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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 98)

erzeugten diese doch bald auch Gefäße zu 
erschwinglichen Preisen, die das Volk an- 
sprachen. Es ist daher verständlich, daß 
die Krügler eine ihren Traditionen gemäße, 
formal ziemlich selbständige Entwicklung 
nehmen konnten, obwohl bei verschiedenen 
Krügelmacluern auch immer wieder gegen- 
seitige EinHüsse sowie solche aus benach- 
barten Landschaften eine gewisse Rolle 
spielten. Wichtig ist aber anzumerken, daß 
die meisten dieser Hafnereien keine Groß- 
betriebe waren; vielfach mußten die Krügler 
neben ihrer sozusagen gewerblichen Tätig- 
keit als Kleinbauern oder Weinhauer ihr 
Brot verdienen, weil ihr Verdienst sonst 
für ihre Existenz nicht ausreichte. Die 
Werkstätten wechselten daher oft ziemlich 
rasch die Besitzer oder Pächter. Aber der 
starke Verband mit dem bäuerlichen Ele- 
ment bewirkte immer wieder auch, daß die 
Erzeugnisse der Krügler langsam den 
Charakter einer echten Volkskunst er- 
warben. Ihren Ausdruck fanden diese 
Elemente vor allem im ornamentalen 
Schmuck der Gefäße, in der Art ihrer Farb- 
zusammenstcllungen und in der Gestaltungs- 
freudigkeit von Szenen aus dem weltlichen 
und kirchlich-wallfahrtlichen Bereich. 
Freilich erscheint der Beginn der ein- 
heimischen Fayence-Produktion von der 
ursprünglich habanischen zunächst schwer 
differenzierbar. Bis 1750 jedenfalls sind von 
den fünfzehn datierten Objekten noch 
immer drei eindeutig habanischer und drei 
mährischer Herkunft, aus Butschowitz bzw. 
Wischau (Abb. 3), während, wie erwähnt, 
zwei Hafnerteller, ein Schwarzhafner- 
Doppelhcnkeltopf und ein Kachelmodel 
einheimische Provenienz aufweisen. Ein 
sogenannter Gründonnerstag-Teller mit 
Doppeladler und dem Datum 1728 scheint 
einer oberösterreichischen Werkstätte zu 
entstammen 14; er knüpft jedenfalls an die 
beiden nicderösterreichischen Hafnererzeug- 
nisse vom Ende des 17. jahrhundcrts an. 
Daneben steht etwas vereinzelt ein birn- 
förmiger Fayencekrug mit der Datierung 
1730 aus dem Städtischen Museum Krems. 
Schon formal fällt er etwas aus der Reihe. 
Er hat einen mächtigen bauchigen Unter- 
teil, auf clern ein relativ gedrungcner Hals 
aufsitzt. Wahrscheinlich entstammt er 
einer süddeutschen Werkstätte 15. Aber 
dann, in den Jahren nach 1740, treten uns 
die ersten sicher einheimischen Fayence- 
gefäße entgegen. Vielleicht stellt die Früh- 
forrn des sogenannten Langenloirer Upm 
ein Fayence-Teller, im Fond bemalt in 
Grün, Kobalt und Mangan, dar (Abb. 4); 
in der im übrigen ältesten Kranzkartusche 
ist er signiert „P. K.1741"15. Schon das 
nächste Stück, ein Fayencekrug (Abb. 5), 
bemalt in den vier Scharffeuerfarben mit 
Weberemblemen, gesäumt von Blüten- 
sprossen und Palmetten, bezeichnet „1743", 
wird der Firrlmzzer lVerkrtälle des Tobias 
Dorner zugeschriebenW. Bald nach der 
Jahrhundertmitte tritt uns dann aus der 
Werkstatt der llollabrunner Gruppe ein 
Fayencekrug mit Hufschrniedeernblemen 
und „IP 1753" entgegenlx. Ein weiterer 
11 Fayencekrug, dessen Leibung vier Furchen 
und entsprechende Abiiachungen aufweist, 
zeigt zwischen Rocailleleisten Reiter, Jäger 
mit Hunden, Hochwild und ein Einhorn. 
Er gehört einer Werkstätte der XI. Pälmer 
Gruppe an. Als ältestes aller Gefäße besitzt 
er als Herstellerzeichen eine Bodenmarke: 
„A.  1756"19. Mit diesen Beispielen will 
ich zeigen, daß die Produktion ziemlich 
gleichzeitig an einigen Plätzen in Angriff 
genommen wurde. Zur besseren Übersicht 
halte ich cs aber für vorteilhafter, die ein- 
zelnen Produktionsstätten und deren Er- 
zeugungsprugramme im folgenden nach- 
einander kurz zu besprechenlß. 
Die zahlenmäßig stärkste und wahrschein- 
lich auch wirkungsvollste Gruppe war 
offensichtlich die Hollabrunnßrll. Sie beginnt 
wie die übrigen, ihrem erhaltenen Material 
nach, um 1750 in unser Blickfeld zu treten. 
Noch vor 1800 jedoch erlebt sie den Höhe- 
punkt ihrer Produktion. Ihr ältestes Gefäß, 
ein Fayencekrug, bemalt in den vier 
Scharffeuerfarben, trägt Huf-schmiede- 
embleme und die Signatur IP 1753 in 
beschnittener Kartuschc, die von stilisierten 
Rollblättern und Rankenleisten Hankiert 
sind, an seinem Boden befindet sich das 
bisher zweitälteste Herstellerzeichen: HGZZ. 
Von den neunundzwanzig weiteren Ge- 
fäßen des 18. Jahrhunderts (Abb. 9) tragen 
viele Heiligen-N und Gnadenbilddarstel- 
lungen von Wallfahrtsortenß, wie z. B. 
jene sechsseitige Schraubflasche mit Zinn- 
verschluß aus dem Jahre 1756 25. Aber auch 
die verschiedensten Handwerketembleme 
sieht man: Müllerräder, Seiler- und Zimmer- 
mannswerkzeuge, verschiedenes Weber- 
gerät usw. (Abb. 12, 14). Fleischhauer 
wünschten sich in Kartuschen offenbar 
einen Stierkopf und eine Fleischbarte. Stark 
vertreten ist unter diesen Darstellungen 
jedoch die religiös-bildliche Komponente 16. 
Hingegen Enden sich vor 1800 selten grüne 
Kranzkartuschen ohne besondere graphische 
Gestaltungen, erst nach 1800 werden sie 
häunger; das älteste derartige Gefäß dieser 
Gruppe (Abb. 6) mit der Signatur „F. I.F. 
1754" befindet sich irn Besitz des Städtischen 
Museums Mistelbach27. Für dieweiteVerbrei- 
tung der Hollabrunner Erzeugnisse spricht 
etwa, daß ein mit der Jahreszahl datierter 
Krug (Abb. 17) und der Signatur des Bestel- 
lers in der Gottschee aufgefunden wurde 25. 
Demgegenüber beginnt, trotz möglicher 
Frühformen vor 175019, die Lnngenloirer 
Gruppe erst gegen Ende des 18. Jahr- 
hunderts stärker in Erscheinung zu treten. 
Der älteste Fayencekrug ist mit einer grünen 
Kranzkartusche und der Jahreszahl 1779 
versehen und stammt aus dem Museum 
Traiskirchenm. Im übrigen fällt hier die 
Vielzahl von Kranzkartuschen und Schrei- 
berschlangenverzierungen auf. Auch die 
Anfangsbuchstaben des ehemaligen Be- 
stellers und die dazugehörigen Haus- 
nummern sind oftmals angegeben. Die 
meisten dieser Gefäße tragen Bodenmarken. 
Merkwürdigerweise steht dabei die Bild- 
freudigkcit stark im Hintergrund. Sie 
findet höchstens eine Ergänzung durch 
bildhaft gestaltete Elemente wie auf dem 
Krug von 1798 mit der Signatur PB, der
	        
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