Hermann Steininger
NEUZEITLICI-IE KERAMIK
IN NIEDERÖSTERREICH
Fzyencctcller, Axbcit dcs Hahancrx Emmericus Odllrr.
datitrl 1689. Sammlung Stift Zwcltl, Niederösterreich
Hzfnerlcller, Waldvicnlcr Werkstätte. datiert 1694.
Sammlung j. Anton, Zwcltl. Nicderöslerreich
Fayencckrug mit Zinnmouücxun , Weikimm Bin-
sd1owilz, Mährcn, datiert 1727. uscum Groß-Sieg-
hans, Nicdcrösterrcidx
Fayenoetcller, vielleicht Frühfonn des Langcnloiscr
Typus, datiert 1741. Nicdcrösterreichisdics Landes-
muxum, Wien
Faycncckrug, Fischzuer Werkstätte des Tobias Dorner.
tailliert 1743. Östcrnichisrhts Museum für Volkskunde,
ICH
ANMERKUNGEN 1- 13
l H. Sreiniriqfv. Hoch- und spltmirteiallcrliche Keramik in
Niederösterreich. Alle und moderne Kunst, 12. ]g.,
Heft 91, MärzlApril 1967, S. 37.
1 Die datierte Keramik der Neuzeit in Niederösterreich.
Sonderausstellung vom 4. Se lember bis 8. Oktober 1967
in der Handelskammer Ni Crösterreidi, Herrengaße 10
(NÖ. Landesmuseum), Wien 1967, S. lO, Nr. 13; H. Stei-
ninger. Die Keramik vom 16. bis zum iijahrhundert in
Niederösterreich. Zur Ausstellung du NO, Lande:-
museums „Die datierte Keramik der Neuzeit in Nieder-
österreich". Östcrrcid-xische Ärzlezeitung, 22._Ig., Heft 15,
10. August 1967, S. 1644, Abb.
3 Die datierte Keramik der Neuzeit, a. a. 0., S. 5.
4 Ebd., S. 9, Nr. 5.
5 Ebd., Nr. lO.
ß Ebd., Nr. ll.
7 Franz Lersner, Dir: Habaner - ihre keramischen Arbeiten
und ihre Außraggeber. Alrc und mudcme Kunst, 12.13.,
Heft 91, MärzlApril 1967, S. 21 (T.
l Vgl. cbd. S. 23, Abb. 5.
9 Die datierte Keramik der Neuzeit, a. a. O., S. 9, Nr. 6.
W Ebd., Nr. 2.
11 Ebd., Nr. 7; vgl. F. Lexxner, Die Hahaner, a. 2. 0.. S. Z3,
Abb. 6.
13 Die datierte Keramik der Nclnuit. 1.2. O S 9, Nr. l:
Arbeirerzcitung (Wien), 7. September 196 , . , Abb. 2.
Ü Die datierte Keramik der Neuzeir, a. a. 0., S. 9, Nr. 2.
22
Das Spätmittelalter, insbesondere die Zeit
um 1500, erbrachte für den Bereich der
verschiedenen Sachkulturgüter bemerkens-
werte Neuerungen; so ist es auch bei der
Keramik. Man kann gerade im 15. jahr-
hundert materiell eine deutliche Form-
vermehrung bemerken. Die Ware ver-
feinert sich immer mehr. Die des 16. jahr-
hunderts zeugt dann meist von einer hohen
Qualität; sie steht jedoch in der konti-
nuierlichen Tradition spätmittelalterlicher
Formen und Herstellungsmethodenl.
Es sind vor allem zwei formal Varianten-
reiche Arten, die damals Verbreitung
fanden: einmal eirgfnzbe, auf der Töpfer-
scheibe gedrehte, meist grau bis schwarz,
seltener schon gelb, rötlich bzw. braun
gebrannte unglaxierle llajßiererzeugnixse, die
hauptsächlich als Küclicngerätschaften, Vor-
ratsbehältnisse und Kacheln? verwendet
wurden; dann besonders seit dem Ende
des 15. Jahrhunderts auch hellgelblich bis
bräunlich gebrannte und manchmal an-
schließend glaxierle Ilafnerware. Zunächst
treten vielfach gelbe oder rötliche und dann
dunkelbraune Glasuren auf, während grüne
erst etwas später allgemeiner zu werden
beginnen 3. Dabei ist aber vielfach nur die
Innenreite der Bewahrgefäßc glasiert,
während im allgemeinen die Außenseite
frei bleibt. Der Rand allein wird, wie es in
manchen anderen Landschaften üblich ist,
kaum jemals glasiert. Später jedoch be-
kommt meist auch die Außenreite eine
Glamr, so daß vielfach zwei verschiedene
Farben an einem Objekt sichtbar sind. Auf
Grund dieser Tatsache zeigen im 18. und
19. Jahrhundert viele Schüsseln, Reinen,
Backmodel und Kacheln, gelegentlich auch
plutzerartige Formen außen verschiedenste
Grünglasuren, während die Innenseite viel-
fach den abgestuften Farbgruppen gelb-
braun-dunkelrötlich vorbehalten blieb.
Seit dem Hochmittelalter sind die Her-
steller solcher Waren, die Hafner, zu
Zünften zusammengeschlossen. Sie lassen
sich in den meisten niederösterreichischen
Städten und Märkten, die zugleich auch
Innungssitze waren, aber auch allenthalben
auf dem Lande, in den dazugehörigen
Innungsbezitken, nachweisen. Es waren
aber jeweils nur bis zu vier Meister in
einem Bezirk tätig, wobei in der Regel
wieder jeder Meister nur einen Gesellen
beschäftigte. Abgesehen von konjunktur-
bedingten Schwankungen hat sich bis um
die Mitte des 19. Jahrhunderts dieser
Zustand kaum geändert. Die meisten dieser
Produkte fanden auf den lokalen Märkten
ihre Käufer. Gegenüber dem später auf-
tretenden, bunten, freundlich hellen Ge-
schirr der Krügler, bei denen auf weißem
Grund gelbe, grüne, blaue und Mangan-
farben überwiegen, wirken alle diese Er-
zeugnisse farblich ziemlich stumpf; sie
waren Zweckformen für den täglichen
Gebrauch. Nicht viel anders sind die auf
weißer bis dunkelbrauner Engobe mit
Erdfarben bemalten und anschließend mit
einer farblosen Glasur überzogenen Hafner-
teller von der Mitte des 17. jahrhunderts
bis um 1750. Die meisten davon werden
wahrscheinlich als oberösterreichischer Im-
pott den Donauweg entlang ins Land
gekommen sein. Vermutlich jedoch haben
bald darauf auch niederösterreichische, ins-
besondere Waldviertler Werkstätten solche
Waren erzeugt. Eine sichere Unterschei-
dung beider Gruppen ist schwierig. Auf
eine Herkunft aus Oberösterreich deuten
vielfach Zeichnungen von Granatäpfcln mit
Rankenwerk sowie Tulpensprossen zwi-
schen geliedertcn Leisten 4, auch Signaturen
und Jahreszahlen wurden gerne in den
Fond oder in die Fahne hineinkomponiert,
während ein kleinerer Hafnerteller aus 1710
mit dem relativ geringen Durchmesser von
26,6 cm auf Grund seines Fundortes wahr-
scheinlich schon einer Waldviertler Werk-
stätte zuzurechnen sein wirdi. Hierhin
deutet im übrigen auch ein münzdatiertes
Hafnerteller-Fragment mit einer therio-
morphen Darstellung eines Vogels und der
Jahreszahl 1724 6. Darüber hinaus scheinen
die beiden letzteren Stücke - abgesehen
vom Formalen i nicht zuletzt deshalb ein-
heimisch, weil sie jüngeren Datums als die
vorherigen sind. Sie alle stellten eine
wesentliche Bereicherung des bisher be-
kannten Geschirrs dar und hatten wohl in
den seltensten Fällen dem täglichen Ge-
brauch zu dienen; in vielen Stuben waren
sie allein eine Zierde der stattlichen Teller-
borde.
Obwohl freilich solche Hafnererzeugnisse
auch durchaus im Rahmen der Weiter-
entwicklung und Verbesserung der Hafner-
erzeugnisse autochthon entstanden sein
können, dürfte nicht auszuschließen sein,
daß sie sozusagen die Aufgabe hatten, als
Konkurrenz gegen die seit dem 16. Jahr-
hundert immer stärker auftretende Xlein-
{eugware und Majolikaergeugnixse zu wirken.
Denn etwa seit dieser Zeit werden in
unseren Raum aus West- und Süddeutsch-
land, Italien, aber auch Westeuropa Fayence-
Prunkkeramiken aller Art eingeführt, die
rasch in den oberen Schichten, bei Adel,
Geistlichkeit, im Bürgertum und den
Ziinften Eingang fanden, während die
einfache Bevölkerung zunächst höchstens
Abnehmer der geschilderten engobierten
bemalten bleiglasierten Hafnerware blieb.
Dieser soziologische Aspekt ist sehr wesent-
lich. Aber schon seit der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts begannen zahlen-
mäßig den westlichen Import habanirche
Gefäße aus Südmähren und der Slowakei
zu übertrelfen, die weitum im Land -
gleichfalls in den finanzkräftigen Kreisen 7
Abnehmer hatten. Bis zum Beginn des
18. jahrhunderts nahmen diese Erzeugnisse
eine bevorzugte Stellung ein und erreichten
eine starke Verbreitung7. Formal äußerst
qualitätvoll sind vor allem die älteren
Stücke, die für l-Iochzeitenß oder andere
denkwürdige Anlässe und Festlichkeiten
eigens bestellt und angefertigt wurden. Die
älteren Krüge und Teller besitzen fast aus-
schließlich einen sparsamen Dekor, z. B.
einfache Rahmen- und Kranzkartuschen,
Wappen mit Großbuchstaben sowie natür-
lich Datierungen. Manche Gefäße freilich,
wie etwa der Bergmeister-Willkommkrug