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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 100)

Innere Ansicht des Künstlerhaus-Treppenhauses im 
crslcn Stockwerk (vom Foyer gcschcn). Man beachte die 
ehemalige. elegant intime Raumgestaltung, die durch 
die Ubcrdcckung der Seitengängc rechts und 1mm der 
Haupllrcppc entstand. Architektuxzcichnung von August 
WCbtr aus dem Leitfaden von Fricdrich Suche, 1866 
Das Künsllcrhaus zwischen Handrlsakadmzic und Musik- 
vercixxsgebäude 2m Wienufcr. von der Elisabelhhrückc 
aus güchen. Ausschnitt aus einem Aquarell von Fxanl 
von r 
 
treter des hohen Klerus sowie die fremden 
und einheimischen Künstler. Das Künstler- 
haus war vor hundert Jahren der Vorort 
und Hauptvorstand der „Allgemeinen 
Deutschen Kunstgenossenschaft", wohl 
eine kulturpolitische Pointe zwei jahre 
nach der Schlacht von Königgrätz! Der 
Landschaftsmaler und Novara-Reisende, 
Vorstand Josef Selleny, begrüßte den 
Kaiser, und Architekt Stache unterbreitete 
diesem die Bitte, den feierlichen Akt der 
Schlußsteinlegung zu vollziehen. 
Dr. Hoffer verlas die von ihm verfaßte 
Urkunde, die der Kaiser mit der jetzt noch 
im Archiv aufbewahrten Feder unter- 
zeichnete. Diese, sowie die Pläne des Baues, 
das Programm, die „Wiener Zeitung" vom 
l. September 1868 und die von Medailleur 
Oswald Georg Steinböck geschaffene Ge- 
dächtnis-Medaille wurden in einer Enve- 
loppe in den Schlußstein gelegt, der sich 
an der Vorderwand des ehemaligen Reprä- 
sentationssaales, jetzt Stiftersaales, im Erd- 
geschnß des Künstlerhauses befindet, und 
verschlossen. Während der drei Hammer- 
schläge des Kaisers auf den Schlußstein und 
der gleichen symbolischen Handlung aller 
hohen Gäste, Stifter und Gründer intonierte 
eine Dcputation des VUiener Männergesang- 
vereines den von Friedrich Schiller gedich- 
teten und von Beethoven vertonten Fest- 
chor „An die Künstler". Damit wurde die 
Vollendung des Künstlerhausbaues histo- 
rische Realität. Der Monarch nahm nun die 
Vorstellungen entgegen, zuerst des Er- 
bauers August Weber, hierauf der Künstler- 
schaft. Professor Eduard Ritter v. Engerth 
und der Invalidenmaler Friedrich Fried- 
länder Ritter v. Malheim führten den Kaiser 
durch die Ausstellung. Vorstand Selleny 
sprach die Dankesworte, und Architekt 
Stache, der diesen Tag als den Ehrentag 
seines Lebens empfand, bat abschließend 
den Monarchen, bei einem Rundgang um 
das Künstlerhaus dieses auch von außen 
zu würdigen. 
Die Gemeinde Wien gab der Künstlerschaft 
in den Sälen der Gartenbaugesellschaft ein 
Festbankctt, bei dem auch alle Minister 
anwesend waren. Das Burgtheater spielte 
dem Künstlerhaus zu Ehren den „hiichel- 
angclo" Hebbels, und im Theater an der 
Wien wurde als Festvorstellung Ol-fenbachs 
Operette „Die Großherzogin von Geruld- 
stein" aufgeführt. 
Die Säle des Künstlerhauses waren für die 
1152 Objekte der Ausstellung zu klein, und 
man War bereits 1868 gezwungen gewesen, 
einen Annexbau aus Holz zu errichten. Der 
Plan dazu stammte ebenfalls von August 
Weber. Das Unterrichtsministerium hatte 
für den provisorischen Zubau einen Zu- 
schuß von 3000 H. gewährt. 
Die gesamte Wiener Presse feierte über- 
schwenglich die Eröffnung des Künstler- 
hauses. S0 schrieb ein führendes Blatt: „Ein 
wahrhaft erhebendes Gefühl durchzuckte 
an diesem Tage die Brust jedes Wieners, 
war doch nun die Zeit der Zerfahrcnheit 
beendet und eine neue Ära der Einigkeit 
eröffnet, war doch von jetzt an ein liebes, 
trauliches Heim geschaifen - unser Künst- 
lerhaus, das bisher von Künstlcin und 
Kunstfreunden so schmerzlich vermißt 
worden war." 
QUELLEN 
1m gesamten Akten, Bilder und die Phoro-Samlnlung des 
Kunstlcrhausarchives aus den Iahrcn um bis was; 
die muscalen, historischen Objekte des Künstlerhaus-Archivs 
aus dcm gleichen Zcitmum. 
LITERATUR 
"Fünfzig Jahr: Wiener Künstlurhausgenosscnschaf! unter 
Franz 10m 1." von August Schaelfer. Edler von Wicnwald, 
als Manuskript im Künstlerhaus-Archiv, m1; 
"m; geistig: Antlitz" von Walther Maria Neuwirlh. m; 
Hundert Jim Genossenschaft (Gcsdlschafr) der bildenden 
Künstler Wicns. Fesrschxift, 1961, 

	        
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