einer ähnlichen Säulenunterteilung des
Architravs zu rechnen ist.
22 Links stehender, nimbierter Greis wen-
det sich mit Redegestus zu zwei Frauen,
von denen die eine sitzt, die andere ihr
stehend von hinten die rechte Hand an das
Haupt legt.
23 jenseits der Fehlstelle: Christus wendet
sich in Richtung auf 22 hin; rechts Gewand-
teile und Füße zweier Figuren.
Durch die starke Fragmentierung wird eine
eindeutige Identifizierung des Gegenstandes
sehr erschwert, wenn nicht unmöglich ge-
macht. Die Annahme, daß es sich um eine
oder zwei Wußidengenen handle, besitzt die
größte Wahrscheinlichkeit. Auf die Analyse
der verschiedenen Möglichkeiten kann in
diesem Rahmen nicht eingegangen werden.
Keiner der in Frage kommenden Gegen-
stände ist, gemessen an den überlieferten
Bildtypen, mit Ausschließlichkeit postulier-
bar. Andererseits ist zu bedenken, daß die
Ungewöhnlichkeit mehrerer Lambachcr
Szenen auch hier die Annahme einer ikono-
graphisch nicht geläufigen Komposition
möglich macht. Wir stellen vorerst die in
der evangelischen Chronologie an 21 un-
mittelbar anschließende Heilung der Xrljnrie-
germutter Petri 65 für 22-23 zur Diskussion.
Auszugehen wäre von der Annahme, daß
hier zwei am gleichen Orte handelnde Teil-
Vorgänge einer Begebenheit dargestellt
sind. Der Gegenstand wäre dann so zu
lesen:
22 Links Petrus; sein Kopf entspricht zwar
nicht ganz dem überlieferten Gesichtstypus
des Apostelfürsten, doch kennt die Zeit
auch Darstellungen mit Langhaar- und
Spitzbart 64. Oder ist es der im Kopftypus
mit der Darstellung übereinstimmende
Bruder Petri, Apostel Andreas, welcher im
Bild gegenwärtig sein kann, da das Ereignis
im Hause des Simon und Andreas 65 statt-
findet. Der Apostel erhält bestürzt Kunde
von der Erkrankung der xorrxu, der eine
Assistenzfrau (Weib des Petrus?) die Hand
an das iieberheiße Haupt legt. Dieses Teil-
ereignis ginge über die Evangelientexte
hinaus.
23 In der rechten Bildhälfte spielt sich der
Vorgang der Heilung ab: Christus tritt,
gefolgt von Jacobus und Johannes, von
rechts zur IWTHI, die man sich ein zweites
Mal, im Bereich der Fehlstelle unter dem
Fenster, vorzustellen hätte: sie läge, den
bekannten Kompositionstypenßö entspre-
chend, auf der Bettstatt und Christus ge-
bietet dem Fieber bzw. faßt ihre Hand; am
Kopfende der Kline vielleicht Petrus und
weitere Assistenzßguren.
Die Zweiteilung des Vorganges in der
Folge: Bestürztheit des Apostels bzw. Er-
krankung der Schwiegermutter und Hei-
lung durch Christus ist der östlichen Ikono-
graphie, wenngleich in anderer Figuren-
anordnung, nicht unbekannt67.
I Abraham. Von der frontal stehenden
Einzelfigur bloß der Unterteil mit Rolle in
der linken Hand erhalten; darauf zum Teil
später nachgeritzte, aber wohl ursprüng-
liche Inschrift: PATER MVLTARUM
GENTIVMM.
II Frontal stehender, nimbierter, bärtiger
Mann, in der Linken Rolle ohne Beschrif-
tung. Pulriarrb oder Prnphet.
III Frontal stehender, nimbierter, bärtiger
Greis mit Rolle in der Linken. Fehlstelle im
Bereich des Unterkörpers und der Rolle.
Palriurah oder Prophet.
IV Unterteil einer frontal stehenden Einzel-
figur mit unbeschrifteter Rolle. Palriarrll
oder Prophet.
Vermutlich sind l-IV als alttestamenta-
rische Iläpen oder Varjabrm Cbririi, dessen
Epiphanie sich im Bild der Mittelkuppel
über ihnen ereignet, zu verstehen.
Die chronologische Dichte der Lambacher
Darstellungen läßt auf eine zum Teil sicher
auch liturgisch bedingte Auswahl der
Gegenstände aus sehr ausführlichen, viel-
leicht bis in die christliche Spätantike zu-
rückreichenden Bildzyklen-Vorlagen schlie-
ßen. Ikonographisch ganz ungewöhnlich
sind zumindest die Szenen 7, 8, 9 und 15.
Die Erweiterung des lateinischen Magier-
spieles zum Herodesspiel bringt keine
Textgrundlagen für 8 und 9. Die erste be-
kannte Bemühung um die Darstellung des
Herodes-Todes tritt im geistlichen Drama
erst in einer Szenenanweisung des Benedikt-
beurer Spieles (13. Jahrhundert) auf, um
dann in den französischen Mysterien des
Spätrnittelalters weiter entwickelt zu wer-
den69. Hinter all dem stand aber josephus
Flavius als eine die evangelischen und
apokryphen Berichte sowie die Bibelexegese
erweiternde Quelle der kirchlich-volkstüm-
lichen Überlieferung vom Leben des Hero-
des. Zumindest für den byzantinischen
Osten kann das Vorhandensein von reichen
Zyklen der Buchmalerei zu den Texten
seines Bellum Iuduirurzl und der Anliquilale:
Iudairae mit Sicherheit erschlossen werden 70,
für das lateinische Abendland dürfen wir
Ähnliches annehmen. Josephus- bzw. Hege-
sippus-Illustrationen könnten die Vorlagen
für 8 und 9 geliefert haben. Szene 7, wenn
auch in ihrem Grundinhalt auf Matthäus
zurückführbar, zweifellos die merkwürdig-
ste von allen, wird ihre Entstehung mög-
licherweise der Verschmelzung heterogener
Vorlagen verdanken. So ist z. B. der
Thronende (Umschlag: Detail) als Maje-
stätsformel auf karolingischen, ottonischen
und zeitgenössischen Miniaturen und Sie-
geln mit Herrschetclarstellungen vorge-
bildet.
Überhaupt ist wohl Gleichzeitigkeit der
Entstehung, jedoch Werkstättenbetrieb und
das Arbeiten nach verschiedenen Vorlagen,
ferner das Adaptieren und Kontaminieren
von Bildtypen und Kompositionsteilen an-
zunehmen.
XIII und Dalierung
Für die stilgeschichtliche Einordnung der
Lambachcr Malereien sind im wesentlichen
drei Einßußsphären bedeutsam. Sie werden
hier ohne wertende Reihenfolge und ohne
abschließende Formulierung der Unter-
suchungscrgebnisse angeführt: Byzanz, der
sogenannte Italo-Byzantinismus, vor allem
der Oberitaliens und der angrenzenden