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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 96)

Aus dem jahre 1700 ist uns ein Stich er- 
halten, der einen Begriff gibt von der 
Innenausstattung des Hoftheaters Leo- 
polds I. in der Wiener Hofburg. Die Ab- 
bildung zeigt das üppige Barockproszenium 
des Theaters mit dem gemalten Vorhang 1. 
Es handelt sich da um Arbeiten des Fran- 
cesco Galli-Bibiena. Der Vorhang, dem 
Bühnenausschnitt angemessen länger als 
breit - eine verhältnismäßig seltene Vor- 
hangform -, ist, abgesehen vom reichen 
ornamentalen Dekor, in der allegorischen 
Gestaltung des Mittclteils recht bescheiden, 
wenn man Vergleiche mit späteren Wiener 
Vorhängen anstellt und sich gleichzeitiger 
anderer Arbeiten in verschiedenen Städten 
erinnert. Es ist nicht mehr darauf darge- 
stellt als eine ziemlich lockere, leichte 
Gruppierung von etwa einem Dutzend 
Genien, wobei die kleine Wolkengruppe 
links das amüsanteste Detail ist. 
Inhaltlich wie stilistisch ist ein weiter 
Sprung bis zum nächsten Beispiel. Der Vor- 
hang des alten Burgtheaters (National- 
Theaters) in Wien, das einst am Michaeler- 
platz stand und wegen vieler baulicher Un- 
zulänglichkeiten nach fast anderthalbjahr- 
hundertelanger bedeutender künstlerischer 
Geschichte aufgegeben werden mußte 7 
wegen seiner unübcrschaubaren Gänge und 
steilen Treppen hieß es im Volksmunde 
„Winkeltheater" -, konnte ins neue Haus 
hinübergerettet werden. Dieser an den 
Seiten verbreiterte Originalvorhang des 
alten Burgtheaters diente auf der breiteren 
Bühne des neuen Hauses am Franzensring 
allerdings nur noch als Zwischenaktsvora 
hang. Nach dem Entwurf von Heinrich 
Füger (1751w1818) war der Vorhang von 
Joseph Abel (Figuren) und Joseph Schön- 
bcrg (Landschaft) im Jahre 1794 gemalt 
worden. 
Das Vorhanggemälde stellt Apollo im 
Kreise von Hirten dar, die seiner Erzählung 
lauschen. Es ist eine ruhige, geschlossene, 
idyllische Komposition unter den großen 
Bäumen einer antikisierenden Landschaft. 
Wie Fügers Vorhang sich im alten Burgthea- 
ter ausgenommen hat, bezeugen noch zwei 
Ölgemälde von Franz Matsch 2, ein Kupfer- 
stich von181O und Gusrav Klimts Bild „Blick 
gegen die Bühne des alten Burgthcaters" 3. 
Heinrich Füger war übrigens Schüler des 
Malers und Bildhauers Adam Friedrich 
Oeser (1717-1799) in Leipzig gewesen, der 
seinen berühmten Theatervorhang 1766 
gemalt hatte. Er war also in der Tradition 
der Vorhangmalerei nicht unerfahren. Den- 
noch ist bemerkenswert, daß ein Miniatur- 
maler wie er sich zu diesen gigantischen 
Formaten der Vorhänge hingezogen fühlte; 
er hat auch für das Ackermannßche Neue 
Komödienhaus in Hamburg, das spätere 
Deutsche Nationaltheateglßll einen Vor- 
hang geliefert. Was Fügers künstlerische 
Art im allgemeinen angeht, meint Gustav 
Pauli in seiner „Kunst des Klassizismus und 
der Romantik", Füger sei eine „gefällig 
sentimentale Mattigkeit" eigen gewesen, 
und zu Fügers Vorhängen insbesondere 
sagt er: „Am meisten barock und vielleicht 
am glücklichsten wirkt er in dem Vorhang- 
gemälde des Wiener Hoftheaters, einer über 
Wolken locker gruppierten Götterver- 
Sammlung." Diese Schilderung legt nahe, 
daß Pauli sich hierbei nicht auf den schließ- 
lich ausgeführten Vorhang bezieht, sondern 
auf eine in der Nationalgalerie Berlin 
befindliche Handzeichnung Fügers, die 
Wirklich eine solche Göttervcrsammlung in 
bizarr-phantastischer Landschaft zeigt. 
Eines ehrwürdigen Vorhangcs erfreute sich 
beispielsweise auch das Kärntnertortheater 
in Wien im Jahre 1769. Schmid beschreibt 
in seiner „Chronologie"4 diesen Vorhang: 
„Die Bühne bekam einen ganz neuen Vor- 
hang von dem Herrn von Hohenberg, zwar 
von allegorischer, aber von keiner Oeseri- 
sehen Erfindung, noch viel weniger Aus- 
führung." Der Schöpfer des Vorhanges, der 
mit so gezielter Kritik bedacht wird, die 
zugleich wiederum verrät, welch hoher 
Achtung sich Oesers Leipziger, von Goethe 
sanft verspotteter Vorhang überall erfreute, 
war der Hofarchitekt und Maler Hetzendorf 
von Hohenberg (1732-1816) 5, der Er- 
bauer der Gloriette im Schönbrunner Park. 
In seiner Frühzeit, in der er noch ganz und 
gar in Rokokovorstellungen wurzelte, war 
er vornehmlich als Dekorations- und 
Theatermaler tätig. l766]67 stattete er 
das Schönbrunner Schloßtheater aus.
	        
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