Horst-Herbert Kossatz
UNBEKANNTE WIENER
REKLAME-PLAKATE
Au; der Plakatmmrnlung de: Öllerreirbixben
Äluxmm: für angmandle Kum-l
Der Trommler in der verfeinerten Lands-
knccht-Tracht, ist er nicht ein Sinnbild der
Plakatreklame g wie sie uns ständig optisch
zu bctrommeln versucht? Die Reklame, aus
den mitteilenden Anschlägen hervorge-
gangen, sucht ständig die Aufmerksamkeit
zu wecken und das Interesse der Menschen
für die Erzeugnisse der Industrie und für
Vergnügungen zu stärken. Erst in unserer
Zeit wurde aus der rufenden, schreienden
oder lockenden Reklame jene Form der
Werbung, die sich „geheimer Verführer"
bedient und vor allem unterschwellig im
Betrachter den Kaufwunsch bewirken
möchte.
Ging es zur Blütezeit der französischen und
englischen „Plakatkunst" im Jahrzehnt vor
der Jahrhundertwende besonders um die
schönheitliche Ausführung, so kam es ein
Jahrzehnt später in Wien auch auf den
originellen Reklame-Einfall an, mit dem
eine Sache angepriesen und den Menschen
Freude versprochen wurde. Allerdings gab
es hier eine Sonderentwicklung bei Kunst-
ausstellungs-Plakaten, da diese nicht an die
durch den Markt bedingten Forderungen
von Auftraggebern gebunden waren. So
zeigt das Secessionsplakat von Ernst Eck
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für die Plakatausstellung 1912 die große
Freiheit des Entwurfs (Abb. 2); der Be-
trachter wird optisch gefesselt, obwohl -
oder weil sich die Mitteilung im Ornament
der Schrift verbirgt 1.
Es bedurfte zahlreicher Erfindungen des an
der Druckkunst über alle Maßen inter-
essierten 19. Jahrhunderts, um die Her-
stellung von Bildplakaten zu ermöglichen.
Die Erfindung der Lithographie durch
Aloys Senefelder (1796) genügte allein nicht.
So konnte man damals aus den Bütten nur
verhältnismäßig kleine Bogen Papier schöp-
fen. Louis Robert gelang es, eine brauch-
bare Papiermaschine zu konstruieren, mit
der Papier von unbestimmter Länge ver-
fertigt werden konnte (1799). Bald leimte
man dieses „endl0se" Maschinenpapier
auch im Stoff, wodurch sich die Möglich-
keit ergab, die teuren Hadern teilweise
durch billige Füllstoffe zu ersetzen. Schon
1830 nahmen Ludwig Wooster und Joseph
E. Holmes aus Pennsylvanien ein Patent auf
die Erfindung des Zellulose-Papiersl. Die
Erfindung der Buchdruck-Schnellpressc
durch Friedrich König (1811) ließ den
Lithographen keine Ruhe, und bereits 1832
bauten die Brüder Heim in Offenbach eine
englische Schnellpresse (wahrscheinlich mit
Reiber), die sie in viele Länder exportier-
ten 3. In diese Zeit fällt auch die Erfindung
des lithographischen Farbendrucks, zu des-
sen Beförderung die Societe d'enc0utage-
ment 1828 einen Preis aussetzte, der erst
1838 an Gottfried Engelmann Fiel4. Auf
der dritten allgemeinen österreichischen
Gewerbe-Ausstellung 1845 stellte Gustav
Pfannkuche, Wiener Maschinen-Fabrikant
und Stecknadel-Fabriksgescllschafter, eine
lithogtaphische Schnellpresse nach der An-
gabe von Matthias Trentsensky mit einer
von Pfannkuche verbesserten Bewegung
der Walzen ausi. Besonders bekannt wurde
die Zylincler-Schnellpresse, die in der
Maschinenfabrik G. Sigl in Wien 1854 für
die Hof- und Staatsdruckerei gebaut wurde5.
Auf der Weltausstellung 1867 in Paris waren
dann eine Fülle von lithographischen
Schnellpressen und erstmals auch litho-
graphische Blechdruck-Schnellprcssen zu
sehen, die das OEsetprinzip vorwegnahmcn.
Man konnte mit ihnen auch Pappe und
Papier bedrucken.
Zu Beginn des Jahrhunderts gab es fast
ausschließlich Text-Anschläge. Nicht alle
waren aus politischen Gründen gestattet,