen fallen in unserer Zeit Auf-
gaben der Kunstförderung zu, die
früher vom Herrscherhaus und von
privaten Mäzenen erfüllt wurden. Die
Notwendigkeit, daß diese Aufgaben
heute von der öffentlichen Hand wahr-
genommen werden, wird kaum mehr
bestritten. Die "bürokratische" Förde-
rung der Künste würde freilich, selbst
wenn ihr ausreichende Mittel zur Ver-
fügung stünden, die Funktion der
Mäzene nur im Materiellen ausfüllen
können. Die Förderung durch die
Öffentliche Hand wird, auch wenn sie
kunstverständigen Funktionären über-
tragen ist, keinen Ersatz für die geistigen
Kontakte und Auseinandersetzungen
zwischen Künstler und Mäzen zu bieten
vermögen. Der vom demokratischen
Staat geförderte Künstler wird wohl in
seinem künstlerischen Wollen nicht
gelenkt und eingeschränkt, wie es durch
den hoheitlichen oder privaten Mäzen
und Auftraggeber selbstverständlich oft-
mals geschehen ist. Für den demo-
kratischen Staat ist es neben der Re-
spektierung der künstlerischen Freiheit
oberstes Gebot, daß seine Förderungs-
maflnahmen allen künstlerischen Spar-
ten und Richtungen zugute kommen,
daß nicht etwa ein bestimmter Stil zur
offiziellen ..Staatskunst" erhoben wird.
Eswäre freilich falsch verstandeneDemo-
kratie, wenn bei der Entscheidung über
Förderungsmaßnahmen das Urteil qua-
lifizierter Fachleute außer acht bliebe
und die Erwägung, wie ein großer Teil
des Publikums möglicherweise sich zu
einem Werk einstellen könnte, als Maß-
stab diente.
Die Maßnahmen der staatlichen Kunst-
förderung sind vielfältig. ein Teil kommt
den Künstlern unmittelbar zugute; ich
nenne etwa die alljährlich verliehenen
Staatspreise, die „Förderungsprämien"
und die fortlaufenden „Ehrengaben",
welche älteren Kunstschaffenden ein
monatliches Fixum bieten, die Arbeits-
stipendien. die Beihilfen zu Studien-
reisen und die Zuschüsse zu Ausstellun-
gen im In- und Ausland. Mittelbar hilft
die staatliche Kunstförderung den Künst-
lern durch die Subventionierung von
künstlerischen Vereinigungen, von kon-
zertveranstaltenden Gesellschatten, von
Theatern, durch Gewährung von Druck-
kostenbeiträgen an österreichische Ver-
lage und durch die Förderung von
Kulturfilmen.
Für den bildenden Künstler hat sich der
Ankauf von Werken als die zweck-
mäßigste Form der Förderung er-
wiesen. Das Bundesministerium für
Unterricht hat in den letzten 20 Jahren
über 10.000 Arbeiten der Malerei, der
Graphik. der Plastik und der ange-
wandten Kunst angekauft. Bei dieser
Art der Förderung nimmt das Bundes-
ministerium für Unterricht ebenso wie
bei seinen anderen Maßnahmen zu-
gunsten der zeitgenössischen Kunst be-
sonders auch auf die Nachwuchs-
förderung Bedacht. Sicherlich kommt
es vor, daß das eine oder andere Talent.
das in seinen Anfängen gefördert wurde,
sich nicht in der erhofften Weise ent-
wickelt. Es wäre aber zweifellos ver-
fehlt, wegen gelegentlicher Fehlinvesti-
tionen darauf zu verzichten, künst-
lerische Starthilfe zu leisten. Es wöge
sicher schwerer. wenn es die staatliche
Kunstförderung unterließe, jungen Ta-
lenten rechtzeitig Chancen zur Ent-
faltung zu bieten.
Es erscheint mit wünschenswert, dem
kunstinteressierten Publikum vom Bun-
desministerium für Unterricht erwor-
bene Werke der bildenden Kunst zu-
gänglich zu machen und ihm dadurch
einen gewissen Einblick in ein Teil-
gebiet der kunstfördernden Tätigkeit
des Bundes zu bieten. Die Ausstellung,
die der Direktor der Österreichischen
Galerie, Herr Universitätsprofessor Dok-
tor Fritz Novotny, mit seinen Mit-
arbeitern in dankenswerter Weise zu-
sammengestellt hat, kann naturgemäß
nur einen ganz kleinen Teil der Kunst-
ankäufe zeigen. Viele der vom Bundes-
ministerium für Unterricht erworbenen
Arbeiten, die ja alle einer sinnvollen
Aufstellung zugeführt wurden, betinden
sich bei österreichischen Vertretungs-
behörden oder in Kulturinstituten im
Ausland, andere in Schulen und Ämtern
im ganzen Bundesgebiet. Es wäre nicht
vertretbar, einer umfassenderen Lei-
stungsschau zuliebe angekaufte Werke
in größerer Zahl ihrer derzeitigen
Funktion zu entziehen. Die notwendigen
Transporte hätten überdies beträcht-
liche Summen erfordert, die besser der
unmittelbaren Künstlerforderung zu-
geführt werden. Es kann also nur ein
ganz kleiner Teil der vom Bundes-
ministerium für Unterricht erworbenen
Kunstwerke gezeigt werden; aus der
Vielzahl der durch Ankäufe geförderten
Künstler werden nur verhältnismäßig
wenige präsentiert. Die Auswahl der
Künstler bedeutet keine Wertung. Es
ist im übrigen daran gedacht. bei einer
anderen sich anbietenden Gelegenheit
Arbeiten anderer Künstler zu zeigen.
Abgesehen von der schon erwähnten
Intention, der Öffentlichkeit Einblick in
eine Sparte der staatlichen Kunstförde-
rung zu bieten. soll diese Ausstellung
vor allem das Wirken einer viel zu früh
verstorbenen Beamtin des Bundesmini-
steriums für Unterricht, der Frau
Ministerialrat Dr. Adele Kaindl, sicht-
bar machen und Anlaß zu ehrendem
Gedenken sein. Mit dieser Ausstellung
soll der Dank des Bundesministeriums
für Unterricht an Frau Dr, Kaindl ab-
gestattet werden.
Frau Ministerialrat Kaindl war nach
vorheriger Verwendung in der Bundes-
theaterverwaltung seit 1945 in der
Kunstsektion des Bundesministeriums
für Unterricht tätig; seit 1. Jänner 1964
leitete sie bis zu ihrem Tod im Novem-
ber 1966 die Abteilung „Bildende Kunst,
Ausstellungswesen und Museen". Bei
den Bemühungen, die staatliche Kunst-
förderung auszubauen und die hiefür
nötige ünanzielle Grundlage zu schaf-
fen, war sie dem jeweiligen Ressortchef
eine unermüdliche initiative Mitarbei-
terin. Die Befassung mit der bildenden
Kunst bedeutete für sie nicht nur einen
dienstlichen Auftrag, sie war ihr eine
Herzensangelegenheit; dadurch ver-
mochte sie die staatliche Kunstförderung
sinnvoll zu intensivieren und aus der
Sphäre reiner Verwaltungstätigkeit in
die menschlicher Anteilnahme zu heben.
Künstlerisches Interesse, Herzensgüte
und psychologisches Einfühlungsvermö-
gen bestimmten ihre dienstlichen Kon-
takte mit den Künstlern. Von den vielen
Erfolgen, welche die Laufbahn Dok-
tor Kaindls kennzeichnen, seien nur
zwei besonders hervorgehoben. Die
Einbeziehung Österreichs in den inter-
nationalen Ausstellungspool ist im be-
sonderen Maße der Initiative und dem
Verhandlungsgeschick Dr. Kaindls zu
danken. Es gelang so, dem österreichi-
schen kunstinteressierten Publikum her-
vorragende Werke aus allen Teilen der
Welt darzubieten (Ausstellungen indi-
scher, ägyptischer, iranischer, prä-
kolumbischer, koptischer, koreanischer
Kunst). Durch die Zusammenarbeit mit
bedeutenden Fachleuten in diesem Aus-
stellungspool, aber auch anläßlich der
Teilnahme österreichischer Künstler an
den Biennalen in Venedig und Sao
Paula, an der Triennale in Mailand und
an anderen internationalen Kunstaus-
stellungen erwarb sich Dr. Kaindl hohes
Ansehen und aufrichtige Wertschätzung
in der Fachwelt.
Mit der Schaffung des Museums des
20. Jahrhunderts in Wien konnte eine
seit 50 Jahren immer wieder erhobene
Forderung österreichischer Künstler und
Kunstinteressenten erfüllt werden. Die
Verdienste, die sich Dr. Kaindl bei der
Schaffung dieses Museums erwarb, kön-
nen nicht hoch genug eingeschätzt
werden. Sie vertrat die Idee, den Brüs-
seler Weltausstellungspavillon in ein
modernes Ausstellungsgebäude zu ver-
wandeln, temperamentvoll und mit
viel Geschick; sie meisterte die organi-
satorische Vorarbeit in rastlosem Ar-
beitseinsotz.
Mit Adele Kaindls viel zu frühem Heim-
gang haben die bildenden Künstler
Österreichs und das Bundesministerium
für Unterricht viel verloren. Sie war
eine pflichteifrige Beamtin, eine kennt-
nisreiche Sachbearbeiterin, eine klar
profilierte Persönlichkeit; sie war ein
edler, hilfsbereiter Mensch!
Wien, im Juni 1967
Bundesminister für Unterricht
Dr. Theodor Piffl-Percevic
MODERNE KUNSTAUSSTELLUNGEN
oss EUROPARATES (I)
Straßburg, die Europastadt 1967, wird
in den kommenden Jahren eine Reihe
moderner europäischer Kunstausstel-
Jungen veranstalten, Die Ausstellungs-
objekte sollen aus Museen und Privat-
sammlungen der Mitgliedsländer des
Europarates kommen: den Ehrenschutz
der Ausstellungen übernimmt der Euro-
parat, Für die nächsten fünf Jahre sind
folgende Ausstellungen vorgesehen:
1968 Europa um 1918
1969 Die russischen Ballette des Serge
de Diaghilev
1970 Europa um 1925
1971 Kunst und Materie
1972 Europa um 1930-1933
Die erste Ausstellung wird am 15. Mai
1968 in der Ancienne Douane (Altes
Zollhaus) in Straßburg eröffnet.
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