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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 100)

Architekt August Weber 7700 H. und der 
mit der praktischen Bauleitung betraute 
Baumeister Stippetger 6934 H. 55 kr. 
Um das Interesse des Wiener und öster- 
reichischen Publikums sowie der euro- 
päischen Öffentlichkeit am Künstlerhausbau 
wach zu halten, setzte Architekt Stache 
am 11. jänner 1866 einen Kaiserbesuch des 
begonnenen Baues durch. Seine Majestät 
besichtigte tatsächlich den Bau und das im 
Größenverhältnis 1:24 vom Bildhauer 
Joseph Pokorny modellierte und gespendete 
plastische Modell des Künstlerhauses, das 
Stache in einem Holzpavillon neben dem 
Bauplatz untergebracht hatte, sowie inter- 
essante Funde aus der Römerzeit und der 
Renaissance, die bei der Erdaushebung der 
Baugrube zu Tage gekommen Waren. Der 
Kaiser erhielt auch den von Architekt 
Stache verfaßten und von Architekt Weber 
additive Veränderungen und um kein orga- 
nisches Wachstum des ehemaligen schönen 
Webefschen Grundkonzeptes. 
Wir kommen zum nächsten Ereignis der 
Bauführung. Am 4. Oktober 1866 um 
4 Uhr nachmittags wurde am Namenstag 
Kaiser Franz Joseph I. der „Erste Stein" 
von Obmann Architekt Stache im Beisein 
des Architekten Weber, dessen Adjunkten 
Ludwig Krauss, des Baumeisters Adolf 
Stipperger und dessen Polier Johann Pehers- 
torfcr in die Fundamente der Mittelmauer 
zwischen dem Vestibül und dem Treppen- 
haus in einfacher, aber würdiger Weise 
gesetzt. Eine auf Pergament geschriebene, 
von den genannten Herren unterzeichnete 
Urkunde, ein vollständiges Exemplar auto- 
graphierter Baupläne und ein Silbergulden- 
stück des Jahres 1866 wurden in eine Glas- 
röhre eingeschlossen und in die Höhlung 
 
 
 
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Oben die Feder, mit der Kaiser Franzjoscph I. am 1. Sep- 
tember 1868 die S1. tlußstciuurkunde unrcrfcrtigxe, 
darunter dic Ilcmlsvancc-Vcrsamnxlungs-Tischglocke 
samt Unter-ms: aus dem Inventar des Kunstvereines 
„Albrecht Dürrr". daneben dir: einfache Glocke des 
Kunstvrrcincs „EintrnchW. unten der Schlußstcin- 
hammcr samt Kvll ' mit dem der Kaiser und die hohen 
Gäste di mbol rhcn drei Hanunrrschläge ausfühnen. 
Museule (äcguuwtitzdc des Künstlerhaus-Archivs 
Architekt Anton Htm. Vorstand der Genossenschaft der 
bildenden Künstlcr Wien: aus dem Iahre 1865. Photo- 
Sammlung des Künstlerhaus-Archivs 
Friedrich Stnchc. Fürstlich K.i11sky'srher Architekt. 
ehem. Vorstand des A1brccht-Diirer-Kunstvereincs. 
Obmann des Bnuausfjhmngg-Komikees des Künstlcrr 
hauscs und Vorstand der Grnummrhan der bildenden 
K' tlc: Wicns 1m jahre 1863. Photo-Sammlung des 
Künstlerhaus-Archivs 
Maler und Novnrn-Rciscndvr Joseph Scllcny. Voxxlzmi 
du Gcnosscnsrhal! der bildenden Künstler Wiens im 
Jahn: 186a. Photo-Sammlung des KiinstlcrhausrArchivx 
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illustrierten broschierten Leitfaden „Das 
Wiener Künstlerhaus" mit dem bezeich- 
nenden Motto: „Edel ist die Kunst und 
edel werden Völker, bei denen sie gedeiht." 
Schon am nächsten Tag erschien Erzherzog 
Wilhelm in Begleitung von Feldzeugmeister 
Freiherr v. Mertens beim Modell, und dann 
drängten sich die Wiener zum mit Tannen- 
zweig-Girlandcn geschmückten Modell- 
Pavillon. 
Die beiden Pläne und die Ansichten des 
Künstlerhauses der Broschüre zeigen, daß 
das ursprüngliche, vor hundert Jahren 
eröHnete Gebäude mit jenen Bauteilen der 
Gegenwart ident ist, die ein erstes Stock- 
werk tragen. Alles andere sind spätere 
Zubauten, so die beiden Seitenflügel, der 
jetzige Hauptsaal im Parterre, der Plastikera 
saal, die vier Verbindungssäle zwischen 
diesem und den Fliigelsälen, die beiden 
Oktogone sowie die Zu- und Umbauten 
für das Künstlerhauskino. Zweifellos haben 
alle diese Zubauten den harmonischen 
Grundcharakter des alten Künstlerhauses 
vollkommen verändert. Es handelt sich um 
4 
des „Ersten Steines" gelegt. Architekt 
Stache mauerte die Deckplatte auf und 
die anderen Herren mauerten den ersten 
Pfeiler auf eine Höhe von drei Schuh 
herum. Sodann wurde ein Humpen Wein 
nach altem Handwerksbrauch auf das 
kVohl, Gedeihen und ein glückliches Ende 
des Künstlerhausbaues geleert. 
Am 1. September des Jahres 1868 erfolgte 
um 11 Uhr Vormittag die pompöse Schluß- 
steinlegung zugleich mit der auf Grund 
allerhöchste! Entschließung vom 24. Sep- 
tember 1867 ebenfalls anberaumten Eröff- 
nung der „III. Allgemeinen deutschen 
Kunstausstellung". Franz Joseph I. hatte 
xxrcgen der Eröffnung des Künstlerhauses 
seinen Aufenthalt in Ischl unterbrochen und 
war nach Wien gekommen. Gemeinsam mit 
dem Monarchen erschienen der Protektor 
des Künstlerhauses, Erzherzog Karl Lud- 
wig, alle anderen in Wien weilenden Erz- 
herzoge, der Hof und die Hocharistokratie, 
zahlreiche Wlürdenträger in ihren Gala- 
uniformen, die Vertreter des Staates, der 
Stadt Wien, alle Stifter und Gründer, Ver- 
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