öHnung, durch welche man auf einen zum
Teil ausgerissenen Estrichbereich sieht.
Der obere Ziegelboden korrespondiert mit
dem an der Krypta-Nordwand (Kirchen-
vorhalle), der darunter liegende Mörtel-
estrich ist älter und gehört einem engeren,
gangartigen Raum an, dessen Abgrenzung
zum Teil nur noch in einer Baugrube faß-
bar war. Die Möglichkeit, daß, zum Erst-
bau gehörend, ein ringartig um die Krypta
bzw. die Westapsis gelegter Raum existiert
hat, ist nicht auszuschließen, für eine
Gewißhcit liefern die geringen gefundenen
Reste jedoch zu wenig Indizien. Sicher ist
hingegen, daß die beiden Türme Öffnungen
in westlich anschließende, die Apsis flan-
kierende Nebenräume besaßen. Sie müssen
trotz ihres Hereinragens in die Mäander-
zone zeitgleich mit den Malereien sein, da
sie vom Freskoputz ausgespart werden.
Man kann die Stürze dieser Öffnungen im
Freskenraum, welchen man durch das
Stiegenhaus und einen Vorraum erreicht,
an der Westwand der Türme, vom neuen
Fußboden angeschnitten und in ihrer
Höhenerstreckung wesentlich reduziert,
noch ausnehmen. Annexräume sind gerade
im Alpengebiet seit dem Frühmittelalter
bekannt, und es wäre durchaus denkbar,
daß Lambach ursprünglich solche in die
Trakte der Burg- bzw. Klosteranlage bau-
lich eingeschachtelte Parfaplmrierx, Serreta-
rien oder Cfyptae - letztere wären im Sinne
der clunyazensisch-hirsauischen Termino-
logie oberirdische Nebenräume - besessen
hat13.
Bald nach dem Tode des Stifters dürfte
sich eine rege Verehrung an seiner als
Hochgrab ausgestalteten Mem0rie14 ent-
wickelt haben. Die Wunderberichte be-
stätigen die Umgehbarkeit und das Empor-
ragen der Anlagel5. Es besteht Grund zu
der Annahme, daß die heute durch eine
neuzeitliche Platte im Boden des Lang-
hauses der Kirche markierte Stelle die ur-
sprüngliche Lage der tumba angibtlß. Im
Zusammenhange damit und auf Grund
eines bestimmten Passus in der Vital7
kann geschlossen werden, daß der von
Adalbero geweihte Johannesaltar dem
Hochaltar gegenüber im Osten lag und
die Kirche daher ursprünglich doppel-
chörig gewesen ist. Dafür spricht auch der
in spätmittelalterlichen Quellen nachweis-
bare Terminus duplex rhoru: ezrleriaelß,
welcher sich auf den Zustand der Kirche
vor Aufgabe des Westchores im 15. Jahr-
hundert bezieht. Weiters macht ein wäh-
rend der Bauarbeiten in der Westmauer
des Kircheninneren erfolgter Fund wahr-
scheinlich, daß die Kirche ursprünglich,
trotz der engen Raumverhältnisse, drei-
schifng gewesen ist.
Quellen, archäologische Grabung und
Untersuchungen des aufgehenden Mauer-
werks ergeben für den benediktinischcn
Erstbau: doppelchörige Anlage; Hoch-
altar über kreuzförmiger Krypta mit recht-
eckiger Apsis und Annexräumen im Westen;
wahrscheinlich dreischifnge Säulenbasilika.
Das Mauerwerk im wesentlichen Kalktuff
und Nagelfluh. Daß die Verwüstung des
Stiftes von 123319 im Bereich der West-
anlage nicht einschneidend gewesen sein
kann, beweisen nicht nur die stilistisch im
13. Jahrhundert undankbaren Malereien,
sondern auch die Säulen der jetzt vermau-
erten alten Schallfenster der Westtürme:
ihre Trapezkapitelle gehören dem 11. jahr-
hundertlß an.
Es ist hier nicht der Raum, auf die Stellung
des Lambacher Baues innerhalb der Ordens-
architekturzl, sein Verhältnis zu den Zeit-
strörnungen 22 sowie zur übrigen Bautätig-
keit Adalberos, vor allem in Würzburg 23,
näher einzugehen. Dem Typus nach han-
delt es sich keineswegs um einen „reinen
Fall", der sich nahtlos einer der Gepflogen-
heiten einfügen ließe, sondern um ein von
verschiedenen, auch lokalen Faktoren be-
stimmtes Gebilde. Durch ihre Zweipolig-
keit mit Krypta wäre die Kirche einerseits
den Werken der nicht reformierten Ordens-
architektur „irnperialer" Prägung zuzuord-
nen, anderseits bedeutet die Lage des
Hauptchores mit der Krypta im Westen
eindeutig eine Orientierung Irzore ramano,
also eine Anlehnung an die Raumikonologie
der Abteikirche von Fulda und einer Reihe
weiterer Kirchen des 9. bis 11. jahr-
hunderts in Deutschland.
DIE MALEREIEN
Erztderleurrg und Freilqgung
Man betritt den Freskenraum vom Westen
her durch die im Aufgehenden im wesent-
lichen nicht mehr existente Apsis. Gegen-
über ölfneten sich einstmals drei Arkaden
zum Langhaus des Erstbaues, das den
späteren Umbauten zum Opfer fiel. Heute
liegt hinter diesen vermauerten und vom
neuen Fußboden angeschnittenen Bögen
die barocke Orgelempore.
Am 18. März 1868 fand man in dem durch
Jahrhunderte als Läuthaus verwendeten
und nunmehr als Teil des ursprünglichen
Westchores identifizierbaren Raum mittel-
alterliche Malereien an den Gewölben
(Abb. 2, Nr. 1-6) 24. Es ist schon damals
aufgefallen, daß sie von den vorderen
Wandschichten des Raumes angeschnitten
wurden. Diese Wände erwiesen sich bei
Untersuchungen, welche im Gefolge der
Gemäldekonservierung von 1956 durch-
geführt worden sind, als barocke Ver-
stärkungsmaucrn des 17. Jahrhunderts.
Man hatte sie, nach Ausweis datierter
Graffiti, einige Jahrzehnte nach der Turm-
erhöhung von 1639 eingezogen. Schon die
ersten Tastlöcher stießen am 25. Juni 1957
in ca. 60 cm Tiefe auf gut erhaltene Teile
des heute freiliegenden Gemäldebestandes
an den Wänden (Abb. 2, Nr. 7-23,
I-IV) 25.
Die Aufgabe der DenkmalpHege bestand
nun darin, eine Lösung zu finden, welche
es ermöglichte, die barocken Verstärkungs-
mauern ohne Gefahr für den Bestand der
Westanlage zu entfernen. Das zur Aus-
führung gelangte Statikerprojekt sah vor:
Abfangung der Auflast des barocken Turm-
mauerwerkes von je ca. 450 Tonnen ober-
halb der Gewölbe durch Stahlträger, ihre