Frlihcltriltliche Kunst. Sinnbild und Glaubens-
aussage. Von Ekkart Sauser. Mit 16 Kunst-
druckbildern. Tyrolia-Verlag. Inns-
bruck-Wien-München (1966). Leinen
Diese umfassende. wahrhaft enzyklopädische
Schrift des bekannten lnnsbrucker Dozenten
für christliche Patrologle und Archäologie
möchten wir als "summa" des heutigen
Wisensstandes um die Entstehung der christ-
lichen Kunst und ihre Stellung und Bedeutung
im spatantikcn Raum verstanden wissan.
Sausers Arbeit zeugt von extremem Fleiß
und tiefer Gelehrsamkeit; jenseits des heute
so beliebten fabulierenden Theoretisierens
stehend. gibt es in ihr keine einzige Behaup-
tung. die nicht bele t oder zumindest bündig
abgeleitet ware. elbstverständlich kommt
den primären Quellen. also der Heiligen
Schrift und den Äußerungen der Kirchen-
väter und -Iehrer die führende Bedeutung
zu. doch werden auch die Lehrmeinungen
christlicher Archäologen älterer und '
gerer Generationen vollauf berücksichtigt
und diskutiert. Dshalb kann man Sausers
an sich nicht für Laien gedachtes Buch als
vortreffliche und grundlegende Einführung
irt die Materie als solche ansehen. --
Wer die frühchristliche Kunst verstehen will.
muii sich über die Grundvoraussetzungen im
klaren sein. aus denen sie erwuchs. Der Ur-
sprung der christlichen Kunst isl in den Kata-
komben zu suchen. ihre geistige Heimat ist
Rom und weder der Orient. wie Slrzygowski
behauptete. noch der Okzident. wie Wilperl
es wahrhaben wollte: "Rom war der Orient
und der Orient war Rom . . und umgekehrt
kannte man im Orient die r' ische Religion.
ihre Sitten und ihre Kunst. Die frühesten
Werke der christlichen Kunst sind hin-
weisende Zeichen. Symbole. Das Symbol aber
ist die sichtbare Manifestation für etwas
grundsätzlich Urtanschauliches: Clemens von
Alexandrien kennzeichnet den Realitätsgrad
dieser Symbole mit den Worten: ..AIle Sinn-
bilder sind für den Menschen undeutlich.
nicht infolge einer Mtngunst Gottes. sondern
damit das Suchen sich bemühe. in den Sinn
der Bilder einzudringen und so zum Finden
der Wahrheit aufzusteigen." Sauser definiert
diese Verhaltensweise als nautischen Realis-
mus". der auf Platon und sein Höhlen-
gleichnis zurückgeführt werden kann. In
diesem Sinne ist Christus selbst Symbol für
Gott. also die Summe dessen. was sichtbar
ist am Höchsten. Absoluten. er selbst ist Epi-
phanie. ebenso wie sein Bild Veranschau-
lichung und Manifestation seines Wesens ist.
So liegt auch der Anfang der christlichen
Kunst im Symbolhafien; nach dem heutigen
Stand der Forschung ist es unmöglich. ihn
vor das Jahr 200 anzusetzen. Die Kleinheit
der Christengemeinden. der fortlebende alt-
testarnentarische ikonoklasmus und die möch-
tige Konkurrenz heidnischer religiöser Kunst
müssen als Gründe für das relativ späte Auf-
treten angesehen werden. Die lclztc Klärung
der Stellung christlicher bildender Kunst
innerhalb des geistigen Aufbaues der Kirche
brachte erst der Bilderstreit. dessen Aus-
einandersetzungen zur Vollendung der
..lkonentheologie" führten.
Eine der Kardinalfragen der frühchristlichen
Kunst war selbstverständlich die noch dem
Aussehen Christi. Hier kommt dem Volks-
glauben eine entscheidende Bedeutung zu.
der die Darstellung Christi als eines Leiden-
den. Hüßlichen rundweg ablehnt. Das Stre-
ben überwiegt. vom möglichen historischen
Erscheirtungsbild des Erlösers abzurücken und
ihn zu "idealisieren". d. h. in einen ahisto-
irisch-zeitlosen Raum zu rücken. So kommt
auch von diaer Seite her als Ausweg im
Streife der Meinungen dem Symbol eine
gesteigerte Bedeutung zu.
Ein weiteres. eng mit dieser Frage zusammen-
höngendes Problem ist das der Typologie.
d. h. der inbezugsetzung von Geschichten
des Alten und Neuen Testaments. Der Jonas-
Iegende ist hier. wie Sauser in einer Statistik
zeigt. durchaus führend. gefolgt von Daniel
In der Löwengrube und den drei Jünglingen
im Feuerofen. Es ist also die Idee der Auf-
erstehung. der Erlösung und der wunder-
baren Errettung aus höchster Gefahr. die die
frühen Christen besonders bewegte. Bei
Christusdarstellungen im engeren Sinne füh-
ren die Taufe und die Auferweckung des
Lazarus vor der Heilung des Gichtbrüchigen.
gefolgt von anderen Wunderheilungsdcllstel-
lungcn, der Erzählung von der wunderbaren
Brotvermehrung und den zahlreichen Dar-
steilungen van ..Liebesmahlen". Repräsen-
tation und Evokation sind untrennbar mil-
einander verbunden. Christus selbst wird
aber auch gleichnishaft dargestellt durch die
Orante (Betende mit erhobenen Händen).
das Kreuz und das Kruzifix. Auch hier
dominiert die Tendenz. vom lllustrativen zum
Symbolischen vorzudringen. Eine der wesent-
lichsten Darstellungen des Heiland; ist die
des "Guten Hirten". die sich fortlaufend
entwickelt: Aus dem "Pastor bonus" wird
der Welterllehrer. aus dem Weltenlehrer der
All-Herrscher. der Pantokrator. Ist schon
der "Gute Hirte" eines der ältesten Motive
mittelmeerischer Kunst. so gibt es in Hinblick
auf die Lehrer- und Herrscherdarstellungen
zahllose Uberschneidungen mit der heid-
nisch-römischen Kunst. Christus. der selbst
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eine ..Summa". also ein "Ganzer Christus"
ist. manifestiert sich selbstverständlich auch
im Kultbau. Von Anfang an ist das Kirchen-
gebäude identisch mit der Kirche als solcher.
ihre Erbauung ist Gottesdienst. ist aber die
Kirche als Glaubensgemeinschaft Sinnbild
des Himmels und seiner Hierarchie. so mull
das Kirchengebäude zwangsläufig zum
Thronsaal und Wohnzeli Christi werden:
hier greift Sauser besonders auf Anregungen
zurück. die auf Lothar Kitschelt (1938)
zurückgehen.
Diese kurzen Ausführungen können kaum
mehr sein als eine unvollständige und un-
zusammenhängende Wiedergabe der Ge-
dankengänge. die sich in Sausels Buch
darbieten, Sie berühren weit über die Be-
renztheit des Themas hinaus nicht nur
rundfragen des Glaubens. sondern auch
des künstlerischen Schaffens schlechthin.
Ernst Köller
Kurt M. Jung. Woltgßcltichtl dar Kiinttl von
der Urzeit bis zur Gegenwart. Safari-
Verlag. Berlin 1966. 760 Seiten.
1500 Abbildungen und Z4 farbige
Gemäldewiedergaben.
ln einer tabellenartigen Anordnung will der
Herausgeber einen Querschnitt durch die
Kunstgeschichte seit dem Paläolithikum
geben und alle Kulturkreise erfassen. In
senkrecht nebeneinandergestellten Spalten
werden die Fakten der einzelnen Kunst-
üußerungen. die sich in einer Zeit mani-
festierten. nebeneinandergestellt. Es sind das
fünf Kolonnen: Architektur und Stadtebou.
Malerei und Graphik. Plastik. Musik und
Tanz. Theater. Architektur und Stüdtebau
wurde von Fritz Jaspert bearbeitet. Malerei
und Graphik von Martin Jaspert. Plastik.
Musik und Tanz sowie Theater vom Heraus-
geber Kurt M.Jung und die auf den letzten
13 Seiten plocierte "Kleine Stilgeschichte der
Farbe" van Bernhard Borchert. Die ange-
führten Beispieie sind zum großten Teil in
guten Photographien wiedergegeben. Be-
sonders zahlreiche Bilder werden von der
Architektur geboten. es folgt die Plastik.
dann die Malerei. Zum Thema Musik und
Tanz finden wir. ebenso wie zum Theater.
fast keine bildliche Darstellung (z. B. Musik-
instrumenle. Tanzfctrmen usw wobei es
auch davon. wie das mehr andige Werk
nThealergeschichte Europas" von H inz
Kindermann (Otto Müller Verlag) zeigt. eine
reiche Auswahl gibt. Eine zeitliche Gliederung
wurde im europäischen Raum nach Halb-
jahrhunderten. in den übrigen Kulturräumen
nach Jahrhunderten durchgeführt. Schon
hier zeigt sich eine Schwerpunktbildung des
Werkes. mit der Betonung der abendländi-
schen Kultur. Natürlich sind auch die ange-
führten Beispiele der nichteurop schert Kunst
in einer dementsprechenden Minderzahl. Oft
finden wir in einer Spalte oder in mehreren
Spalten leere Felder. die. wie der Heraus-
geber schreibt. dann anzeigen. daß für jene
Zeit auf jenenlGebieten der Kunst keine
wesentlichen Aullerungen vorliegen. Es
scheint uns aber unwahrscheinlich. doß. um
ein Beispiel zu nennen. zwischen 500 und
1500 etwa. zur Blütezeit miltelamerikanischer
Baukunst. keine Musik und kein Tanz in
dieser Kultur gepfiogen wurde. Es mag__sein.
daß es hier und an anderen Stellen. an Uber-
lieferungsmoglichkeiten mangelt, doch mtililc
das dann festgehalten werden. Andere
schwerwiegende Bedenken kommen einem
beim Durchblättern dieses Werkes. das ja
lnformations- und Nachschlagewerk sein
will. wenn man bei der Abbildung der Venus
von Willendorfliest: Plastik aus der Aurignac-
KulturlSüdfrankreich. oder: Stift Florian in
Tirol .. . unter einer Abbildung von St. Flo-
rian in Oberösterreich. Weiters wäre zu
bedenken. ob bei der Erwähnung der Neger-
kunst. wo s an einer Dokumentation der
Malerei fehlt. nicht angemssen wäre. die
reicher entwickelte Textilkunst an dieser
Stelle zu zeigen. Sehr übersichtlich und einer
raschen Orientierung förderlich sind die
lnhaltsübersichten. eine nach Zeiten und
eine nach Ländern und innerhalb letzterer
wieder eine Ordnung nach Sachgruppen.
Auch das außergewöhnlich umfangreiche
Sach- und Namensregister. das dem Bande
angefügt ist. ermöglicht eine praktische
Handhabung des Werkes. Es ist schade. daß
ein solch aufwendiges. gut ausgestattetes.
geschmackvoll gebundenes Buch nicht mit
mehr Sorgfalt und Liebe zusammengestellt
wurde. Alois Vogel
Norbert KnaPP. Das Garten-Belvedere. Das
Belvedere Liechtenstein und Bedeutung
von Ausblick und Prospektbau für die Garten-
kunst. München-Berlin (Deutscher
Kunstverlag) 1966. 10a s.. 19 Abb.
im Text. 32 Abb. auf Tafeln.
Seit dem Beginn der fünfziger Jahre hat das
lnterßse an der rnanieristischen und barocken
Garlenkunst immer mehr zugenommen und
in der kunstgesctiichtlichen Forschung wie
auch in der für breitere Kreise bestimmten
Buchproduktlon seinen Niederschlag gefun-
den. Nach den Monographien über einzelne
bedeutende Gartenanlagen und den mehr
oder weniger wissenschaftlichen Uberstchts-
werken über die Gärten verschiedener
Kunsllandschaften und Zeiträume wird hier
erstmalig versucht. das Gartenbelvedere in
den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen.
jenes architektonische Gebilde. das dreierlei
Funktionen hat: von weitem einen gefälligen
Anblick zu bieten. zum Durchblick hinzu-
führen und diesen zu r hmen und einen
schönen Ausblick zu erm' lichen. Dafl eine
solche Untersuchung bisher nicht unter-
nommen wurde. ist wohl darin begründet.
daü es sich hier nicht darum handelt. die
Geschichte eines Bautypus darzustellen.
sondern die Wandlungen einer Idee zu ver-
folgert.
Das Buch st aus einer Dissertation an der
Universität München erwachsen. zu der ein
Besuch des Autors in den Wiener Barock-
gärten den unmittelbaren Anstoß gab. und
verdankt in seiner Fragestellung wie in
seiner Aussage den Arbeiten Hans Sedlmayrs
viele Anregungen. Das Kernstück und offen-
bar auch den Ausgangspunkt der Unter-
suchung bildet die Analyse des Belvedere im
Liechtenstein'schen Garten in Wien. des
bedeutsamen Frühwerks Johann Bernhard
Fischers von Erlach. in dem in nuce viele
von seinen später monumental verwirklich-
ten Baugedanken enthalten und in für thn
typischer Weise verbunden sind. Knapp zieht
außer den bereits in der Fachliteratur ge-
nannten Vorbildern einige weitere zum Ver-
gleich heran. muii jedoch zuletzt feststellen.
dal} keines davon Fischer unmittelbar be-
einflußt hat. Es scheint sich eben um eine
besonders geglückte Synthese von hoch-
barocken Baumotiven zu handeln. deren
Neuartigkeit die hervorragende entwick-
lungsgeschichtliche Stellung des Baues im
Schaffen Fischers wie in der gesamten ostar-
reichischen Barockarchitektur ausmacht.
Dem Hauptteil ist eln Kapitel über die Be-
deutung des Ausblicks für die Gesamt-
erscheinung von Villenanlagen vorange-
stellt. wobei stichprobenartig charakteristi-
sche Anlagen analysiert und an Hand der
Ergebnisse die Wandlungen der Funktion
des Ausblicks darzulegen versucht werden.
Bei den pompejanischen Villenanlagen konnte
sich der Autor auf zwei grundlegende Auf-
sätze von Heinrich Drerup stützen. die ihm
auch für die Betrachtung der nachantiken
Gartenanlagen richtungweisend waren. Re-
lativ zahlreich (mit sechs Beispielen) sind
unter diesen die römischen Villen des Manie-
rismus vertreten. während von den barocken
Anlagen des 17. Jahrhunderts nur Versailles
näher betrachtet wird. Als Begründung wird
angeführt. daß sich in der römischen manie-
ristischerl Gartenanlage innerhalb weniger
Jahre eine wichtige Entwicklung vollzogen
habe. sie daher in dieser aufdie Verbindung
von Architektur. Garten und Landschaft ab-
zlelenden Studie besondere Berücksichtigung
erfahren müsse. wogegen m der französi-
schen barocken Gartenanlage diese spezi-
fische Verbindung nicht gegeben sei. Das an
der gigantischen Größe von Versailles ge-
wonnene Argument. daß der (moderne)
Betrachter einer französischen Anlage Mühe
habe. Schloii und Garten zusammen zu sehen
und die umgebende Landschaft zu erkennen.
wird meines Erachtens durch die anderen.
kleineren Anlagen und durch die zeitgenössi-
schen Ansichten. auch von Versailles. wie
durch die Ausführungen in ..La theorie et
la pratiaue du jardinage" von Dezallier
d'Argenville widerlegt. die alle stets Schloß.
Garten und Umgebung zueinander In Be-
ziehung setzen. Im Hinblick auf die Belvedere
der österreichischen und süddeutschen An-
lagen. als deren Quellen die römische und
oberitalienische wie die französische Garten-
architektur in gleichem Maß anzusprechen
sind. wäre es besonders wünschenswert ge-
wsen. derartige ..Stichproben" auch unter
den oberitalienischen und französischen
Gartenanlagen des 16. und 17. Jahrhunderts
zu machen. Auch hätte eine Ordnung der
untersuchten Anlagen nach ihrer Funktion
(Stodtschloß mit Garten. bürgerlicher Lust-
garten. Villa suburbana. Londschloß) viel-
leicht manche neue Erkenntnisse für die Be-
ziehung von Architektur. Garten und um-
gebender Landschaft bringen können.
Dem historischen Rückblick folgt eine sehr
dankenswerte Studie über die Garten-
belvedere in Österreich und Süddeutschland
um 1700. Dabei zeigt sich. daß die eigentlichen
Gartenbelvedere mit dreifacher Funktion
Auseinandersetzungen mit Fischers Bauidee
sind (etwa Hiidebrandts Belvedere im Star-
hembergischen Garten. Fischers des Jüngeren
im Aithanngarten in Wien). Die übrigen
kleineren Pavtllanbouten ohne Durchblicks-
öffnung haben bloß die Funktion eines Point
de Vue (etwa die Gartenhäuser in Pommers-
felden und Obersiebenbrunn). Hingegen
gestatten manche Orangeriebaulen. die
Gartenanlagen prospektartig abschließen
und mit Aussichtsterrassen versehen sind.
auch Durch- und Ausblicke in die Landschaft
(etwa die Bauten von Hildebrandt in Schloß
Göllersdorf. von Maximilian Welsch im Tier-
garten von Schraltenhofen. vonlohanrt Chri-
sllan Lüttich in Schlot} Weikersheim). Die Idee
eines Gartenbelvedere mit seinen drei Funk-
tionen liegt in gewissem Sinn auch dem
Oberen Belvedere in Wien zugrunde. (Aller-
dings standen die Zelte des Großveziers
während der zweiten Türkenbeiagerung
nicht. wie der Aular ..nach der Uberliefe-
rang" annehmen wlll. an seiner Stelle.
sondern nachweislich im jetzigen siebenten
Bezirk in der Nahe von st. Ulrich.)
Als Ausklang sind dem Buch kurze Abschnitte
angefügt. in denen auf die Beziehungen des
Belvedere Liechtenstein zu Thealerarchitek-
tur. Festdekoration und Ornamentstich der
Zeit hingewiesen Wird.
Die zahlreichen Abbildungen nach zeit-
genösslschen Bildern und Stichen machen
das Buch besonders ansprechend. Es sei allen.
denen die Beschäftigung mil der Garten-
kunst Freude bereitet. zum Studium emp-
fehlen. Hans Aurenhammer
Konrad strauli. Die Kachelkunst des ts. und
islahrhundcrtsstraliburg 1966.160 s..
1 Farbtafel. a2 Schwarzweißtofein
Unter diesem weitgefaiiten Titel erwartet den
Leser keine allgemeine Geschichte der
Kachelkurtst des crwdhntcn Zeitraums. Eine
solche zu schreiben wäre beim gegenwärtigen
Stand der Forschung wohl auch verfrüht.
Der Autor gibt vielmehr eine sammlung von
Aufsätzen über ihm klar greifbare Kachel-
gruppen des 15. und 16.Jahrhunderts. Als
ersten derart geschlossenen Komplex be-
handelt er die in Kloster Neuzelle erhaltenen
Kacheln eines spätgolischen Ofens. die er
einer Serie verwandter Kacheln in Zittau
gegenübersteht. in beiden Füllen handelt es
sich um Reliefkacheln. deren reicher Bild-
schmuck sowohl In lkonographischer als
auch kulturgeschichllicher Hinsicht von er-
hebllchem Interesse lSt.
..Eine spätgotische Kachelgruope aus Halber-
stadt" heißt der zweite Autsotz und bringt
jene künstlerisch bedeutenden. oolycltrom
glasierten.reliefgcschmücktenNlschenkacheln
zur Sprache. die um die Wende des 15. und
1a. Jahrhundert im niedersächsischen Gebiet
geschaffen worden sind. Eine interessante
ltuckblcndung auf den niedersöchsisch-hessi-
schen Raum findet der Leser ferner im Auf-
satz llDer Grafenegger Kachelofen und seine
Beziehungen zur deutschen Kachelkunst".
Das weitverzwetgte Thema der Ubertragung
und Ausstrahlung von Formmodelrt kommt
ausführlich zur sprdchc in einer Arbeit über
..l(acheln mit der Signatur Hans Bermart".
Ein weiterer Beitrag behandelt das Werk
des Kunsthafners Hans Kraut in Villingen.
dieses bedeutenden Meisters der Fayence-
Iechmk der zweiten Halfte des 16.Jahr-
hundarts. Schweizerische Belange kommen
in dem Aufsatz ..Eine bedeutende Kachel-
Werkstatt in Stein am Rhein" zur Sprache.
Die Aulsatzo dieses Buches setzen willkom-
mene Punkte ins weitmoschige Koordinaten-
netz der mitteleuropäischen Kachelproduk-
tion im 15.116. Jahrhundert. Auf das Setzen
weiterer Akzente. wie es der Autor durch
als Ankündigung eines zweiten Sammel-
bandes zu tun verspricht. dürfen wir uns
freuen. Rudolf Schnyder
Heinrich Neumayer. Griechische Vasen;
Dora Heinz, Mittelalterliche Tapißerien;
Heribert Hutter. Jugendstil, alle im Ver-
lag Brüder Rosenbaum.1965. in der
von Heinrich Neumayer heraus-
gegebenen Reihe: Zeit und Farbe.
mit jeweils einem einführenden Text
und Z0 Farbtafeln
Die nun schon zu der stattlichen Anzahl von
15 Bändchen angewachsene Folge wird
ihren Zweck. Information und Anregung
für Laien und junge Menschen zu sein.
erfüllen. Auch bei den vorliegenden Büchern
zeichnen. bei aller Verschiedenheit. drei
Autoren. die sich intensivst mit der Materie
beschäftigt haben und noch beschäftigen. die
somit zu solch weisender Publikation legi-
timlert sind. ln kurzen Einführungen wird
das Gebiet umrissen. und Einblicke ln die
verschiedenen Techniken und in die zeit-
bedingten Zusammenhänge werden gegeben.
Die Farbwiedergaben sind am besten in
dem Band .Griechische Vasen". bei den
beiden ander n Büchern lassen sie sehr zu
wünschen übrig. In Jugendstil" etwa sind
"April" von Denis. .Die Braut" von Jan
Ttiorn-Prikker, die ..Madonna" von Munch.
"Der Kuß" von Klimt in den Farbwerlen
sehr verschoben. Besonders schlecht sind
einige Wiedergaben der ..Mittelalterlichen
Tapisserlen". so jene des im Österreichischen
Museums für angewandte Kunst befindlichen
Oblektes ..Geschichte des Schwanenrltters"
oder die ..Jugendgeschichle des Hercules"
aus Brüssel. wo man fast keine Einzelheiten.
besonders in der rechten Bildhälfte. unter-
scheiden kann.
Richard W. Etchllr, Der geltauurte Kunst-
verfall. J. F. Lehmann Verlag. München
1965. 129 Abbildungen
Karl Kraus schreibt: ..Je großer der Stiefel.
desto größer der Absa " Das Buch ..Der
gesteuerte Kurtstverfall" hat bereits seine
1. Auflage. Alois Vogel