In Österreich. das als Kunstlandschaft international
vor allem als Hort der Bildhauer angesehen wird,
ist es nicht verwunderlich, wenn es auch eine
Bildhauergraphik neben der von Hrdlicka gibt.
Fritz Wotruba hat sich in den letzten Jahren mit
der Radierung und der Lithographie beschäftigt
und aus solchem Umgang Gewinn ziehen können.
Dasselbe gilt für Rudolf Hoflehner. der die in
seinen Eisentiguren auftretenden Formen auf der
Kupferplatte oder auf dem Stein variiert. be-
reichert und auch umgestaltet. Für Erwin Reiter.
der in Radierungen die seine Arbeit charakteri-
sierenden Bandmolive verwandelt und zueinander
in Beziehung setzt, gilt ähnliches. Eine ganz eigene.
unverwechselbare Handschrift entwickelte der
Bildhauer Franz Anton Coufal auf der Kupfer-
platte. Er hat sich in Wien erst kürzlich eine eigene
Druckwerkstatl eingerichtet und damit eine
Initiative entfaltet. an der es in Österreich bisher
noch sehr mangelt. Eine gewisse Zeit hindurch
war in dieser Hinsicht auch das Forum Stadlpark
in Graz aktiv, aber inzwischen scheint man dort
wieder aufgegeben zu haben.
Der größte Teil österreichischer Druckgraphiker
rekrutiertsich freilich aus Malern. es sind ,.peintres-
graveurs". wie die Franzosen sagen, Künstler.
für die der Umgang mit den druckgraphischen
Medien nicht weniger wichtig ist als die Malerei.
Mit Ausnahme von Werner Berg und dessen
expressionistischen. lapidaren Holzschnitten han-
delt es sich auch hier um die jüngere Generation,
die sich ins Spiel zu setzen wußte. so daß es so
gut wie keine nennenswerte Druckgraphik von
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über Vierzlgjöhrigen gibt. Ausnahmen bilden
Theo Braun und Ludwig Merwart. die vor allem
der Eisenützung auf experimentellen Wegen reiz-
volle Effekte abzugewinnen wissen, dann Hans
Stauducher, der es wohl als einziger in Österreich
verstand, aus dem - an sich fragwürdigen 7
Umgang mit dem spröden Material der Alu-
miniumfolie im Offsetdruck Kapital zu schlagen.
indem er nämlich lernte, sich auf diesem Gebiet
souverän und phantasievoll zu bewegen.
Während Ernst Fuchs. sowohl künstlerisch als auch
technisch dem 19. Jahrhundert und seinem Symbo-
lismus verwandt, ein reiches graphisches Werk
geschaffen hat (das in Helmut Weis bereits seinen
Bearbeiter gefunden hat), beschränken sich seine
artverwandten Kollegen Erich Brauer. Wolfgang
Hutter und Anton Lehmden hauptsächlich auf die
reine Linienützung. Sie nützen die gegebenen
Möglichkeiten der Radierung also koum aus.
Dies gilt nicht für einen sich so sehr für technische
Fragen interessierenden Maler wie Marie Decleva,
dem sowohl die Radierung als auch die Lithographie
mehr als nur eine Nebensache bedeuten. Auch
Peter Bischof versucht sich neuerdings erfolgreich
mit der Radierung anzufreunden, während sie für
Rudolf Hradil bestimmend ist. Nur periphere
Bedeutung hat die Druckgraphik für Josef Mikl
und Wolfgang Hollegha. Wer sich hingegen mit
den Problemen des Siebdrucks auseinandergesetzt
hat. sind Johann Fruhmann, Hans Krenn und Adi
Holzer (siehe Nr. 98). Vor allem Fruhmanns
Siebdrucke bereichern das. was er als Maler
leistete. ganz entschieden.
Von Hundertwasser gibt es zwar ein umfang-
reiches druckgraphisches OEuvre, das uns in
diesem Zusammenhang jedoch nicht zu interes-
sieren vermag. weil es sich vor allem in jüngster
Zeit um Umsetzungen seiner Bilder in gedruckte
Blätter handelt, um Reproduktionen also, welche
die tätige Hand des Künstlers in keiner Weise
mehr spürbar werden lassen. In Frankreich werden
solche signierten Reproduktionen von hervor-
ragenden Handwerkern seit jeher hergestellt.
Unter den Jüngeren fielen neben den die hollän-
dische Cobra-Gruppe in etwas Österreichisches zu
verwandeln suchenden Peter Pongratz und Franz
Ringel vor allem aber auch Heinz Stangl, Helmut
Krumpel und Heinz W. Lindinger als Druck-
graphiker auf. Von ihnen wird man in Zukunft
vermutlich noch hören. Einige begabte Graphiker.
die hier nicht alle aufgezählt werden können.
kamen aus der Klasse Max Melchers an der Aka-
demie der bildenden Künste. während der Druck-
graphik an der Akademie für angewandte Kunst
vor allem in den Klassen Carl Ungers und Franz
Herberths gesteigertes Interesse entgegengebracht
wird. Die wesentlichen Impulse gehen aber wohl
von den Künstlern aus, von jenen vor allem, die
bewiesen haben, was aus dem Umgang mit der
Druckgraphik zu gewinnen ist.
Die Experimentierfreudigkeit anderer Länder
allerdings muß man in Österreich weitgehend
vermissen. Die hierzulande gepflogenen Techniken
sind die orthodoxen. Es ist keine Bereitschaft
festzustellen, sich mit den sogenannten mixed
media auseinanderzusetzen oder klassische Metha-
den um neue Einülle zu bereichern.