Bauten Pate. In diesem Barock konnte auch
für die plastische Durchgestaltung manche
Anregung gefunden werden. Letztlich aber
War es offensichtlich unwesentlich, aus
welcher Epoche man sich den Motivschatz
holte. Entscheidend War die Dichte des
Ornarnents, das auf tektonische Gegeben-
heiten keinerlei Rücksicht nehmen mußte.
Ein schwebendes Flimmern wurde durch
die kleinteiligen, unregelmäßige Schatten
werfenden Elemente auf den Hauswänden
erzeugt und damit ein Effekt erzielt, der
dem des Impressionismus Wesensverwandt
ist. Die Oberfläche wird vom Baukörper
unabhängig, und zwar nicht nur optisch,
sondern im Sinne der „Stilverkleidung"
auch technisch. Allerdings ist dies ein
Phänomen, das sich nicht allein auf den
Späthistorismus beschränkt, sondern bei
den gleichzeitigen Leistungen des jugend-
stiles ebenso auftritt. Wenn etwa Otto
Wagners Kirche auf dem Steinhof auch
nach außen zu als Bau aus Marmorblöcken
wirkt, in Wahrheit jedoch aus einem sehr
modernen Ständerbau mit Plattenverklei-
dung besteht, so löst sich hier ebenfalls das
äußere Erscheinungsbild von der tat-
sächlichen Struktur.
Aus Wechselwirkung und Synthese von
Späthistorismus und Sezession entstand in
der Wiener Architektur vor dem ersten
Weltkrieg ein eigenartiger Mischstil, der in
einer klassizistischen Megalomie mündet,
wie sie sich etwa in Leopold Bauers unaus-
geführtem Projekt für die Wiener National-
bank zeigt. Damit werden die riesigen An-
lagen autoritärer Staatsregime aus den
dreißiger Jahren vorweggenommen.
Die hier aufgezeigten Stilfolgen der histo-
risierenden Architektur scheinen sich mit
gleichzeitigen Stilrichtungen in der Malerei
parallel setzen zu lassen. S0 ist es wohl
erlaubt und naheliegend, die Architektur
des romantischen Historismus, besonders
die Sakralbauten, mit der Malerei der
Nazarener, aber auch mit jener der Spät-
rornantiker, wie Moritz von Schwind, zu
vergleichen. Darüber hinaus aber wird man
die Art der Oberi-lächengestaltung des
romantischen Historismus mit dem früh-
impressionistischen Charakter der Ma
Georg Ferdinand Waldmüllers zusamr
sehen können. Die objektive Haltung,
Eitelberger für die von uns als stre.
Historismus benannte Architektur fon
entspricht seinen eigenen Worten nach
Historienmalerei, wobei man das Gel:
und Kornponierte eines mit naturalistis:
Mitteln gestalteten Geschichtsbildes
künstlerischen Intentionen der Bauk
gegenüberstellen kann. Der Späthistoris
hingegen zeigt in der OberHächenbeh
lung seiner Fassaden eine schwebi
Leichtigkeit und eine auf optische Q
täten ausgerichtete Wirkung, wie sii
der Malerei des Impressionismus verv
licht ist.
Stilqualitäten, die sich nicht nur in_e
sondern auch in anderen Kunstgattui
einer Epoche aufzeigen lassen, scheinen
für die Einheit des Stilablaufes zu sprec
Wenn ein solcher in der Malerei geg-
ist, scheint er wohl auch für die Archite
vorhanden zu sein.