dessen Schulter. Ihr Kopf ruht schmachtend
auf dem des Geliebten. Er erhebt ebenso
schniachtentl zu ihr sein Gesicht. Die beiden
Figuren bilden ein Rechteck. Die Schulter
des Älädchens ist die fast waagrechte obere
Abschlußlinie, während ihre Körperlinie
links, das herabfallcnde Haar, ihr linker
Arm und der Körper des lNlannes rechts die
Längsseiten des Vicrecks darstellen. Unten
lauft die Komposition ohne festen Abschluß
vor dem Blattrand aus. Die Haare des Nan-
ncs sind schwarz in Bleistift gezeichnet, die
Haupt- und Schamhaare der Frau rot und
ihre Strümpfe grün in Farbstift koloriert.
Durch diese Farbigkeit wird die Llnruhe
der Zeichnung und das Äufreizentle ihres
unterstrichen. Hier kündigt
der oft ans Erotisch-Porno?
Ausdruckes
sich schon
graphische grenzende spätere Schiele an.
Die Komposition ist sicherlich durch Klii-nt
angeregt, an dessen „Kuß" von 1908 (Abb.
ZU) sie erinnert. ie greift auch das Senti-
mentale des Vorhildes auf. In der Zeichnung
lehnt sie sich jedoch nicht an das Gesehmei?
dige, Schonftirmige Klirnts an, sondern ist
drahtiger und tirien Ton schriller.
liin anderes Blatt behandelt das gleiche
Thema (Abb. Zl). Die beiden Figua
ren sind im Vollprofil gegenübergestellt.
Der Mann kniet vor dem Mädchen, sein
Kopf ruht auf ihren Knien, seine Arme
liegen verschränkt auf ihren Schenkeln und
seine Knie berühren ihre Füßc. Das Xliitl-
chen sitzt mit xorgelveugtem Oberkörper
und geneigtem Kopf. Beide halten die Äu-
gen geschlossen. Die sehr sorgsam kon-
struierte Komposition ist in erster Linie
Hächig ausgerichtet. Als Kompositionsachse
dienen das senkrecht stehende Bein des
Mädchens, der Kopf des Mannes und die
roten, spiralig dekorierten Haare der Frau,
die sich ineinanderschieben und wie eine
Säule die Iiiguratitm stabilisieren. Darum
herum ordnen sich diagonal die eingeknick-
tcn Leiber. In der Kalligraphie der Linie
und der ornamentalcn Flächenxvirkung ist
dieses Blatt ein Musterbeispiel für die
Jugendstilphase im Frühwerk Schieles.
Die Zeichnung eines Mädchenkopfes ist
das letzte Blatt unserer Reihe (Abb. 22).
Der Kopf ist im verlorenen Profil gegeben.
Nur ein Teil des Gesichtes ist sichtbar, das
übrige des Kopfes wird von einer rotfarbi-
gen Haarperückc bedeckt. Schulter und
Oberarm skizziert eine einzige Linie, die
unvermittelt abbricht. In diesem Blatt
dominiert die Farbe. Die roten Haare füllen
den größten Teil der Zeichnung, und die
Bleistiftkonttiren rahnien nur die farbige
Fläche. Aber die Perücke ist nicht einheitlich
eingefärbt, wie etwa die Haare im Bildnis
der beiden Damen (Abb. 8). Die Farbe ist
verschieden intensiv aufgetragen und die
Oberfläche durch ornamentale Binnen-
zeichnung rerlebendigt und strukturiert.
Dieses Blatt ist in der Prägnanz und Frische
ein vorzügliches Beispiel der elcktrisierena
den Zeichenkunst Schieles.
In den hier vorgeführten Blättern, die der
junge Schiele als 18- und 19jähriger Akade-
miestudent zxusgeführt hat, stellt er sich uns
bereits als bravouröscr Zeichner vor. l"'.r
16
ANMERKUNGEN 5, n
t Kullir, a. a. 0., Nr. 92.
ß Max Eisler, Gustav Kliml. Wien
1'120. Abb. 24 a.
H
1-.
16
17
Vorwcielum zur "Danae". w - 31.5 tm. in.
xchivarvrr m. Tuch rot in Äquarrll. wir
stnit-it- Lgtm o9
cm. Schiele, Daune. 1909. s. u. (I. Puppe. llamlv
Liegentler Nllltllillkjhükl (Danac m 31.; n". m
xchwarzer Taische. Brustw hellrot m Aql
Strumpfhantl grun in Aquarell. Signit hit-Ie er
(Iustav Khmt. Daune. Srurimlung Hedi Bock, Gnu