erzeugten diese doch bald auch Gefäße zu
erschwinglichen Preisen, die das Volk an-
sprachen. Es ist daher verständlich, daß
die Krügler eine ihren Traditionen gemäße,
formal ziemlich selbständige Entwicklung
nehmen konnten, obwohl bei verschiedenen
Krügelmacluern auch immer wieder gegen-
seitige EinHüsse sowie solche aus benach-
barten Landschaften eine gewisse Rolle
spielten. Wichtig ist aber anzumerken, daß
die meisten dieser Hafnereien keine Groß-
betriebe waren; vielfach mußten die Krügler
neben ihrer sozusagen gewerblichen Tätig-
keit als Kleinbauern oder Weinhauer ihr
Brot verdienen, weil ihr Verdienst sonst
für ihre Existenz nicht ausreichte. Die
Werkstätten wechselten daher oft ziemlich
rasch die Besitzer oder Pächter. Aber der
starke Verband mit dem bäuerlichen Ele-
ment bewirkte immer wieder auch, daß die
Erzeugnisse der Krügler langsam den
Charakter einer echten Volkskunst er-
warben. Ihren Ausdruck fanden diese
Elemente vor allem im ornamentalen
Schmuck der Gefäße, in der Art ihrer Farb-
zusammenstcllungen und in der Gestaltungs-
freudigkeit von Szenen aus dem weltlichen
und kirchlich-wallfahrtlichen Bereich.
Freilich erscheint der Beginn der ein-
heimischen Fayence-Produktion von der
ursprünglich habanischen zunächst schwer
differenzierbar. Bis 1750 jedenfalls sind von
den fünfzehn datierten Objekten noch
immer drei eindeutig habanischer und drei
mährischer Herkunft, aus Butschowitz bzw.
Wischau (Abb. 3), während, wie erwähnt,
zwei Hafnerteller, ein Schwarzhafner-
Doppelhcnkeltopf und ein Kachelmodel
einheimische Provenienz aufweisen. Ein
sogenannter Gründonnerstag-Teller mit
Doppeladler und dem Datum 1728 scheint
einer oberösterreichischen Werkstätte zu
entstammen 14; er knüpft jedenfalls an die
beiden nicderösterreichischen Hafnererzeug-
nisse vom Ende des 17. jahrhundcrts an.
Daneben steht etwas vereinzelt ein birn-
förmiger Fayencekrug mit der Datierung
1730 aus dem Städtischen Museum Krems.
Schon formal fällt er etwas aus der Reihe.
Er hat einen mächtigen bauchigen Unter-
teil, auf clern ein relativ gedrungcner Hals
aufsitzt. Wahrscheinlich entstammt er
einer süddeutschen Werkstätte 15. Aber
dann, in den Jahren nach 1740, treten uns
die ersten sicher einheimischen Fayence-
gefäße entgegen. Vielleicht stellt die Früh-
forrn des sogenannten Langenloirer Upm
ein Fayence-Teller, im Fond bemalt in
Grün, Kobalt und Mangan, dar (Abb. 4);
in der im übrigen ältesten Kranzkartusche
ist er signiert „P. K.1741"15. Schon das
nächste Stück, ein Fayencekrug (Abb. 5),
bemalt in den vier Scharffeuerfarben mit
Weberemblemen, gesäumt von Blüten-
sprossen und Palmetten, bezeichnet „1743",
wird der Firrlmzzer lVerkrtälle des Tobias
Dorner zugeschriebenW. Bald nach der
Jahrhundertmitte tritt uns dann aus der
Werkstatt der llollabrunner Gruppe ein
Fayencekrug mit Hufschrniedeernblemen
und „IP 1753" entgegenlx. Ein weiterer
11 Fayencekrug, dessen Leibung vier Furchen
und entsprechende Abiiachungen aufweist,
zeigt zwischen Rocailleleisten Reiter, Jäger
mit Hunden, Hochwild und ein Einhorn.
Er gehört einer Werkstätte der XI. Pälmer
Gruppe an. Als ältestes aller Gefäße besitzt
er als Herstellerzeichen eine Bodenmarke:
„A. 1756"19. Mit diesen Beispielen will
ich zeigen, daß die Produktion ziemlich
gleichzeitig an einigen Plätzen in Angriff
genommen wurde. Zur besseren Übersicht
halte ich cs aber für vorteilhafter, die ein-
zelnen Produktionsstätten und deren Er-
zeugungsprugramme im folgenden nach-
einander kurz zu besprechenlß.
Die zahlenmäßig stärkste und wahrschein-
lich auch wirkungsvollste Gruppe war
offensichtlich die Hollabrunnßrll. Sie beginnt
wie die übrigen, ihrem erhaltenen Material
nach, um 1750 in unser Blickfeld zu treten.
Noch vor 1800 jedoch erlebt sie den Höhe-
punkt ihrer Produktion. Ihr ältestes Gefäß,
ein Fayencekrug, bemalt in den vier
Scharffeuerfarben, trägt Huf-schmiede-
embleme und die Signatur IP 1753 in
beschnittener Kartuschc, die von stilisierten
Rollblättern und Rankenleisten Hankiert
sind, an seinem Boden befindet sich das
bisher zweitälteste Herstellerzeichen: HGZZ.
Von den neunundzwanzig weiteren Ge-
fäßen des 18. Jahrhunderts (Abb. 9) tragen
viele Heiligen-N und Gnadenbilddarstel-
lungen von Wallfahrtsortenß, wie z. B.
jene sechsseitige Schraubflasche mit Zinn-
verschluß aus dem Jahre 1756 25. Aber auch
die verschiedensten Handwerketembleme
sieht man: Müllerräder, Seiler- und Zimmer-
mannswerkzeuge, verschiedenes Weber-
gerät usw. (Abb. 12, 14). Fleischhauer
wünschten sich in Kartuschen offenbar
einen Stierkopf und eine Fleischbarte. Stark
vertreten ist unter diesen Darstellungen
jedoch die religiös-bildliche Komponente 16.
Hingegen Enden sich vor 1800 selten grüne
Kranzkartuschen ohne besondere graphische
Gestaltungen, erst nach 1800 werden sie
häunger; das älteste derartige Gefäß dieser
Gruppe (Abb. 6) mit der Signatur „F. I.F.
1754" befindet sich irn Besitz des Städtischen
Museums Mistelbach27. Für dieweiteVerbrei-
tung der Hollabrunner Erzeugnisse spricht
etwa, daß ein mit der Jahreszahl datierter
Krug (Abb. 17) und der Signatur des Bestel-
lers in der Gottschee aufgefunden wurde 25.
Demgegenüber beginnt, trotz möglicher
Frühformen vor 175019, die Lnngenloirer
Gruppe erst gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts stärker in Erscheinung zu treten.
Der älteste Fayencekrug ist mit einer grünen
Kranzkartusche und der Jahreszahl 1779
versehen und stammt aus dem Museum
Traiskirchenm. Im übrigen fällt hier die
Vielzahl von Kranzkartuschen und Schrei-
berschlangenverzierungen auf. Auch die
Anfangsbuchstaben des ehemaligen Be-
stellers und die dazugehörigen Haus-
nummern sind oftmals angegeben. Die
meisten dieser Gefäße tragen Bodenmarken.
Merkwürdigerweise steht dabei die Bild-
freudigkcit stark im Hintergrund. Sie
findet höchstens eine Ergänzung durch
bildhaft gestaltete Elemente wie auf dem
Krug von 1798 mit der Signatur PB, der