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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 100)

Bauten Pate. In diesem Barock konnte auch 
für die plastische Durchgestaltung manche 
Anregung gefunden werden. Letztlich aber 
War es offensichtlich unwesentlich, aus 
welcher Epoche man sich den Motivschatz 
holte. Entscheidend War die Dichte des 
Ornarnents, das auf tektonische Gegeben- 
heiten keinerlei Rücksicht nehmen mußte. 
Ein schwebendes Flimmern wurde durch 
die kleinteiligen, unregelmäßige Schatten 
werfenden Elemente auf den Hauswänden 
erzeugt und damit ein Effekt erzielt, der 
dem des Impressionismus Wesensverwandt 
ist. Die Oberfläche wird vom Baukörper 
unabhängig, und zwar nicht nur optisch, 
sondern im Sinne der „Stilverkleidung" 
auch technisch. Allerdings ist dies ein 
Phänomen, das sich nicht allein auf den 
Späthistorismus beschränkt, sondern bei 
den gleichzeitigen Leistungen des jugend- 
stiles ebenso auftritt. Wenn etwa Otto 
Wagners Kirche auf dem Steinhof auch 
nach außen zu als Bau aus Marmorblöcken 
wirkt, in Wahrheit jedoch aus einem sehr 
modernen Ständerbau mit Plattenverklei- 
dung besteht, so löst sich hier ebenfalls das 
äußere Erscheinungsbild von der tat- 
sächlichen Struktur. 
Aus Wechselwirkung und Synthese von 
Späthistorismus und Sezession entstand in 
der Wiener Architektur vor dem ersten 
Weltkrieg ein eigenartiger Mischstil, der in 
einer klassizistischen Megalomie mündet, 
wie sie sich etwa in Leopold Bauers unaus- 
geführtem Projekt für die Wiener National- 
bank zeigt. Damit werden die riesigen An- 
lagen autoritärer Staatsregime aus den 
dreißiger Jahren vorweggenommen. 
Die hier aufgezeigten Stilfolgen der histo- 
risierenden Architektur scheinen sich mit 
gleichzeitigen Stilrichtungen in der Malerei 
parallel setzen zu lassen. S0 ist es wohl 
erlaubt und naheliegend, die Architektur 
des romantischen Historismus, besonders 
die Sakralbauten, mit der Malerei der 
Nazarener, aber auch mit jener der Spät- 
rornantiker, wie Moritz von Schwind, zu 
vergleichen. Darüber hinaus aber wird man 
die Art der Oberi-lächengestaltung des 
romantischen Historismus mit dem früh- 
impressionistischen Charakter der Ma 
Georg Ferdinand Waldmüllers zusamr 
sehen können. Die objektive Haltung, 
Eitelberger für die von uns als stre. 
Historismus benannte Architektur fon 
entspricht seinen eigenen Worten nach 
Historienmalerei, wobei man das Gel: 
und Kornponierte eines mit naturalistis: 
Mitteln gestalteten Geschichtsbildes 
künstlerischen Intentionen der Bauk 
gegenüberstellen kann. Der Späthistoris 
hingegen zeigt in der OberHächenbeh 
lung seiner Fassaden eine schwebi 
Leichtigkeit und eine auf optische Q 
täten ausgerichtete Wirkung, wie sii 
der Malerei des Impressionismus verv 
licht ist. 
Stilqualitäten, die sich nicht nur in_e 
sondern auch in anderen Kunstgattui 
einer Epoche aufzeigen lassen, scheinen 
für die Einheit des Stilablaufes zu sprec 
Wenn ein solcher in der Malerei geg- 
ist, scheint er wohl auch für die Archite 
vorhanden zu sein.
	        
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