Monogramm des Königs Wlndislaw ll.. irhlußsreiui
des Olaturiunls der Prager SL-Veii. Kathedrale
Hans Spyss von Frankfurt, Kunigliches (lmrorinun in
der Prager SL-Veits-Kalhedrnle, 149i)
1493
lis ist zu einer Konvention geworden, den
Namen Wladislaws des a vellonen 7 "enes
Es 1
hilflos zustimmenden Königs „Bene" 7
mit der Vorstellung eines schwachen,
unentschlossenen Herrschers, ja sogar eines
„gutmütig blöden Schattenköngs" (lWinker)
zu verbinden (Abb. 1). Es wäre Sache der
Historiker, diese Ansicht zu überprüfen und
zu beurteilen. Eine der Voraussetzungen
für eine solche Einschätzung der Gestalt
dieses Herrschers 7 außer seiner
allzu großen Anziehungskraft 7 könnte
der Umstand sein, daß XVladislaw in seinen
hcirlen Königstürnern ein Fremder War:
in Böhmen, wohin er nach dem „Hussitcn"-
König Georg berufen wurde, sowie noch
viel mehr in den ungarischen Ländern, die
ihm durch seine Wfahl nach dem Tod des
mächtigen Matthias Corvinus zugekommen
waren. Im Bereiche der Kunst erscheint
seine Person allerdings in einem anderen
Licht. In der allgemeinen Vorstellung ist
der Begriff „WladislavÜsche Gutik" 7 vor
allem dank der Künstlerpersönlichkeit Bene-
dikt Rieds 7 ausschließlich mit der Archi-
rcktur um 1500 in Böhmen verbunden.
Wohl wurden Probleme der Bialerei und
der Plastik dieser Epoche studiert (Jaroslav
Pesina) und ist die Architektur in letzter
nicht
zu
Zeit in der Monographie von Götz Fehr
behandelt worden. Das mühsam gewonnene
Bild des künstlerischen Schaffens um 1500
in Böhmen aber scheint trotzdem unscharf.
Wir wollen deshalb hier besonders auf das
nicht gebührend beachtete Phänomen und
die künstlerische Größe der Wladislawischen
Hofkunsr eingehen. Daß diese Kunst ziel-
bewußt und auf Grund einer durchdachten
Konzeption realisiert wurde, soll besonders
betont sein.
Vielleicht keine andere Wende eines Zeit-
alters berührt den modernen Menschen so
unmittelbar wie die um 1500. Wenn man
auch keine scharfe Grenze zwischen dem
Mittelalter und der Neuzeit ziehen kann
(das Jahr 1492 trägt vor allem den
Charakter eines großen Symbols), so beginnt
die Menschheit doch bereits von diesem
Zeitpunkt an, sich mit denselben Proble-
men auseinanderzusetzen, deren Wesen und
Struktur bis heute gleichgeblieben sind.
Diese innere Vcrwandschaft der Probleme
bewirkt es vielleicht auch, daß der heutige
Mensch so stark von den Ereignissen am
Beginn der neuen Epoche, mit der "die
mittelalterliche regionale Geschichte defini-
tiv ihr Ende fand und neue kausale